Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)
der Wurst mit Behagen erneut in den grobkörnigen, süßen bayerischen Senf tunkte.
Während er es sich schmecken ließ, informierte Sandra ihn über den neuen Fall.
»Der Tote heißt Konrad Bettermann. Ein Zahnarzt. Er hatte eine eigene Praxis in Hannover und war auf Implantate spezialisiert. Vor zwei Jahren hat er die Praxis verkauft und zunächst offenbar eine Weltreise unternommen. Darüber ist nichts Näheres bekannt. Seit knapp einem Jahr hat er seinen Wohnsitz hier in Feldafing. In der Villa Undine.«
»Was ist das, ein Seniorenheim?«, fragte Gabriel.
»Nein. Soweit ich weiß, wohnen da auch jüngere Leute. Das Haus gehört einer … Moment«, sie blätterte in ihren Unterlagen, »… einer Gräfin von Goszinny. Sie ist Reinkarnationstherapeutin und hat dort einen Kreis Gleichgesinnter oder Heilungsbedürftiger um sich versammelt. Manche leben für länger da, andere kommen nur für eine begrenzte Zeit, um sich rückführen zu lassen.«
»Reinkarnationstherapeutin? Was ist mir da schon wieder entgangen, ist das ein neuer Ausbildungsberuf?«
»Fragen wir sie am besten selber.«
»Und dieser Bettermann gehörte zum Kreis der Reinkarnierten?«
»Ich nehme an, nach deren Verständnis sind wir alle reinkarniert, auch du und ich, Chef.«
»Na, das kann ja heiter werden. Lauter Spinner, mit anderen Worten.«
»Es soll ja sogar Leute geben, die ernsthaft glauben, ihr Hund wäre die Reinkarnation ihrer verstorbenen Mutter.«
Bei der Erwähnung ihres Namens sprang die Hündin auf, straffte sich und bellte zustimmend in Sandras Richtung.
Gabriel hob die Hände. »Touché. Weiß man schon Näheres über die Todesumstände? Soweit ich gehört habe, wurde er erschossen?«
»Ja, das ist richtig. Aus nächster Nähe vermutlich. So wie es aussieht, waren es zwei Schüsse, einer traf in den Kopf und einer ins Herz. Den Obduktionsbericht können wir im Laufe des Tages erwarten. Gefunden wurde der Tote im Pavillon des Gartens, der zur Villa Undine gehört.« Sandra wies mit weit ausholender Geste auf den vor ihnen liegenden gepflegten Hotelgarten und den in der Sonne glitzernden Starnberger See dahinter. »Die Villa Undine liegt auch am Seeufer. Übrigens, Chef, die Renke hier musst du unbedingt probieren. Danach willst du nie wieder Kabeljau.«
Gabriel schob sich den letzten Bissen Weißwurst in den Mund und spülte mit einem Schluck Weißbier nach. »Okay, pack ma’s, wie die Bajuwaren sagen.«
Er wollte aufstehen und wunderte sich, dass Sandra sitzen blieb, anstatt, wie es ihre Art war, noch vor ihm aufzuspringen.
»Noch was, Chef.« Sie zögerte. »Nach allem, was ich so gehört habe, sind diese Leute – und du sagst es ja selber – ein bisschen … speziell. Deshalb dachte ich …« Sie zögerte wieder, dann platzte sie heraus: »Auf die normale Tour, mit Befragungen und so, finden wir da vermutlich gar nichts heraus. Deshalb dachte ich, ob ich nicht undercover ermitteln könnte. Ich wollte vorschlagen, dass ich mich …«
»Diesen Unfug will ich nicht gehört haben«, erwiderte Gabriel.
Sandra biss sich auf die Lippen, aber es war ihr anzusehen, dass es weiter in ihr arbeitete. Gabriel kannte seine Mitarbeiterin inzwischen gut genug, um zu wissen, dass die junge Frau nicht so schnell aufgeben würde. Zu seinem Erstaunen schwieg sie jedoch, drehte sich um und überquerte vor ihm die Hotelterrasse. Gabriel bemerkte ein leichtes Humpeln. Erst jetzt fiel ihm der blaue Stretchverband an ihrem linken Knöchel auf.
»Was ist denn da passiert?«, fragte er, sobald sie den pinkfarbenen Smart erreicht hatten, den die junge Frau für ein Auto hielt.
Statt zu antworten hielt sie ihm den Wagenschlüssel hin und wedelte damit vor seiner Nase herum. »Du musst fahren, Chef, ich darf nicht. Genauer gesagt, ich kann nicht.« Sie deutete auf ihren Fuß. »Verknackst. Bin im Gebirge umgeknickt.«
»Und, hat der Veitlinger dich wenigstens aufgefangen?«
Sandra errötete. »Maximilian hat mich zusammengestaucht«, gestand sie. »Vor allen Leuten! In den Bergen hupft man nicht, du narrische …«
Sie brach ab. »Nein, ich kann’s nicht wiederholen.«
»Komm schon, Mädchen, spuck’s aus. Was hat er gesagt, der Mistkerl? Du narrische Hupfdohle? Oder gibt’s ein schönes neues bayerisches Schimpfwort für unsere Sammlung?«
Sandra senkte den Blick. Sie flüsterte so leise, dass Gabriel nichts verstand. Grausam, wie er war, ersparte er ihr die Nachfrage nicht. »Wie bitte?«
»Du narrische Nudel, Herzipopperl,
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