Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)
als sie in der U-Bahn saßen.
»Wohin schon. Dahin, wo Berkens zerteilt wurde und jede Menge Spuren auf uns warten.«
»Aber Max … äh, der Kollege Veitlinger hat von Öl gesprochen. Das gibt es doch überall. Auf der Straße, an Autos, Mülltonnen …«
»Motorenöl«, sagte Gabriel und schwieg.
»Max« nannte Sandra also diesen nassforschen Oberkommissar bereits. Offenbar gab sich Veitlinger alle Mühe, gute Stimmung zu erzeugen. Flirtete er einfach nur mit Sandra oder versprach er sich davon einen Karriereschub, wenn er mit einem nicht gerade umgänglichen Kollegen aus Norddeutschland und dessen Assistentin gut zurechtkam? Vielleicht war auch eine gut dotierte Stelle für die »länderübergreifende Zusammenarbeit der einzelnen Landeskriminalämter« ausgeschrieben, auf die der liebe Max spekulierte?
Aber was kümmerte das ihn, Gabriel? Er wollte nur wieder weg von hier. Mit Mutter an der Elbe spazieren, den Containerriesen beim Einlaufen in den Hamburger Hafen nachschauen. Eine frische, von der Nordsee kommende Brise durch die Nase ziehen und was Anständiges kochen.
Nein, er würde sich von dem so harmlos wirkenden Karl Erdhammer nicht an der Nase herumführen lassen. Der Mann hatte ein handfestes Motiv: Rache. Er verlor den elter lichen Betrieb, und dann kam einfach so ein junger Spund daher und kaufte ihm den Namen ab. Gut möglich, dass er Berkens im Verlauf eines Streits getötet hatte und anschließend nicht wusste, wohin mit der Leiche. Und bei seinem Alkoholkonsum war es wohl auch nicht ganz undenkbar, dass er sich an nichts mehr erinnerte. Blackout. Filmriss.
»Ich würde gern …«
»Sandra, such doch mal mit deinem iPhone das Münchner Liegenschaftsamt.«
»Liegenschafts…«
»Weiß der Teufel, es könnte hier in München auch schon mal Katasteramt heißen. Das Amt, das sich um die Grundstücke kümmert, die der Stadt gehören.«
»Aber da fahren wir nicht hin?«
»Wir fahren zum Tatort nach Moosach.«
Sandras fragenden Blick kommentierte er nicht.
Eine Viertelstunde später standen sie vor einem mit Stahl gittern umschlossenen Gelände. Kletterpflanzen rankten sich um die Eisenstangen, und auch die Grünfläche direkt hinter dem Zaun sah aus, als hätte sich lange niemand mehr darum gekümmert.
»Und?«, fragte Sandra.
»Das Schild da! Neben dem verrosteten Tor. Wir sind mit dem Trolley hier vorbeigezuckelt.«
Mutter schnupperte aufmerksam in die Luft und gab ein Fiepen von sich.
»Mehr nicht?«, sagte Gabriel und warf dem Hund einen bösen Blick zu. »Reagierst wohl nur noch, wenn du Leberkäse riechst.«
»Einfahrt zum TÜV hinter dem Gebäude«, las Sandra. »Ist mir gar nicht aufgefallen.«
»Es geht immer nur eines. Entweder SMS ins Handy tippen oder hinsehen«, sagte Gabriel.
»Das Schild ist fast zugewachsen.«
»Es ist nicht das Schild. An der Kette hängt ein brandneues Schloss. Hinsehen.«
Gabriel zog sein Set mit Dietrichen aus der Tasche. Es dauerte zehn Minuten, bis das Schloss aufsprang.
»Der Hinweis auf das Öl und ein neues Schloss machen doch noch keinen Tatort«, sagte Sandra.
»Er hat einen Traditionsnamen gekauft, hält sogar vor seiner Frau alles geheim. So einer geht nicht in ein Unilabor und experimentiert in aller Öffentlichkeit. Der braucht Platz, einen Ort, an dem er nicht gestört wird.«
»Und das ist eine alte TÜV -Halle?«
»Wir werden sehen«, sagte Gabriel.
Rundherum waren die Fenster des ehemaligen Prüfgebäudes teilweise gesplittert, man konnte hineinsehen. Es beherbergte drei der üblichen Prüfstrecken: Abgaskontrolle und Bremsprüfstand, daran anschließend die Gruben. Auffälligkeiten waren nicht zu entdecken. Einige technische Geräte hatte man ausgebaut, die veralteten Bremsprüfanlagen zurückgelassen. Sandra und Gabriel gingen um das Gebäude herum, bis sie vor einem Flachbau standen, der dem Anschein nach als Verwaltungsgebäude und Werkstatt gedient hatte. Mutter schnupperte an der verglasten Fronttür des Gebäudes, während Gabriel vergeblich versuchte, eine seitliche Blechtür zu öffnen. Schließlich hob er eine Holzlatte vom Boden auf und hebelte die Tür einfach auf.
»Ob die Kollegen das so klasse finden?«, fragte Sandra.
»Du kannst ja einen Antrag auf Öffnung einer Tür stellen. Wir bearbeiten einen Mordfall, wir haben einen tatverdächtigen Penner. Aber trotz seines Geständnisses können wir ihm diese Tat nur nachweisen, wenn wir den Tatort finden. Und damit seine Spuren.«
»Klar, Chef.«
Seltsamerweise
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