Mordsdeal
sah zu den beiden glücklichsten und dunkelhäutigsten Menschen hier in diesem Raum und lächelte ihnen zu.
»Komm, wir gehen rüber«, sagte sie zu Elke. »Lass uns daran teilhaben.« Ginge nur alles so einfach, dachte Mia. Der Fall Heiner Stöckskes und Stephan Wagner bereitete ihr die größten Kopfschmerzen.
Sie fürchtete, er würde einiges zu Tage bringen, nur nichts Gutes.
20
Kommissarin Lilo Schütz ging ein wenig an der Niers spazieren. Sie war besser durch den montäglichen Berufsverkehr gekommen als gedacht und viel zu früh am Grenzweg. Noch wollte sie Hilla Bingen nicht stören, sondern die günstige Gelegenheit nutzen und für ein paar Minuten auch an sich denken. Viel zu selten machte sie das, viel zu oft schob sie Sonderschichten oder übernahm die Arbeit der Kollegen. Gejoggt war sie eine Ewigkeit nicht mehr, an ein gemütliches Spazierengehen war schon gar nicht zu denken. Sie erledigte noch nicht einmal ihr polizeisportliches Programm, zu dem sie zwei Stunden im Monat die Gelegenheit hatte. Lilo spürte, wie schnell sie außer Atem kam, wenn sie schneller gehen oder sogar laufen musste. Tja, und dann noch die Gewichtszunahme. Ab einem gewissen Alter musste man sich entscheiden. Ziege oder Kuh. Nur stellte sich ihr die Frage, ab wann das war: schon mit 42? Bisher hatte sie ihre schwindende Kondition gut überspielen können, aber es dauerte bestimmt nicht mehr lange, bis es ihren Team-Kollegen auffiel und sie sich darüber lustig machten.
Leider hatte sie heute das falsche Outfit an. Mit ihren Absätzen, der engen Jeans und dem Blazer war ein Joggen ausgeschlossen, außerdem machte es keinen guten Eindruck, wenn sie verschwitzt zu ihrer Befragung bei Hilla Bingen ankam.
Lilo schaute sich um, sie hatte sich weit von ihrem Auto entfernt. War ihr zunächst nicht so vorgekommen. Sie ging auf die schmale, altersschwache Brücke, die über die Niers führte. Deshalb standen hier die rotweißen Pfähle und Bügelbarrieren, damit der Autoverkehr die bröckeligen Steine nicht zum Einstürzen brachte. Die Straße mit der Baumallee, direkt vor ihr, führte nach Viersen, wenn sie sich richtig orientierte. Lilo trat den Rückweg an. Diesmal nahm sie sich vor, nicht auf die Niers, sondern auf die Häuser zu schauen, deren unterschiedliche Gestaltung sie inspirierte. Sie staunte über die riesigen Vorgärten und was man daraus alles machen konnte. Vor einem weiß verklinkerten Haus blieb sie stehen. Diese Gartengestaltung stach ihr besonders ins Auge. Eine exotische Tannenart mit breit geformten Nadeln ragte haushoch empor, umgeben von anderen pyramidenförmigen und kugelig zurechtgeschnittenen Buchsbäumen und Zypressen. Drumherum lagen kleine weiße und graue Kieselsteine. Das alles war terrassenförmig angelegt. Aus einem liegenden terrakottafarbenen Krug kamen weiße Kieselsteine hervor, die das Wasser symbolisieren sollten. Es handelte sich hier wohl um ein chinesisches Muster der Entspannung. Lilo hatte lange davor gestanden. Es beruhigte sie dermaßen, dass sie wie hypnotisiert ins Auto stieg. Erst nach einem Blick auf den Beifahrersitz, auf den Zettel mit Hillas Namen und Adresse, wusste sie wieder, weshalb sie überhaupt hier war. Sie ging durch das Maschendrahttor auf das großzügige Grundstück. Auch hier gab es den weitflächigen Vorgarten. Aneinandergelegte Bruchplatten schlängelten sich bis zum Hauseingang. Lilo suchte den Klingelknopf und drückte darauf.
Die Tür wurde einen Spalt weit geöffnet.
»Ja, bitte?«
»Hauptkommissarin Lilo Schütz. Sind Sie Hilla Bingen?
»Ja.«
»Darf ich einen Moment hereinkommen?«
Hilla lief, passend zu ihren roten Haaren, kurz an. Der Rest blieb unverändert. Nach einer Gedenksekunde für irgendwas stammelte sie: »Worum geht es?«
»Kennen Sie Stephan Wagner?«
Hillas Kopf ruckte. »Bitte, kommen Sie.«
Lilo Schütz sah sich um und wusste nicht, wohin sie zuerst schauen sollte. Es gab so viel zu sehen, dass sie längst von einer Reizüberflutung sprechen konnte, ohne zu übertreiben. In den Regalen drängelten sich Nippesfiguren, denen ein Bein oder Arm oder die Nase fehlten. Die Mokkatassen waren angeschlagen oder henkellos. Lilo legte die Zeitungen, die auf dem Sessel lagen, zu denen auf der Couch und setzte sich, natürlich erst nach Aufforderung. Damit Hilla Bingen ihr nicht mit der Fragenstellerei zuvorkam, begann sie: » Haben Sie Stephan Wagner gepflegt?«
Hilla sah sie verdutzt an: »Wie kommen Sie darauf?«
Lilo zückte Hillas
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