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Mordrausch

Mordrausch

Titel: Mordrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Dr. Karkinnen sich auf und fragte einen Anästhesisten: »Wie sieht es aus?«
    Nach ein paar Sekunden antwortete dieser: »Gut. Saras Herz ist in Ordnung.«
    Karkinnen: »Dr. Maret?«
    Maret blickte sich um und sagte: »Möge der Herr uns und vor allem den Kindern beistehen. Weather, fang an.«
    Vivaldi-Musik im Hintergrund. Weather ließ sich das Skalpell von ihrem Assistenten reichen und beugte sich über die Köpfe der Mädchen. Sie begann, das Skalpell entlang der mit Stift schwarz markierten Linien zu führen. Dabei nahmen diese eine blutrote Farbe an.
    Jede Haut war anders; vom jungen Erwachsenen bis zum Greis gab es so viele Variationen, dass man immer erst bei der Operation wusste, was einen erwartete: manchmal Sattelleder, manchmal Seidenpapier. Ältere Menschen hatten oft pergamentene Haut, jüngere seltener.
    Bei den Zwillingen war es, als schnitte man in Brie-Käse. Weather, die das von früheren Operationen kannte, achtete gar nicht darauf. Zwischen Kopfhaut und Schädeldecke befand sich fast kein Zwischenraum. Weather schnitt das erste Puzzlestück heraus, zertrennte dabei eine kleine Arterie, die blutete und kauterisiert werden musste, und schob dann langsam die Haut von dem Einschnitt zurück. Im Raum hing der Geruch von verbranntem Blut, nicht unähnlich dem von verbranntem Haar.
    Der erste Teil ihrer Arbeit hatte zwanzig Minuten gedauert.
    Viel hatte sie nicht getan, dachte sie, und doch so vieles: Sie hatte den Anfang gemacht. Noch konnten sie aufhören, aber der Kollege mit seiner speziell angefertigten Säge stand schon bereit. Sobald er ans Werk ging, wäre die Umkehr schwieriger.
    »Ich bin fertig«, verkündete Weather.
    »Sieht gut aus«, sagte Maret.
    Bei der Trennung der Zwillinge ging es nicht nur darum, die Schädeldecke aufzusägen und die Kinder auseinanderzuziehen, sondern vor allem darum, die Blutgefäße innerhalb des Schädels sorgfältig zu trennen, weil sich sonst der Blutdruck in den Köpfen der Kleinen erhöhte, ihre Gehirne schädigte und sie möglicherweise sogar tötete.
    Die Gehirne waren durch eine dünne, zähe Gewebeschicht, die Dura mater, geschützt, die als Versiegelung zwischen Hirn und Schädeldecke fungierte und für den Blutabfluss aus dem Gehirn sorgte. An den meisten Stellen war diese Dura mater dick genug, um sie so trennen zu können, dass für jedes Gehirn noch eine Schicht blieb.
    Die bildgebenden Verfahren hatten jedoch gezeigt, dass mehrere Blutgefäße die Dura mater durchdrangen und sich, statt in einem Gehirn zu bleiben, in das des anderen Zwillings hinüberschlängelten. Sie mussten abgeklemmt und in die Venen des jeweils richtigen Gehirns umgeleitet werden.
    Hanson würde eine speziell angefertigte Schablone an der Verbindungsstelle der Schädel anbringen und mit einer winzigen elektrischen Säge einen Knochenring herauslösen. Nach der Trennung der Zwillinge würden die Löcher in den Schädeln genau der Form und Dicke vorgefertigter Stücke aus alloplastischem Material entsprechen.
    Doch zuvor mussten Maret, ein Neurochirurg und ihre Assistenten die Physiologie der Gehirne überprüfen, um sicher zu sein, dass sie nicht untereinander verbunden waren. Die bildgebenden Verfahren hatten das besagt, andernfalls wäre die kurze Operationsvariante nicht möglich gewesen. Sobald endgültige Sicherheit darüber bestand, würden die Chirurgen beginnen, das Gewebe zu trennen und die Venen zu präparieren.
    Weathers Assistentin fing hysterisch zu kichern an. »Ich hatte solche Angst, etwas falsch zu machen. Ich habe nur drei kleine Handgriffe erledigt und war völlig panisch.«
    »Ich war selbst ziemlich nervös«, gestand Weather. »Ist jetzt alles okay?«
    »Ja, sicher. Nur die Zuschauer irritieren mich. Es sind so viele wichtige Leute da. Was, wenn ich Ihnen ein Skalpell auf den Fuß fallen lasse?«
    »Darauf steht die Todesstrafe«, antwortete Weather.
    Die Schwester begann erneut zu kichern. Es war so ansteckend, dass Weather ebenfalls anfing.
    »Wie würde das denn aussehen? Ein Skalpell zwischen den Zehen?«, fragte Weather japsend.
    Weather schlüpfte aus dem sterilen Mantel, der OP-Haube, dem Schuhschutz und den OP-Handschuhen, warf alles in den Abfall und ging in den Warteraum zu den Eltern der Zwillinge.
    Sie standen auf, als Weather hereinkam, die sie mit einem Lächeln begrüßte. »Die Operation läuft. Ich habe den Anfang gemacht, und jetzt ist Hanson dran.«
    »Wie geht es den Mädchen?«, wollte Larry wissen.
    »Sie sind stabil. Saras Herz

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