Mordsdeal
war.
Vor dem Tod deines Vaters oder danach. Das ist nicht unerheblich. Da dieser Stephan Wagner als Kunde auf der Liste deines Vaters stand, wissen wir, dass er von ihm die Pillen bezogen hatte. Was mich außerdem wundert, ist, dass Daniel Looser so plötzlich Heiners Nachfolge antreten konnte. Ich war bei ihm und habe die Tabletten gesehen, auch die Listen, die ich ja schon kannte. Von wem hat er das alles nur bekommen? Außerdem habe ich noch etwas entdeckt, aber das muss ich demonstrieren, das geht nicht am Telefon.«
»Meinst du wirklich, Mutter hätte ihm alles gegeben? Sie sagte doch, sie wüsste nicht, wo die Sachen sind.«
»Na ja, vielleicht war es eine Notlüge.« Auch Mia schummelte hier ein wenig, denn es lag ihr ein ganz anderer Satz auf den Lippen.
»Ich melde mich wieder, garantiert«, sagte Mia. »Ich muss heute Mittag zur Kommissarin und meine Aussage machen. Mal sehen, was ich herausbekommen kann. Diesmal achte ich auch auf mein Handy. Es stellt sich zwischendurch immer wieder aus. Ich brauche wohl dringend ein neues.
*
Kommissarin Lilo Schütz fuhr, als hätte sie das Blaulicht eingeschaltet. Sie tat so, als gälte es, einen im Sterben Liegendem die letzten Worte zu entlocken. Hilla hielt sich krampfhaft am Griff fest, erst recht, als die Kommissarin auch noch anfing zu telefonieren und den Besuch im Klinikum ankündigte.
Hilla folgte der Kommissarin in die Räumlichkeiten und sah seitlich an ihr vorbei, als der Mitarbeiter die Schublade mit dem Toten aufzog.
Die Kommissarin hatte sie vorher gewarnt und gesagt, es sei nicht das übliche Bild, wie man sich sonst einen Toten so friedlich daliegend vorstellen würde. Er hätte aufgrund der Auffindsituation, wie sie es nett umschrieb, schon etwas gelitten und sei ein wenig zurechtgemacht worden.
Hilla konnte sich nichts darunter vorstellen, ahnte noch nicht einmal, was die Kommissarin damit meinte. Als das weiße Tuch zurückgeschlagen wurde, wusste sie es plötzlich. Sie sah nur kurz auf das freigegebene Gesicht und atmete schwer.
Nach einem Aufseufzer sagte sie: »Das ist er nicht.«
Kommissarin Lilo Schütz bat Hilla eindringlich, genau hinzuschauen, aber sie blieb dabei.
»Ich kenne den Toten nicht. Tut mir leid, soll ich etwa lügen?«
Lilo Schütz schüttelte den Kopf. »Nein, aber die Wahrheit sagen. Wie kommt dieser Mann denn an Ihre Visitenkarte?«
»Was weiß ich? Ich wollte sie vielleicht Stephan Wagner geben, habe es dann versäumt und irgendein anderer hat sie bekommen. Das ist ja auch ein alter Mann. Viele alte, alleinstehende Männer aus Viersen, Anrath und Umgebung haben meine Visitenkarte bekommen, wenn ich sie im Supermarkt oder sonst wo getroffen habe.« Hilla drehte sich abrupt um. Ihr rutschte die Handtasche von der Schulter und sauste auf das Gesicht des Toten. Die oberste Haarschicht verrutschte. Schnell hob sie die Tasche an und entfernte die daran klebenden Haare, die nun an den Fingern hafteten. Der Mitarbeiter half ihr mit einem ständigen » Ogottogott«, sich davon zu befreien.
»Ich möchte gehen«, rief Hilla und lief vor.
Hilla wartete unendlich lange vor dem Kripo-Auto auf die Kommissarin, die sich, nun auf sie zukommend, immer wieder mit dem Handrücken über den Mund wischte. Am liebsten wäre Hilla alleine nach Hause gefahren, aber sie wollte sich nicht noch verdächtiger machen.
Vor der Haustür bedankte sich Hilla für die Fahrt, die auf dem Rückweg wie im Schneckentempo gewesen war. Ob die Kommissarin gehofft hatte, sie so mürbe zu machen, damit sie gesprächiger wurde? Hilla verabschiedete sich und sah, wie die Kommissarin nur ein kurzes Stück die Straße entlang rollte, dann den Wagen rechts ran fuhr und ausstieg. Hilla wartete einen Moment, war gespannt, was der Kommissarin eingefallen war. Aber da zog sie nur ihren Blazer aus, warf ihn ins Auto, das sie mit einem Druck auf den Autoschlüssel abschloss, und joggte davon.
Auf halber Strecke machte sie wieder kehrt. Ihr musste etwas Wichtiges eingefallen sein. Sie ließ den Motor aufheulen und brauste davon.
*
Hillas Nerven lagen blank. Das alles nur wegen Heiner. Wenn die Kommissarin dahinterkam, dass Stephan Wagners Tod etwas mit Heiner Stöckskes zu tun hatte, der auch wiederum tot war, dann war sie geliefert. Sie verschwand auf Gittis Grundstück.
Gitti öffnete erst nach dem vierten Klingeln. In der Hand hielt sie ihre Lesebrille und eine ihrer Klatschzeitungen.
»Du?«
»Wie du siehst. Lass mich rein! Wir müssen reden.«
Ihre
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