Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)
ergebnislos geblieben.
Der Pförtner des Liegenschaftsamtes schickte ihn zum zuständigen Sachbearbeiter. Ja, der Herr Ludwig Eberl sei zuständig, wenn es um Gewerbeflächen in städtischem Besitz gehe.
Mit seinen pomadigen Haaren, dem Schnurrbart, der eckigen Brille und dem grauen Anzug wäre Ludwig Eberl auch als preußischer Ministerialbeamter durchgegangen. Seine Büroeinrichtung hatte man aus den Sechzigerjahren in die Gegenwart hineingerettet. Furnierter Schreibtisch, Eisen regale voller Leitz-Ordner, Kleiderhaken neben dem Handwaschbecken und auf dem Fensterbrett ein Gummibaum mit nur einem Blatt.
»Sie haben Interesse an einer Immobilie?«
»Kann man sagen«, knurrte Gabriel, der sich unaufgefordert in einem mit Kunstleder bespannten Rohrstuhl niederließ. Mutter legte sich unter das Handwaschbecken und gähnte, bevor sie den Kopf auf die Pfoten legte.
»Normalerweise müssten Sie einen Termin machen. Haben Sie denn etwas Besonderes im Auge?«
»In der Gubestraße, Ecke Baubergerstraße, da gibt es doch dieses alte TÜV -Gelände. Ich nehme mal an, das ist in städtischem Besitz?«
»Nun, da muss ich nachsehen«, sagte Eberl und tippte etwas in die Tastatur seines Computers.
»Hier haben wir’s. Nein, damit kann ich Ihnen nicht dienen. Es gibt ein langfristiges Pachtinteresse einer Super marktkette, die auf solche Grundstücke spezialisiert ist. Wissen Sie, die brauchen Parkplätze. Jetzt läuft über die Räumlichkeiten gerade ein befristeter Mietvertrag … aber vielleicht …«
»Mit Peter Berkens, ich weiß.«
»Na ja, eigentlich mit der Erdhammer-Bräu.«
»Erdhammer-Bräu«, sagte Gabriel und sprang von seinem Stuhl auf.
»Ich weiß gar nicht …«
»Aber ich.«
Ludwig Eberl linste überrascht an seinem Monitor vorbei und beugte sich zu dem Polizeiausweis vor, den Gabriel ihm entgegenstreckte.
»Hamburger Polizei? Hat sich eines Ihrer Container schiffe verfahren?«
»Hat Berkens angegeben, was er da auf dem städtischen Grundstück treibt?«
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen …«
»Aber ich weiß: Wenn Sie meine Ermittlungen behindern, macht sich das ganz bestimmt nicht gut in Ihrer Personalakte. Es handelt sich um eine Mordermittlung, haben Sie verstanden? Was also hat Berkens da getrieben?«
»Tut mir leid, aber es ist nicht üblich, dass bei einer nur vorübergehenden Verpachtung Angaben gemacht werden, es sei denn …«
»Ja?«
»… es wird mit gefährlichen Stoffen hantiert, oder es gibt sonstwie eine Gefährdung …«
Gabriel hatte sich bereits zum Gehen gewandt, als er hinter sich ein Räuspern hörte.
»Ist etwas mit Herrn Berkens?«
Gabriel drehte sich um.
»Sie kannten ihn?«
»Ich habe ja mit ihm den Nutzungsvertrag …«
»Also gab es doch ein Gespräch über sein Vorhaben?«
»Nein, nichts Konkretes. Ein netter Kerl.«
»Danke«, sagte Gabriel und verließ mit Mutter das Liegenschaftsamt.
Seit zwei Stunden zeigte sich über München endlich einmal die Sonne und sorgte mit ihren wärmenden Strahlen für einen zaghaften Frühlingsduft. Gabriel ging durch die Sendlinger Straße in Richtung Marienplatz, vorbei an Cafés, Boutiquen und Geschenkeläden. Vor einer Metzgerei blieb Mutter erneut stehen und warf Gabriel einen herzzerreißenden Blick zu. Gabriel ignorierte ihn ebenso wie die Tatsache, dass der Labrador sich kurz hinsetzte. Doch schnell kam er wieder auf alle viere, um mit Gabriel Schritt zu halten.
Weit und breit keine Elbe, kein Hafen und vor allem keine frische Brise, aus der man das nahe Meer herausschmecken konnte. Kurz entschlossen stieg er in die U-Bahn und fuhr einige Stationen zum Englischen Garten. Neben dem pagodenartigen Chinesischen Turm befand sich Münchens zweitgrößter Biergarten. Das hatte er jedenfalls in einem der Prospekte gelesen, die seine Pensionswirtin in den Flur gelegt hatte. Auf dem Weg dorthin entdeckte er auch das Japa nische Teehaus und auf einem Hügel den Monopteros, einen Rundtempel im griechischen Baustil.
Vor ihm schob eine Mutter ihre vielleicht dreijährige Tochter in einem Kinderwagen den Fußweg entlang.
»Ja«, sagte sie zu dem Kind. »Regen kann man essen.«
»Und runterschlucken?«, fragte die Kleine.
»Runterschlucken auch.«
Im Biergarten sah sich Gabriel nach einem freien Platz auf einer der Bänke um, doch die Münchner schien es bei Sonnenschein magisch an solche Orte zu ziehen. Die Tatsache, dass es erst früher Nachmittag war, schien dem Bierdurst durchaus nicht abträglich zu sein.
Sein Handy
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