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MORDMETHODEN

MORDMETHODEN

Titel: MORDMETHODEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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dort zusammen. »Ich habe gedacht«, sagte der Schülerlotse, »dass der Mann Spaß macht und dass das alles ein ›Kaltfeuer‹ wäre.«
    Das Feuer war aber echt. Der Mann versprühte aus einem Druckbehälter ein Gemisch aus gebrauchtem Motorenöl und Lackverdünner, das sich am heißen Metallnetz und einer kleinen Betriebsflamme entzündete. Seifert wandte sich von denin Panik auseinander laufenden Turnern ab und ging zurück zur ersten Baracke, die dem Törchen am nächsten lag.
    Mit einer selbst gebauten Eisenschleuder, die an einem Metallseil mit Handgriff hing, schlug er eine Scheibe der Baracke ein und hielt den nun sechs Meter langen Feuerstrahl in den voll besetzten Klassenraum. Die Flamme reichte bis zur gegenüberliegenden Wand, wie die schwarzen Brandspuren dort später deutlich zeigten.
    Ein Schüler namens Heribert sprang geistesgegenwärtig aus einem Fenster, allerdings auf der Seite, auf der auch Seifert stand. Als Heribert nach seinem Sprung auf den Boden fiel, richtete der Täter die Flamme direkt auf den Jungen. Auch diejenigen Kinder, die mit brennenden Kleidern aus der Tür des Klassenraums ins Freie liefen, gerieten noch einmal in den fauchenden Flammenstrahl.
    »Als ich das alles gesehen habe«, gab der Kakao-Verteiler weiter zu Protokoll, »merkte ich, dass das kein Spaß war. Ich und auch die beiden anderen Jungen haben den Holzklotz unter dem Törchen weggemacht, damit das Törchen wieder aufging … Wir Jungen hatten noch Arbeit, dass wir den Holzklotz losbekamen. Als ich ein Stück von der Schule weggelaufen bin, fiel mir ein, dass ich auf dem Schulhof an einem Baum mein Fahrrad stehen hatte. Ich bin darum wieder zurück in die Schule. Ich sah den Mann jetzt an der ersten Klasse stehen. Er hat seine Spritze mit der Flamme in die Klasse gehalten. Ich habe nur mein Rad genommen und bin sofort zum Polizeiposten gefahren.«
    Mittlerweile war die brennende Flüssigkeit verbraucht, und Seifert warf die Spritze samt leerem Tank auf den Schulhof (Abb. 25 / 26 ). Vermutlich rettete der fehlende Nachschub an Brenngemisch vielen der insgesamt 380 Kinder, die sich auf dem Gelände aufhielten, das Leben.
    Trotzdem ging das Grauen weiter. Als Nächstes holte Seifert – niemand konnte hinterher sagen, woher – einen selbst gebauten Speer mit dreizackiger Klinge hervor ( Abb. 27 ). EineLehrerin, die auf Seifert zulief, erstach er mit einem einzigen Stich in den Bauch.

Nun waren zwei weitere Schulklassen unmittelbar hinter dem Eingang eines Pavillons bedroht, da sie ebenerdig lagen. Die beiden dort unterrichtenden Lehrerinnen versuchten geistesgegenwärtig, die vor den beiden Klassenräumen liegende Flurtür zuzuhalten. Das gelang ihnen aber nicht, da Seifert die Tür mit einem einzigen, kräftigen Ruck aufriss. Eine der Lehrerinnen stürzte dabei über eine nur zweistufige Treppe auf den Schulhof. Dort trafen sie zuerst zwei Speerstiche in die Oberschenkel, bevor Seifert die sich windende Frau, wieder mit einem einzigen Stich – dieses Mal in den Rücken – tötete.
    Der mordende Seifert wusste nicht, dass der Nagelkeil unter der Hoftür mittlerweile entfernt worden war. Er glaubte daher, dass er sich eingesperrt hätte, und lief deshalb zum anderen Ende des Schulhofs. Dort kletterte er mit seiner Stichwaffe über den Zaun und floh über ein brachliegendes Gelände in Richtung eines Bahndamms.
    Gleichzeitig war die Feuerwehr angerückt und begann, die brennende Baracke zu löschen. Es hatten sich auch zahlreiche Schaulustige eingefunden, von denen der Hinweis kam, wohin der Täter gelaufen war. Zwei Schutzleute der Funkstreife rannten Seifert hinterher und stellten ihn. Der wehrte sich allerdings, und die Polizisten mussten seinen gut gezielten Speerstichen ausweichen. Erst ein Oberschenkelschuss der Ordnungshüter sorgte für Ruhe.
    Rasch war auch die Mordkommission zur Stelle. Die Beamten versuchten noch vor Ort, Seifert eine Aussage abzuringen. Das Protokoll dieser ersten Befragung ist erhalten:
     
    Frage: Können Sie mich verstehen, können Sie sprechen?
    Antwort: Ja.
    Frage: Wie heißen Sie?
    Antwort: Walter Seifert.
    Frage: Wann sind Sie geboren?
    Antwort: 19. Juni 1921 in Köln.
    Frage: Welchen Beruf haben Sie?
    Antwort: (unverständlich)
    Frage: Wo wohnen Sie?
    Antwort: Volkhovener Weg (Hausnummer wurde
      unverständlich angegeben, Nr. 54 verstanden).
    Frage: Warum haben Sie das getan?
    Antwort: Man wollte mich töten!
    Frage: Wer wollte Sie umbringen?
    Antwort: Der Obermedizinalrat …

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