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Mordloch

Mordloch

Titel: Mordloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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mehr arbeiten zu müssen.«
    »Die Masche heutzutage«, bekräftigte Linkohr, »Angst machen, lautet die Devise. Da haut’s dir’s Blech weg.«
    »Da sind Dämme gebrochen«, sinnierte Häberle und wiederholte: »Dämme sind gebrochen. Sie sehen ja, sogar uns hat man eine längere Wochenarbeitszeit verordnet. Mir soll ein Mensch mal klar machen, wie man auf diese Weise diese lahme Republik wieder in Gang bringen kann. Warum begreift denn keiner, dass das nur über die Motivation der Mitarbeiter geht?« Der Kommissar konnte sich in dieses Thema leidenschaftlich hineinsteigern. »Diese eiskalten Rechner sind das Ende dieser Republik, glaubt’ mir das. Ihr werdet noch an mich denken. Wir brauchen motivierte Menschen, wie es unsere Väter oder Großväter waren, die nach dem Krieg damals zugepackt und aufgebaut haben, weil es sich gelohnt hat, weil sie gespürt haben, dass sich Arbeit auszahlt. Und jetzt?« Er hielt kurz inne und gab sich selbst die Antwort: »Jetzt wird jegliches Engagement zerstört, überall.« Sander nickte zustimmend. »Weil überall Hurgler und Gurken sitzen«, fuhr Häberle fort. Hurgler, ja, das war auch so ein schwäbisches Lieblingswort von ihm. Mit Hurgler waren Nichtskönner gemeint, Großschwätzer. Große Sprüche, nichts dahinter, wie er oft zu sagen pflegte. »Sie müssen nur mal darauf achten, wie kaltschnäuzig die daher schwätzen«, erklärte der Kommissar, »an ihrer Wortwahl sollt’ ihr sie erkennen. Erst dieser Tage hat so ein Totrechner die Arbeitnehmer als ›Humankapital‹ bezeichnet.« Häberle wiederholte voller Abscheu: »Als ›Humankapital‹. Man muss sich das mal vorstellen: Menschen sind nichts weiter, als ein Kapitalfaktor, wie eine Immobilie oder eine Maschine. Das ist für mich menschenverachtend.« Er musste sich beherrschen, nicht zu laut zu werden. »Wir haben einen Paragraphen, der die Verunglimpfung Verstorbener regelt – aber warum kann man solchen Schwätzern nicht das Handwerk legen?« Häberles Redefluss wurde gestoppt, als die Wirtin Sander das Essen servierte.
    »Sie meinen ...«, der Journalist schnitt die Saitenwürste auseinander, die inmitten der Linsen lagen, »Sie meinen, dieser Westerhoff könnte ein kaltschnäuziger Manager-Typ sein, der vielleicht nicht nur in seiner WMF ein harter Knochen ist?«
    Häberle hob beschwichtigend die Hände. »So weit wollte ich gar nicht gehen. Nein. Aber man macht sich halt so seine Gedanken. Zusammen mit Flemming haben sich da oben in diesem Kaff zwei gefunden, die sich zumindest nicht ganz unähnlich waren. Dem Flemming sagt man doch auch allerlei Geschäftemachereien nach.«
    Sander nickte wieder. »Sie wollen aber nicht sagen, dass da jemand über Leichen gehen würde ...?«
    Häberle grinste. »Na ja – ganz so abwegig ist Ihre Frage nicht. Einer jedenfalls ist da oben über eine Leiche gegangen. So viel steht fest.«
    Linkohr blickte auf und meinte: »Aber keine Sorge, Herr Sander, wir werden rausfinden, wer.«
    Sander stutzte. So selbstbewusst hatte er Linkohr nie zuvor erlebt.
     
    Das Essen in der ›Stadt‹ war wie immer gut gewesen – urschwäbisch halt und vor allem preisgünstig. Häberle und Sander schätzten das Lokal aber auch wegen dessen Lage in einem verträumten Winkel der Altstadt. Außerdem hatte Wirt Hubert Czichon stets Zeit für ein paar freundliche Worte. An diesem Montagnachmittag verabschiedete er die beiden Kriminalisten und den Journalisten mit Handschlag. Während Sander die Hintertür nahm, weil ihm dies den Weg zum Verlagshaus verkürzte, gingen Häberle und Linkohr vorne zum Stadtbach hinaus, auf dem sich zwei weiße Schwäne vorbei treibenließen.
    »Wir werden dem Westerhoff ein paar unangenehme Fragen nicht ersparen können«, erklärte Häberle, als sie die Karlstraße überquerten, um entlang der stark befahrenen B 10 die paar hundert Meter bis zum Polizeigebäude zu gehen. Sattelzüge donnerten vorbei. Die Luft war deutlich wärmer geworden. Der Sommer kehrte zurück.
    »Und was machen wir mit diesem Tourismusmenschen?« Linkohr ging in Gedanken die Namen aller Personen durch, die sie in den vergangenen Stunden erfahren hatten.
    »Die Kollegen sollen mal versuchen, ihn ausfindig zu machen«.
    Sie gingen durch die Wache, sodass Häberle den uniformierten Kollegen zuwinken konnte. Ihm war es wichtig, den Kontakt zu den Streifenbeamten zu halten. Schließlich waren diese es, die als Erste mit jeglicher Art von Straftaten konfrontiert wurden. Sie waren die Männer und

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