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Mordsgefluester

Mordsgefluester

Titel: Mordsgefluester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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mein Schädel zu pochen. Ersatzweise machte ich etwas Tai Chi, in fließenden, dehnenden Bewegungen, was die Verkrampfungen halbwegs löste, mir aber nicht den Kick gab, den ich bei einem richten harten Work-out spürte.
    Wyatt war zum Abendessen immer noch nicht zurück, aber das hatte ich auch nicht ernsthaft erwartet. Ich weiß aus Erfahrung, wie es bei Ermittlungen am Tatort zugeht; niemand lässt sich dabei hetzen, was wahrscheinlich gut ist, wenn es darum geht, Beweisstücke zu sammeln und Zeugenaussagen aufzunehmen. Es genügte mir vollauf, wenn er zurückkam, bevor ich schlafen ging. Ich jagte ein Tiefkühlgericht durch die Mikrowelle und rief unter dem Essen Lynn an, um ihr zu versichern, dass ich morgen wieder ins Studio kommen würde. Sie war erleichtert, denn sonntags und montags hat sie normalerweise frei. Nachdem sie am Freitag und Samstag Doppelschichten geschoben hatte, brauchte sie dringend eine Ruhepause.
    Und da der Montag für mich immer ein besonders langer Tag ist – da öffne und schließe ich das Studio persönlich, was heißt, dass ich von sechs Uhr morgens bis neun Uhr abends dort bin –, musste ich mich ebenfalls ausruhen. Obwohl ich seit drei Tagen immer nur herumgelegen hatte, war ich müde, vielleicht auch, weil ich immer nur herumgelegen hatte. Um acht Uhr abends ging ich nach oben, duschte und trocknete dann sorgfältig meine Haare.
    Nachdem Wyatt weg war und ich mich endlich konzentrieren konnte, holte ich meinen Notizblock heraus und brütete erneut über der Liste seiner Verfehlungen. Ich ließ mir alles durch den Kopf gehen, womit er mich geärgert hatte, aber »hat über meinen Vorschlag gelacht, Tantrasex zu machen« klang nicht besonders kraftvoll. Das Papier blieb irritierend leer. Guter Gott, hatte er mich schon weich gekocht? War mein Feuer erloschen? Eine Liste seiner Verfehlungen zu erstellen, gehörte zu den besten Ideen, die ich je gehabt hatte, und jetzt, wo mir kein einziger Punkt einfallen wollte, fühlte ich mich so, wie sich Davy Crockett gefühlt haben musste, als ihm bei der Verteidigung von Fort Alamo die Munition ausging – in die Richtung von »Ach du Scheiße. Und jetzt?«
    Nicht dass meine Situation damit gleichzusetzen wäre, denn Davy Crockett war damals gestorben, aber damit sollte klar sein, was ich meine. Außerdem, was soll ein Mann anderes erwarten, wenn er sich entschließt, bis zum letzten Atemzug zu kämpfen? Er stirbt. Nichts anderes bedeutet die Wendung »bis zum letzten Atemzug«.
    Also bitte. Womit ich die Verdienste des braven alten Davy nicht geschmälert haben will.
    Ich senkte den Blick auf den Zettel und seufzte. Schließlich schrieb ich hin: »Hat gedroht, mich anzupinkeln.« Okay, das klang eher komisch als ärgerlich. Ich musste schon beim Lesen kichern. Damit kam ich auch nicht weiter.
    Ich wollte schon das oberste Blatt abreißen und von vorn anfangen, aber dann ließ ich es dran. Vielleicht musste die ganze Sache erst mal in Schwung kommen, und irgendwo musste ich schließlich anfangen. Als nächsten Punkt notierte ich: »Weigert sich zu verhandeln.«
    O Mann, das war erbärmlich. In Wahrheit hatte er mir einen Gefallen erwiesen, als er sich geweigert hatte, in der Nachnamendebatte mit mir zu verhandeln, weil er seither in meiner Schuld stand. Ich strich den Punkt wieder aus.
    Wie wäre es mit: »Versaut unsere Hochzeit, indem er mich zu sehr unter Druck setzt«? Nein, zu lang.
    Meine Inspiration schlug zu. In dicken Blockbuchstaben vermerkte ich, mit dem Stift tiefe Furchen durchs Papier ziehend: Mokiert sich über Frauen während der Tage.
    So. Damit könnte ich ihn hundertprozentig festnageln.

11
    Ich wachte auf, als Wyatt neben mir ins Bett schlüpfte. Er hatte einen eigenen Schlüssel zu meiner Wohnung und kannte den Code der Alarmanlage, damit er mich nicht aufwecken musste, wenn er ins Haus wollte, aber er weckte mich trotzdem auf, weil er mich im nächsten Moment an seine Brust und seine eiskalte Haut zog. Die roten Leuchtziffern auf dem Wecker zeigten 1:07 an.
    »Armes Baby«, murmelte ich und drehte mich zu ihm um. Er würde nicht viel Schlaf bekommen; gewöhnlich fängt er spätestens um halb acht zu arbeiten an. »Ist es draußen so kalt?«
    Er entspannte sich mit einem Seufzen und schob sich an mich. »Ich hatte die Klimaanlage im Pick-up auf volle Kraft gestellt und mir die Luft ins Gesicht blasen lassen, damit ich nicht einschlafe«, erklärte er brummend. Seine Hand strich über das T-Shirt, das ich angezogen hatte.

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