MORDMETHODEN
wollte mich töten!
Frage: Kannten Sie eine der Lehrerinnen?
Antwort: Nein, ich kannte keine!
Frage: Hatten Sie Ärger mit der Schule?
Antwort: Nein!
Seifert sprach so wirr, wie seine Gedanken waren. Er war fest davon überzeugt, dass die behandelnden Ärzte im Jahr 1961 den Tod seiner Frau Ulla sowie seines neugeborenen Kindes verschuldet hatten. In Wahrheit war das Kind aber ein Frühchen, was damals noch eine medizinische Herausforderung darstellte, und seine Gattin hatte im Wochenbett einen tödlichen Aderverschluss erlitten. Seitdem ging Seifert fast jeden Tag mit frischen Blumen zum Grab der beiden. »Er muss seine Frau sehr geliebt haben«, meinte die Blumenverkäuferin später gegenüber der Polizei.
Der nun am Bahndamm eingetroffene Notarzt wies Seifert sofort ins Krankenhaus ein. Dort ging es dem Täter zunehmend schlechter. Neben der Feuerspritze war ein Fläschchen mit dem damals weit verbreiteten Pflanzenschutzgift Parathion (E 605) gefunden worden. Hatte Seifert das Gift geschluckt?
Die Kripo ließ nicht locker und setzte nach der ersten ärztlichen Behandlung die Befragung fort.
Frage: Können Sie mich verstehen?
Antwort: Ja.
Frage: Warum haben Sie das gemacht?
Antwort: ----
Frage: Können Sie mich sehen?
Antwort: Ja.
Frage: Warum haben Sie das getan?
Antwort: ----
Frage: Kannten Sie eine der Lehrerinnen?
Antwort: Nein.
Frage: Kannten Sie eine der Lehrerinnen?
Antwort: Nein.
Frage: Kannten Sie ein Kind?
Antwort: Nein.
Frage: Kannten Sie die Schule?
Antwort: Nein.
Frage: Wissen Sie, warum Sie es getan haben?
Antwort: Ja. Es ist eine böse Sache, alles.
Frage: Warum ist das eine böse Sache?
Antwort: Ja, es ist eine böse Sache.
Frage: Wann haben Sie den Plan dazu gefasst?
Wann haben Sie sich Gedanken darüber gemacht?
Schon seit langem oder seit kurzem?
Antwort: Schon lange.
Frage: Warum haben Sie das gemacht?
Antwort: ----
Frage: Warum haben Sie das gemacht?
Sagen Sie mir den Grund.
Antwort: Differenzen mit Ärzten.
Frage: Mit welchen Ärzten, wer hat Sie geärgert?
Sagen Sie den Namen.
Antwort: Dr. M.
Frage: Kannten Sie eine der Lehrerinnen?
Frage: Welcher Arzt noch?
Antwort: Dr. C.
Frage: Warum, wegen der Rente?
Antwort: Das auch, aber weniger.
Frage: Was hatten Sie für Differenzen?
Antwort: ----
Frage: Warum gerade die Kinder?
Antwort: Das ist zu langatmig.
Frage: Erzählen Sie es mir denn morgen?
Antwort: Ja, morgen.
Frage: Bereuen Sie es, schämen Sie sich?
Antwort: Dazu muss ich später Stellung nehmen.
Das muss ich alles verantworten.
Frage: Warum gerade die Kinder?
Mögen Sie Kinder nicht?
Antwort: Doch.
Frage: Warum denn?
Antwort: Es ist vielleicht eine verderbte Idee.
Frage: Warum denn die drei Lehrerinnen?
Antwort: Die kamen auf mich zu.
Frage: Wissen Sie, was Sie gemacht haben?
Antwort: Doch, ich weiß es.
Frage: Was haben Sie denn gemacht?
Antwort: Ich habe einen Flammenwerfer gemacht.
Frage: Was haben Sie damit gemacht?
Antwort: Menschen angegriffen.
Frage: Warum?
Haben Sie nur mit einem Flammenwerfer
Menschen angegriffen oder sonst noch womit?
Antwort: Mit einem Speer.
Frage: Was haben Sie damit getan, wissen Sie das noch?
Antwort: Damit habe ich eine Lehrerin erstochen.
Frage: Wie viele Menschen haben sie damit erstochen?
Antwort: Drei.
Frage: Zwei oder drei?
Antwort: Drei. [Es waren zwei; M. B.]
Frage: Warum gerade diese Menschen,
diese Kinder, diese Schule?
Antwort: Zufall.
Frage: Tut es Ihnen Leid, was soll ich Ihrer Mutter sagen?
Antwort: Wie es ist.
Frage: Und dem Bruder? Der war bei uns.
Antwort: Wie es war.
Frage: Wie lange hatten Sie schon den Plan?
Seit gestern, vorgestern? (Kopfschütteln).
Frage: Haben Sie eine Zeitungsfrau vor einem Jahr angefallen?
Antwort: Nein.
Frage: Wie lange hatten Sie schon den Plan dazu?
Seit einem Tag, einer Woche, einem Monat?
Antwort: ---
Frage: Wann haben Sie den Speer gemacht?
Antwort: Acht Wochen so rum.
Frage: Wann haben Sie den Flammenwerfer gemacht?
Antwort: Kurze Zeit vorher.
Mehr war aus Seifert nicht herauszubringen: Um 20.30 Uhr starb er an einer E-605-Vergiftung.
In den folgenden Tagen fassten sich die Polizisten noch mehrmals an den Kopf. Wie so oft bei besonders grausamen und unvorhersehbaren Morden beschrieben die Nachbarn Seifert als unauffällig, hilfsbereit und vor allem kinderlieb.
Wie oberflächlich solche Einschätzungen unter Nachbarn sein können, zeigt der Vergleich dieser
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