Mordsdeal
woher die dämliche Vase deiner Mutter stammt, richtig?«
»Welche Farbe hat sie denn?«
»Keine Ahnung«, sagte Mia.
»Keine Ahnung«, meinte Romeo.
Mia verabschiedete sich hastig, dann musste sie sich wohl bei Gitti zum Kaffee einladen.
10
Hilla ging es so gut wie nie zuvor. Ihre Probleme hatten sich von heute auf morgen erledigt. Was wollte sie mehr? Der Alte war verschwunden und Heiner, der sie so schändlich abgewiesen hatte, kam ihr auch nicht mehr in die Quere.
Sie räumte in Ruhe die Wohnung des Alten um und suchte in den Schränken nach brauchbaren Gegenständen, die sie schon immer mal haben wollte. Es gab nur wenig Brauchbares. Die Tischdecken hatten Löcher oder Flecken, das gute Porzellan Macken. Sie nahm den uralten Fotoapparat aus der schwarzen Tasche. Nein, wie kitschig. Das Gehäuse war zum Teil goldfarben und ein Batteriefach hatte es auch nicht. Sie las: Leica, Ernst Leitz, Wetzlar. Na ja, da kannte sie nur die Ordner und überhaupt war ihr eine Digi-Kamera lieber als dieses olle Ding. Sie warf es zurück in den Sekretär, dessen Klappe beim Schließen herunterfiel und ein Scharnier ausspuckte, als sei es ein Hühnchenknochen.
Hilla wollte sich in Acht nehmen. Nur ab und zu nahm sie mal dies und mal das mit nach Hause, und nur so viel, wie in den Kofferraum passte. Heute war sie bescheiden. Das alte Silberbesteck musste reichen, sie war mit dem Fahrrad gekommen.
Zu befürchten hatte sie im Übrigen nichts. Den wenigen Nachbarn auf der ländlichen Straße war sie als Haushälterin und Pflegerin bekannt. Der unmittelbaren Nachbarin hatte sie erzählt, Stephan Wagner sei bei seiner Schwester in der Schweiz, die es wirklich gab, und würde dort für mehrere Wochen bleiben. Irgendwann würde sie dann die Meldung verbreiten, er käme nicht mehr zurück. Er sei in der Schweiz verschollen oder so was. Sie würde dann einfach nicht mehr erscheinen und irgendwann würde sich irgendwer darum kümmern. Falls die Spur zu ihr führen sollte, konnte sie immer noch behaupten, man hätte ihr telefonisch gekündigt. Da ließ sie sich schon etwas einfallen. Bis dahin war sie jedenfalls hier alleine und konnte tun und lassen, was sie wollte.
Umso überraschter war Hilla, als es auf einmal an der Tür klingelte und Romeo davorstand.
»Du hier?«, fragte sie, als sei sie auf ihr zweites Ich gestoßen. »Ich habe dir doch gesagt, du sollst nicht kommen. Bist du mit dem Wagen da? Dann kannst du mich gleich mitnehmen. Ich wollte sowieso gerade Feierabend machen. Passt das Fahrrad hinten rein?«
Sie ließ Romeo nicht zu Wort kommen, ging ein paar Schritte zur Seite, schloss schnell die Wohnzimmertür. Dabei blieb sie mit dem Armband an der Klinke hängen und schrie auf, als die einzelnen Kunststoffperlen munter durch den Flur hüpften.
Romeo half ihr, sie aufzulesen. »Ich wusste nicht, wie lange du hier noch zu tun hast, und da ich in Viersen etwas erledigen muss, wollte ich dir nur schnell den Wohnungsschlüssel vorbeibringen und dir sagen, dass ich meine Sachen wieder rüber zu Mama gebracht habe. Nur damit du dich nicht wunderst, wieso das Zimmer so leer ist.« Er grinste, wusste, sie würde den Witz nicht verstehen.
»Was, du ziehst wieder aus?« Hilla drückte sich an der Wand ab, um leichter vom Perlenaufsammeln hochzukommen. »Warum das denn? Hat es dir bei mir nicht gefallen?«
»Doch, klar.« Romeo überreichte ihr seine aufgelesenen Kunststoffperlen. »Ich bin ja froh, dass du mich aufgenommen hast.« Das war wirklich nicht gelogen, nur, ob es ihm gefallen hat, wollte er lieber nicht beantworten. Von gefallen konnte keine Rede sein. Das Gästezimmer war fürchterlich eng, und er war sich wie auf einer Müllkippe vorgekommen. Die Matratze vom Bett schien 100 Jahre auf dem Buckel zu haben, der olle, verklebte Tisch diente nur noch als Fliegenfänger, und der Schrank war lebensgefährlich, wenn man ihn öffnete. »Mutter braucht mich«, log er weiter und gab ihr zum Abschied einen flüchtigen Kuss auf die Wange. »Danke noch mal für alles.«
Hilla war zu Tränen gerührt. Ihr einziger Neffe hatte noch Anstand, im Gegensatz zu den anderen jungen Männern. Sie half ja gerne, wo sie nur konnte, und Romeo sah Heiner so verdammt ähnlich, wenn er lächelte. »Wenn ich noch etwas für dich tun kann, ich bin immer für dich da.«
Romeo stockte im Gehen. Er drehte sich um.
»Ach ja? Es gibt da noch was.«
Mia war unterwegs zu Gitti. Sie hatte sie vorhin angerufen und sich nach einem circa zweiminütigen
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