MordLust
tief hinein. Die Maispflanzen verbargen den Truck zwar nicht völlig, aber man würde nicht erkennen können, was dort war, sofern man nicht direkt darauf zufuhr. Flowers machte es ebenso und stieg kopfschüttelnd aus seinem Dienstwagen. »Der Farmer wird stinksauer sein.«
»Quatsch. Der kriegt von uns ungefähr hundert Dollar pro Bushel«, erwiderte Lucas. »Gehen wir.«
»Ich hab zwei Flaschen Wasser im Auto«, sagte Flowers.
»Holen Sie sie. Und nehmen Sie Ihre Waffe mit«, sagte Lucas.
»Die Waffe? Meinen Sie?«
»Nein. Ich möchte bloß sehen, dass Sie das Scheißding zur Abwechslung mal tragen«, sagte Lucas. »Kommen Sie, wir sollten los.«
Es war ein heißer Tag. Flowers legte sein Schulterholster an, während sie an dem schulterhohen Mais vorbeiliefen, bereit, rasch zur Seite zu springen, falls Anderson plötzlich mit dem Auto auftauchen sollte.
»Sieht so aus, als wär sie unten am Wasser«, sagte Flowers. Sie konnten nur die Kronen der Ahornbäume und der struppigen Zedern entlang des Flusses sehen. Also war Anderson etwas unterhalb von ihnen, und es sollte ihnen gelingen, ziemlich nahe an sie heranzukommen. Als sie in den Feldweg Richtung Fluss einbogen, ging ihr Atem bereits leicht keuchend, und sie schwitzten; zwei große, kräftige Männer im Anzug, die Waffen und jeweils einen halben Liter Wasser bei sich trugen und nichts auf dem Kopf hatten. Der Feldweg musste etwa vierhundert Meter lang sein, ein gutes Stück eines sechzehn Hektar großen Grundstücks, dachte Lucas; doch da es an einen Fluss grenzte, könnte es einige Abweichungen geben.
»Kletten«, murrte Flowers. Ihre Füße wirbelten beim Gehen kleine Staubwolken auf.
Sie liefen die vierhundert Meter in etwa vier Minuten, und als sie am Ende angekommen waren, beschloss Lucas, dass er wieder anfangen müsse zu joggen; das Rudergerät brachte es wohl nicht. Als das Maisfeld allmählich spärlicher aussah und das Gelände abschüssig wurde, schlugen sie sich nach links in
das Feld, wo sie sich nur noch im Schritttempo fortbewegten und schließlich tief vornübergebeugt weiterschlichen. Der Mais roch süß, war heiß und staubig, und Lucas wusste, dass er sich, bevor er aus dem Feld raus war, von den scharfen Maisblättern einige Schnittwunden an seinem verschwitzten Hals zugezogen haben würde.
Am Rand des Feldes blickten sie einen Abhang hinunter auf einen schlammigen Fluss, der auf beiden Seiten von struppigen Bäumen gesäumt war, und auf einige weitere Bäume, die um eine Hütte und ein sehr viel neueres Gebäude aus Metall standen. Die Tür in dem Metallschuppen war offen, das Garagentor geschlossen. Andersons Auto stand mit dem Heck vor dem Garagentor. Der Schuppen hatte kein einziges Fenster. »Von hinten ran«, sagte Lucas.
Sie liefen wieder los, duckten sich, so gut es ging, ließen den Schuppen aber nicht aus den Augen. Sie befanden sich seitlich von dem Schuppen, als sie hörten, wie das Garagentor hochging. Sofort zogen sie sich wieder in das Maisfeld zurück, hockten sich nebeneinander und beobachteten, was geschehen würde.
Anderson kam aus dem Schuppen heraus. Sie hatte die langärmlige Bluse ausgezogen und trug jetzt ein grünes T-Shirt. Sie hatte zwei Gemälde in der Hand.
»Erwischt«, flüsterte Lucas Flowers zu.
»Was nun?«
»Wir können sie beobachten und abwarten, was sie mit den Sachen macht, oder wir können sie sofort festnehmen«, erwiderte Lucas.
»Entscheiden Sie«, sagte Flowers.
»Sie will das Zeug vermutlich in einen anderen Staat bringen. Es dort loswerden. Zu Geld machen und dann abhauen.« Er dachte noch einige Sekunden darüber nach, dann sagte er: »Scheiß drauf, wir nehmen sie fest.«
Anderson war wieder in die Garage gegangen. Lucas und Flowers hockten sich rechts neben den Schuppen und hörten, wie sie drinnen rumorte. Dann gingen sie um die Ecke und traten durch die offene Tür. Der Schuppen war zur Hälfte mit Möbeln vollgestellt, die mehr oder weniger u-förmig entlang den Seiten und der Rückwand des Gebäudes angeordnet waren. In der Mitte des U stand ein alter weißer Chevy-Van, der rückwärts hineingefahren worden war und mit der Nase zum Garagentor zeigte.
Lucas spürte, wie es beim Anblick des Vans klick machte und ihn eine freudige Erregung überkam. Anderson stand mit dem Rücken zu ihm. »Wie geht es Ihnen, Amity?«, sagte er.
Sie fuhr heftig zusammen, drehte sich um, sah sie, lief drei oder vier Schritte auf sie zu und schrie: »Nein!«, dann raste sie auf
Weitere Kostenlose Bücher