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Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)

Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)

Titel: Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin , Philip Tamm , Regula Venske , Steffi von Wolff
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gewisser Weise hatte also auch er ein berechtigtes Interesse daran, dass der Platz im Haus für sie frei gemacht wurde.
    »Ich schaue mir Bettermanns Zimmer jetzt gleich als Erstes an«, sagte er. »Inzwischen halten Sie sich zu meiner Verfügung. Damit meine ich Sie alle.« Er ließ den Blick in die Runde schweifen. »Ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen. Mit Ihrer neuen … äh … dieser alten Seele hätte ich dann auch gern noch ein Wörtchen gesprochen.«
    »Aber natürlich. Na dann …«, die Gräfin klatschte in die Hände, »fangen wir doch am besten gleich an. Oliver, kannst du Martins Küchendienst übernehmen? Martin, du hilfst beim Packen.«
    Der missmutige junge Oliver schien ob der ihm an vertrauten Aufgabe noch eine Spur depressiver zu werden. Wahrscheinlich hat er bei seiner Rückführung herausgefunden, dass er 1914 erschossen worden ist, witzelte Gabriel im Stillen, während er seinen eigenen Teller in die Mitte des Tisches schob, um etwas Bemühen um Hilfsbereitschaft anzudeuten.
    »Ich helfe beim Abräumen.« Die fröhliche junge Frau war schon dabei, Teller und Schüsseln zu stapeln, was ihrer guten Laune keinen Abbruch tat.
    »Sehr gut, Zenzi. Denkt immer daran, meine Lieben: ›Gott ist auch zwischen den Kochtöpfen.‹«
    Sie zwinkerte Gabriel zu, und der Kommissar ertappte sich bei dem Gedanken, dass diese Goschi anfing, ihm zu gefallen.
    4.
    Gräfin Goschi hatte nicht übertrieben: Konrad Bettermann hatte tatsächlich so gut wie ohne irdische Besitztümer gelebt oder war zumindest ohne sie angereist. Seine Siebensachen waren schnell gepackt. Die Kleidung war einfach, aber edel in Stoff und Schnitt und zeugte noch von der Vorliebe des ehemaligen Zahnarztes für alles Weiße. Und auf der zuvor absolvierten Weltreise mochten die luftigen Seidenhemden und Hosen in heißen Klimazonen nützlich und angenehm zu tragen gewesen sein. Ein Tropenhelm, der an einem Geweih neben dem Bett hing, war das Einzige im Raum, das ein wenig exzentrischen Glanz verbreitete.
    Was Wolf Gabriel vermisste, waren Bücher. Zwar war er selbst keine große Leseratte – für die Belletristik war Anne, die Mutter seiner beiden Kinder zuständig gewesen –, aber ein bisschen was hatte doch jeder im Regal stehen. Irgendeinen Krimi, den man in einer Bahnhofsbuchhandlung erworben und während der Fahrt dann doch nicht gelesen hatte, weil man schon nach einem Kapitel eingeschlafen war, oder einen Geschenkband mit lustigen Cartoons, mit dem sich bemühte Zeitgenossen für vermeintliche Wohltaten bedankt – oder gerächt – hatten. Oder zumindest eine Wochenzeitung oder Illustrierte. Dieses Zimmer aber schien von einem Analphabeten bewohnt worden zu sein. Dabei waren Zahnärzte in Gabriels Weltbild oftmals besonders kunstsinnige Menschen, zum Ausgleich für ihren nicht immer nur appetitlichen Beruf. Ohne die Anhaltspunkte, wie sie ein bisschen Lesestoff vermitteln konnte, war es schwierig, sich ein Bild des Ermordeten zu machen.
    Auf dem Nachttisch lag nichts weiter als eine Rolex, offenbar echt und vermutlich sündhaft teuer. Die Schublade war leer bis auf eine angebrochene Packung Schmerztabletten, im Fach darunter stand tatsächlich ein alter Nachttopf aus Porzellan, auf dem sich ein rustikales Blumenmuster rankte. Als die Gräfin Gabriels erstaunten Blick bemerkte, lachte sie herzhaft. »Keine Bange, die sind nicht mehr in Gebrauch, Herr Kommissar. Aber solche Erinnerungsstücke gehören eben zum Haus und geben ein hübsches Flair, finden Sie nicht?«
    Gabriel stimmte zu und nahm die Uhr sowie die Tablettenpackung an sich. Schlamperei, dass die örtliche Polizei beides übersehen beziehungsweise liegen gelassen hatte. Es war noch kein Jahr her, dass der Kommissar auf Hallig Hooge den Mord an einem ehemaligen Kollegen aufgeklärt hatte, der zwar ertrunken, vorher aber betäubt worden war. Wer weiß, ob Bettermann seinen Mörder aus freien Stücken so dicht an sich hatte herankommen lassen; die diesbezüglichen Untersuchungsergebnisse aus der Rechtsmedizin standen noch aus. Falls diese Pillenschachtel je etwas anderes enthalten hatte als das auf der Packung angegebene Medikament, so hatte der Täter inzwischen allerdings reichlich Gelegenheit gehabt, das eventuell untergejubelte Gift wieder zurückzutauschen. Bettermanns Zimmer war zwar abgeschlossen gewesen, insofern hatte die Information, die man ihm gegeben hatte, durchaus gestimmt. Allerdings hatte, wer immer es zugesperrt hatte, den Schlüssel außen im Schloss

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