Mordsfreunde
erwiderte Behnke trocken und hielt ihr die Hand hin, um ihr auf die Beine zu helfen. »Ich habe nämlich keine Lust, in der Endrunde der WM Überstunden zu machen.«
Die Anspannung ließ nach. Bodenstein klopfte seiner Kollegin erleichtert auf die Schulter.
»Wir reden später«, sagte er. »Erst mal sehen wir zu, dass wir hier irgendwie rauskommen.«
»Da vorne geht es zum Brunnenschacht und zum Geheimgang«, sagte Antonia mit zittriger Stimme. »Einen anderen Weg nach draußen, außer dem, den wir gekommen sind, kenne ich nicht.«
Und der war nun versperrt. Hinter ihnen polterten weitere Steine zu Boden. Die Schüsse hatten die uralten Mauern des Gewölbes stark erschüttert.
»Nichts wie raus hier, bevor uns die ganze Burg über dem Kopf zusammenbricht«, sagte Behnke und hustete wieder. Er und Bodenstein verschwanden hinter Antonia in einem schmalen Gang. Pia wandte sich Sander zu.
»Ich hatte eine schreckliche Angst um dich«, flüsterte er. Sie blickten sich an, und sie erkannte im schwachen Licht der noch brennenden Kerzen, dass er Tränen in den Augen hatte. Stumm nahm er sie in die Arme und hielt sie eng umschlungen.
»Kommen Sie!«, ertönte Bodensteins Stimme aus dem Gang. »Wir müssen uns beeilen! Für Zuneigungsbekundungen ist später Zeit genug.«
Antonia führte sie in einen engen, niedrigen Gang, in dem man nur gebückt laufen konnte. Nach ein paar Metern machte er einen scharfen Knick und wurde höher. Endlich hatten sie den Brunnenschacht erreicht. Behnke machte sich als Erster daran, die rostigen Sprossen, die in die Wand eingelassen waren, emporzuklettern. Ihm folgten Antonia, Pia, Sander und schließlich Bodenstein, der Mühe hatte, mit den glatten Ledersohlen seiner Schuhe Halt zu finden. Der heftige Wind nahm ihm für einen Augenblick fast den Atem, als er aus dem Brunnen im Innenhof unterhalb des Bergfrieds kroch, der Regen durchnässte ihn in Sekunden. Behnke, Pia, Sander und seine Tochter hatten im Eingang des Zeughauskellers vor der Gewalt des Gewitters Schutz gesucht. Bodenstein lief zu ihnen und ergriff keuchend sein Handy, das klingelte.
»Meine Leute sind überall in der Burg in Stellung gegangen«, teilte ihm der Einsatzleiter des SEK per Handy mit, »wie gehen wir vor?«
Es machte keinen Sinn, die ganze Burg zu durchsuchen. Lukas kannte sich weitaus besser aus und wusste, wo man sich verstecken konnte.
»Zwei Männer sind hier irgendwo unterwegs«, erwiderte Bodenstein atemlos, »mindestens einer von ihnen ist bewaffnet. Er hat die Waffe schon benutzt, also Vorsicht. Wo sind Sie gerade?«
»Auf dem Weg zum Innenhof der Burg«, sagte der Einsatzleiter.
»Da sind wir auch«, Bodenstein wagte einen Blick nach draußen. Von hier aus konnte man nichts außer dem Innenhof sehen.
»Kommt«, sagte er, »wir gehen zum Turm. Von dort aus haben wir wenigstens einigermaßen Überblick.«
Ein Scharfschütze des SEK hatte im Burgturm Stellung bezogen, ein zweiter hockte auf den Mauerresten gegenüber. Von ihren Positionen aus hatten sie die gesamte Fläche der Burg im Blickfeld. Dunkle Gestalten kauerten hinter Mauern, auf Treppenstufen oder lagen flach auf dem Boden, alle schwer bewaffnet, mit Schutzwesten, Helmen und Sturmmasken ausgerüstet. Zwei Mann waren im Geheimgang von der Stadt aus unterwegs hinauf zur Burg, nachdem Antonia verraten hatte, wo der Gang endete. Diese Fluchtmöglichkeit war den Jungen versperrt.
»Meine Leute sind rings um die Burg in Stellung gegangen«, sagte der Einsatzleiter zu Bodenstein. »Hier kommt keine Maus ungesehen heraus.«
Bodenstein nickte angespannt. Zwei Scharfschützen, fünfundzwanzig schwerbewaffnete Polizisten, ein geistesgestörter Einundzwanzigjähriger, der mindestens zwei Menschen kaltblütig ermordet hatte, und ein anderer, der bewaffnet war. Das Funkgerät des Einsatzleiters rauschte.
»Zwei Personen auf fünf Uhr«, ertönte die Stimme eines Beamten. »Sie klettern aus dem alten Pulverturm auf der anderen Seite der großen Wiese.«
Bodenstein spürte, wie sein Adrenalinspiegel unwillkürlich in die Höhe schoss. Er warf Behnke einen Blick zu, dann Pia Kirchhoff. Sie saß dicht neben Sander auf den hölzernen Stufen, die in den Turm hoch führten. Antonia lehnte an der Wand, stumm und blass im Gesicht.
»Können Sie erkennen, ob sie bewaffnet sind?«, fragte der Einsatzleiter.
»Negativ. Doch – Moment, der eine hat eine Waffe. Der Blonde.«
»Lukas«, Pia stand auf und ging zu ihrem Chef. »Sie dürfen nicht auf
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