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Mordrausch

Mordrausch

Titel: Mordrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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zum Teufel ist das?«, fragte Lyle Mack.
    »Darf ich vorstellen? Das ist die Judge«, antwortete Cappy. »Damit muss ich nah ran, so nah, dass der Lauf das Autofenster berührt.«
    »Nicht schlecht«, sagte Lyle.
    Als Cappy und Joe aufbrachen, um die Maschine zu holen, dachte Cappy über seinen Plan nach, Menschen für Geld zu ermorden. So viel anders war das auch nicht, als jemanden wegen eines Motorrads zu töten. Vielleicht überschritt er damit die Grenze … Den ersten Typen hatte er noch mehr oder weniger in Notwehr umgebracht. Später hatte er weitergemacht, weil er es interessant fand.
    Aus dem Fernsehen kannte er alle möglichen Tötungsarten; in Krimis und Kriegsfilmen wurden Leute auf jede nur erdenkliche Weise umgebracht: mit Strom, einer MP, einem Baseballschläger; erschossen, erstochen, erdrosselt, vergiftet, einfach alles. In den Nachrichten flogen echte Flugzeuge in echte Gebäude, und echte Menschen sprengten sich in die Luft.
    Natürlich erklärte immer irgendeine TV-Tusse mit betroffener Miene, wie schrecklich das war, aber Cappy empfand nichts, wenn er solche Dinge sah, außer vielleicht Interesse. Im Übrigen hatte er den Eindruck, dass es der TV-Tusse genauso ging. Und allen anderen. Das war Unterhaltung, und im realen Leben war die Sache sogar noch unterhaltsamer.
    Wie eine rasante Fahrt auf einer Maschine: Man wusste nicht genau, was passieren würde. Es war fast wie im Film, nur heißer. Es fühlte sich an, als ob man Bruce Willis dabei zuschaute, wie er jemanden ins Jenseits beförderte, aber zehnmal, ach was, hundertmal so intensiv. Cappy ging nach einem Mord gern noch einmal alles im Geiste durch, genauso, wie er sich Bruce-Willis-Filme gern öfter ansah.
    Ja, es war intensiv.
    Doch Lyle Mack hatte recht. Wie sollte er in Kontakt kommen mit Leuten, die solche Aufträge vergaben? Vielleicht sollte er sich jemanden von der Mafia suchen. Darüber musste er weiter nachdenken.
    »Da wären wir«, sagte Joe Mack, als sie in eine Gasse einbogen, und deutete auf eine Garage. »Die weiße mit den roten Türen. Ich lass dich direkt davor raus. Da kann uns niemand beobachten, es sei denn, er steht in der Gasse. Trotzdem muss es schnell gehen.«
    Cappy nickte. »Keine Sorge.« Er griff unter den Sitz und holte die Einkaufstüte mit der Waffe heraus. »Bis gleich.«
    Er wirkt tatsächlich ruhig, dachte Joe Mack, als Cappy ausstieg. Joes Hände zitterten so sehr, dass er kaum das Lenkrad halten konnte, und jedes Mal, wenn er die Augen schloss, sah er zuerst die lächelnden Gesichter von Mikey und Shooter und dann die toten. Die Sache machte ihm zu schaffen. Am Abend würde er ziemlich viel trinken müssen, um einschlafen zu können.
    Am Abend?
    Er fischte eine Flasche Bourbon unter dem Sitz heraus und nahm einen Schluck.
    Die Sonne begann bereits um drei Uhr nachmittags am Horizont zu verschwinden. Weather lenkte den Wagen aus der Parkgarage, blickte nach links und rechts und bog nach links ab, in Richtung I-94. Schon nach etwa eineinhalb Kilometern würde sie sie an der Cretin Avenue wieder verlassen und nach Süden fahren.
    Sie war müde und wollte so schnell wie möglich nach Hause und schlafen. Ihre Arbeit bei der OP war nicht schwierig gewesen, doch die Gesamtsituation gestaltete sich stressiger als erwartet. Das lag weniger an der OP selbst als am Reden darüber. Sie hätten die Dura mater innerhalb einer halben Stunde von Saras Gehirn trennen, sie ganz Ellen überlassen und die Wunde vernähen können. Ellen hätte das gut verkraftet.
    Aber dann wäre Sara gestorben. In den Fachaufsätzen hätte es geheißen, eine Patientin sei »geopfert« worden, damit die andere weiterleben könne. »Geopfert« – was für ein hübscher Ausdruck. Bei dem Gedanken, eine solche Entscheidung treffen zu müssen, bekam sie eine Gänsehaut. Die Trennung der Dura mater mit sämtlichen Blutgefäßen war ungeheuer zeitaufwändig. Die Neurochirurgen näherten sich millimeterweise an, sortierten Venen, retteten, was möglich war.
    Doch wenn etwas schiefging …
    Ich muss mich hinlegen, dachte sie. Wenn sich Saras Herz stabilisierte, würde die Operation unter Umständen mitten in der Nacht fortgeführt. Oder wenn sich ihr Zustand so sehr verschlechterte, dass sie gezwungen waren, Sara zu opfern, um Ellen zu retten …
    Beim Verlassen der Parkgarage warf Weather einen Blick in den Rückspiegel und bemerkte, wie ungefähr einen Häuserblock von ihr entfernt ein Motorradfahrer vom Gehsteigrand losfuhr. Sie achtete

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