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Mordloch

Mordloch

Titel: Mordloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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wollte andererseits unbedingt vermeiden, dass es in Negativschlagzeilen geraten konnte. Das Vorhaben sollte einzig und allein zum Wohle der Öffentlichkeit realisiert werden – als Touristenattraktion und zur Erinnerung an die glorreichen Zeiten dieser Eisenbahnstadt Geislingen an der Steige.
    Kruschke hatte es tatsächlich geschafft, im Ruhrgebiet einen gebrauchten Bagger ausfindig zu machen, der sowohl auf der Schiene, als auch auf der Straße fahren konnte. Für »ein paar wenige Euro fuffzig«, wie er es heute Vormittag am Telefon gesagt hatte, würde die Interessengemeinschaft schon morgen in den Besitz dieser Maschine kommen, deren Bedienung absolut kinderleicht sei. Er habe den Transport von Duisburg nach Geislingen bereits organisiert.
    Der junge Mann vertiefte sich in ein Schreiben des Eisenbahnbundesamtes, dessen Vertreter nach der jüngsten Besichtigung des Streckenabschnitts das Fehlen diverser Hinweisschilder monierten. Bürokratismus in Vollendung, dachte Metzger, der insgeheim den Verdacht hegte, die übermächtige Behörde wolle das Engagement der Hobbyeisenbahner im Keim ersticken. Immer neue Forderungen tauchten auf. Ein Glück nur, dachte Metzger, dass die Strecke nach der Stilllegung nie entwidmet worden war. Dann wäre es praktisch aussichtslos gewesen, sie wieder zu aktivieren. So aber mussten nur die Sicherheitsbestimmungen eingehalten werden – wobei allerdings der Ausdruck »nur« leicht untertrieben war.
    Der schlaksige Mann erschrak, als die Eingangstür ins Schloss fiel. Kruschke hatte sie lautlos geöffnet und war mit wenigen Schritten vor Metzger gestanden.
    »Melde mich zur Stelle«, sagte der Lokführer zackig und grinste dabei übers ganze Gesicht. Er zog sich einen Stuhl her und ließ sich mit seiner ganzen Körperfülle auf ihn sinken.
    Metzger schlug den Ordner mit dem Schriftverkehr des Eisenbahnbundesamtes zu und schob ihn zur anderen Seite des Tisches.
    »Wir müssen ein paar ernste Worte miteinander reden«, begann der korpulente Mann und verschränkte die Arme vor dem Bauch. »Ich hab’ gestern das ungute Gefühl gehabt, unsere anderen Freunde mögen es nicht so gerne, wenn ich mich voll in eurer Geislinger Sache hier engagiere.«
    Metzger schwieg. Er überlegte, welche Ziele Kruschke mit diesem Gespräch nun verfolgte.
    »Du weißt, Florian, ich bin ein genau so leidenschaftlicher Eisenbahner wie du. Und nichts würde uns beiden mehr Freude bereiten, als eines Tages unter Dampf durch diese Stadt zu fahren – und Tausende würden am Gleis entlang stehen.« Er blickte zur Decke, als spiele sich dieses Szenario dort bereits ab. »Jedes Mal würde dieses Spektakel Tausende in diese Stadt locken – und wir hätten es diesen ewigen Miesmuffeln gezeigt, wie man den Fremdenverkehr ankurbelt. Nicht mit Sesselfurzern, die nur verwalten und dusslige Broschüren machen, auf denen irgend so ein versteckter See abgebildet ist, den kein Mensch kennt, nein, Florian, was wir machen, ist handfeste Arbeit.«
    Der junge Mann fühlte sich geschmeichelt.
    »Was wir aber dringend brauchen«, fuhr Kruschke fort, »das ist Güterverkehr. Ohne den werden wir unseren Traum nicht realisieren können.«
    Das war nichts Neues für den jungen Hobbyeisenbahner.
    »Alle bezweifeln, ob wir das schaffen«, erklärte der Ältere, »alle. Okay, wir glauben fest daran, du und ich. Aber jetzt möchte ich dir etwas verraten, was noch keiner weiß.«
    Metzger begann, nervös mit einem Kugelschreiber zu spielen. Von draußen war das helle Rauschen eines vorbeifahrenden ICE zu hören, gefolgt vom Rattern eines Güterzugs, der in die andere Richtung fuhr.
    Kruschke beugte seinen schwergewichtigen Oberkörper über den Tisch zu Metzger hinüber, um bei diesem Geräuschpegel nicht lauter sprechen zu müssen: »Ich bin selber stark an Güterverkehr interessiert. Es hat sich nämlich etwas ergeben ...« Er sah in die erstaunten Augen seines Gegenübers. »Drunten am Endpunkt dieser Strecke, am Tälesbahnhof, hätten wir genügend Platz, Waggons abzustellen und zu beladen.«
    Der junge Mann verstand noch nicht so recht, worauf sein Vereinskollege hinaus wollte: »Der Platz ist ja weniger das Problem – als viel mehr die Frage, wer uns dafür bezahlt.«
    Über Kruschkes Gesicht huschte ein überlegenes Lächeln. »Ich sag’ doch, ich bin daran interessiert. Ich, als Unternehmer, verstehst du?« Und um zu bekräftigen, was er sagte, fügte er hinzu: »Gibt es etwas Schöneres, als das Hobby zum Beruf zu machen – und

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