Mordsdeal
leider nicht. Den Sarg und so weiter und den Spruch und die Karten habe ich auch schon ausgesucht. Du wolltest damit ja nichts zu tun haben«, sagte sie. » Musste ich ja alles alleine machen.«
Romeo senkte den Kopf. Er konnte so etwas nicht. Er wollte sich auch nicht vom Toten verabschieden. Sein Vater wäre ihm – so friedlich – fremd vorgekommen. Romeo nahm die Mappe mit den Unterlagen in die Hand. »Ich lese mir das in Ruhe durch.« Er ging damit ins Wohnzimmer, setzte sich neben das Telefon und blätterte interessiert, zumindest sah es täuschend echt aus.
Kaum hörte er das erste schleifende Geräusch des Trimmrades und das Gestrampel und Gekeuche aus dem Keller kommen, griff er zum Hörer und rief das Beerdigungsinstitut an. Er erklärte, seine Mutter habe es sich anders überlegt, jetzt nach dem größten Schock – sie wolle unbedingt ihren geliebten Ehemann zur Obduktion freigeben, damit man auf die Todesursache käme. Etwas leiser und im Vertrauen sagte er, man glaube nicht an einen natürlichen Tod.
Die Frau des Bestatters klang aufgeregt.
Schnell fügte Romeo hinzu, er habe alle Vollmachten. Seine Mutter sei in einem physischen und psychischen Tief, wie sie sich ja denken könne.
Dafür hatte sie wiederum vollstes Verständnis, versicherte, die trauernden, am Rande eines Nervenzusammenbruchs stehenden Witwen sehe sie täglich. Seine Mutter sei da völlig anders gewesen, sie habe gefestigt gewirkt, aber so etwas könne selbstverständlich täuschen.
Romeo bat sie nochmals eindringlich, ihrem Mann Bescheid zu geben, dass er die Beerdigung erst veranlassen solle, wenn er sich diesbezüglich bei ihm melden würde.
Sie machte sich Notizen und versprach, es sofort weiterzugeben, dann fragte sie nach der Telefonnummer. Romeo gab seine Handynummer an. Voller Mitgefühl verabschiedete sie ihn.
Romeo musste sich von dem Gespräch kurz erholen.
Er lauschte Richtung Keller, sah auf die Uhr. Erst seit 10 Minuten strampelte sie sich ab. Zeit genug, um ein weiteres Gespräch vom Festnetz aus zu führen. Es war besser so, denn seine Handykarte hatte nur noch wenige Cent drauf.
»Hallo Julia? Romeo hier. Ich habe morgen Abend Zeit, passt es Ihnen um 19 Uhr? Ja, auch bis zum anderen Morgen. Wo? Moers kenne ich. Ja, das Hotel auch. Gut, auf dem Parkplatz, vor der Treppe. Bis dann. Ja, ich freue mich auch.«
Romeo ging auf sein Zimmer und sah in den Schrank. Schon längst hatte er alle Sachen von sich eingeräumt. Er war wieder zu Hause angekommen und wäre auch nie lange weggeblieben. Romeo besah den dunkelblauen Nadelstreifenanzug. Dieselbe Ausführung besaß er in drei verschiedenen Größen: XS: Konfirmation, M: Schulfest, L: Silberne Hochzeit der Eltern. Es hatte ihn nie gestört, und es war sehr praktisch. Morgen Abend hatte er also sein erstes Treffen mit einer Unbekannten aus dem Internet. Dass es so schnell und einfach ging, an Geld zu kommen, hätte er nicht gedacht. Zuert hatte er es auf anderem Wege versucht, zur vorgerückten Stunde in seiner Kneipe. Nach unzähligen Bieren hatte er sich getraut, die vereinsamte Frau des Malermeisters zu fragen, ob er mal den Pinsel für sie schwingen sollte. Als sie den Preis dafür gehört hatte, knallte sie ihm eine.
11
Pünktlich um 19 Uhr stand Romeo vor dem Hotel. Sein Anzug saß perfekt, das zart rosafarbene Hemd war Ton in Ton mit der Krawatte, passend zu seiner Gesichtsfarbe. Seit dem Telefonat mit Julia, der Frau, die einen verspielten Mann für einen Abend suchte, war er den Teint nicht mehr losgeworden. Wenn es auch nur annähernd stimmte, wie sie sich beschrieben hatte, dann erwartete ihn heute Abend keine Arbeit, sondern das reine Vergnügen.
Julia, der Name war ihm sofort ins Auge gesprungen, war ihr Deckname – wobei die Bedeutung des Wortes plötzlich ein ungeheures Gewicht für ihn bekam. Sie fuhr in einem geschlossenen Mercedes Cabriolet vor. Von Weitem erkannte er ihr schönes, stolz dreinschauendes Gesicht und die blonde Hochsteckfrisur. Sie setzte schnell ihre Sonnenbrille wieder auf, als sie Romeo sah, und fuhr eine Ehrenrunde über den Parkplatz, so, als suche sie nach einem anderen Mann, nach einer Ausweichmöglichkeit.
Dann endlich fuhr sie rechts ran und stieg aus. Romeo hob zaghaft die Hand und gab sich zu erkennen. Zeit genug, sich diese Vollblutfrau anzusehen. Sie war groß und stöckelte auf ihren schwarzen Schuhen und in einem raffiniert geschnittenen, schwarzen Jackenkleid langsam zu ihm. Sie konnte einem
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