Mordsgefluester
zukünftige Familie.
Stattdessen musste ich mich darauf konzentrieren, eine Ehe zu kitten, ein Job, für den ich eindeutig nicht qualifiziert war.
Manipulationen andererseits … eine kleine emotionale Erpressung hier, etwas schlechtes Gewissen da … dazu war ich sehr wohl in der Lage.
Ich rief Mom an. »Wo lebt Jazz zurzeit?«, fragte ich. Ich erklärte ihr das Problem nicht – immerhin war sie Sallys beste Freundin. Diese Geschichte betraf nur Wyatt und mich, dies war unser ganz privater Zankapfel.
»Bei Luke«, antwortete Mom. Luke ist der Drittgeborene der Arledges. Die Kinder weigerten sich, Partei zu ergreifen, was Sally und Jazz gleichermaßen ärgerte, die sich jeweils missverstanden und im Recht fühlten. »Ich schätze, er geht Luke ganz schön auf die Nerven.«
Luke war außerdem der Wildeste aus der Arledge-Truppe. Also, nicht wild auf Drogen oder krumme Dinger, sondern wild wie definitiv ungezähmt, ohne jedes Interesse an einer festen Bindung und mit einem Sozialleben, das seinem Rücken längst dauerhaften Schaden zugefügt haben musste. Er war bestimmt nicht begeistert, dass sein Vater jetzt bei ihm lebte.
Warum um alles in der Welt hatte Jazz ausgerechnet bei Luke Unterschlupf gesucht? Keines seiner Kinder hätte ihm die Tür gewiesen. Matthew und Mark waren beide verheiratet und hatten Familien, außerdem besaßen sie jeweils ein Gästezimmer, womit die Belastung nicht ganz so groß gewesen wäre. Bei John zu wohnen wäre wahrscheinlich weniger angenehm gewesen, denn der Jüngste arbeitete an seinem Universitätsabschluss und lebte mit zwei Kommilitonen in einem gemieteten Haus. Tammy hingegen hatte vor etwa einem Jahr geheiratet, wohnte mit ihrem Mann in einem großen Haus auf dem Land, hatte noch keine Kinder und daher jede Menge Platz.
Wenn Jazz allerdings erreichen wollte, dass sich Sally den Kopf darüber zerbrach, was ihr Mann anstellte, war es ausgesprochen geschickt, zu Luke zu ziehen.
Das gab mir Hoffnung, denn wenn Jazz seine Frau eifersüchtig zu machen versuchte, dann hatte er seine Ehe noch nicht abgeschrieben. Allerdings war er stinkwütend.
Luke würde mir nur allzu gern helfen, vermutete ich. Wenn Jazz ihm auf die Nerven ging, wollte er seinen Vater sicher möglichst schnell loswerden, und das wiederum ließ sich am besten bewerkstelligen, indem er mir half. Ich leistete eine gute Tat; wer wollte mir nicht helfen?
Ich schlug Lukes Telefonnummer nach, besann mich aber anders und rief stattdessen Tammy an. Seit bei uns der Name des Anrufers im Display angezeigt wird, ist es wesentlich schwieriger, heimlich anzurufen, und ich wollte nicht, dass Jazz meinen Namen im Display von Lukes Telefon las. Darum brauchte ich Lukes Handynummer.
Als Tammy an den Apparat ging, erklärte ich ihr, was ich zu tun gedachte – allerdings nicht, warum –, und sie hielt meinen Plan für eine gute Idee. » Wir konnten die zwei weiß Gott nicht zusammenbringen«, erklärte sie müde und meinte damit sich und ihre Geschwister. »Mom und Dad sind solche Sturköpfe, dass wir genauso gut mit dem Kopf gegen die Wand rennen könnten. Ich wünsche dir viel Glück.« Sie gab mir Lukes Handynummer, wir plauderten noch ein wenig darüber, was ihren widerspenstigen Eltern alles vorgehalten worden war, und legten dann auf.
Als Luke an sein Handy ging, weihte ich ihn ebenfalls in meinen Plan ein. »Warte mal«, sagte er, dann folgte eine Reihe von Geräuschen, die mit dem Klappen einer Tür endeten. »Ich bin jetzt draußen und kann reden.«
»Jazz?«, fragte ich nach. Deutlicher brauchte ich nicht zu werden.
»O ja.« Er klang erschöpft.
»Und dass du zum Telefonieren nach draußen gegangen bist, macht ihn nicht misstrauisch?«
»Nein, das mache ich in letzter Zeit dauernd.«
»Hat er eine andere? Hat er was davon gesagt, dass er die Scheidung will?«
»Nada. Zum einen könnte er nicht bei mir wohnen, wenn er Mom betrügen wollte. Außerdem wird ihm speiübel, und er muss sich übergeben, wenn er davon anfängt, dass sie vielleicht nie wieder zusammenleben werden. Diese ganze Schei –« Er unterbrach sich mitten im Wort »Situation ist so dämlich. Sie lieben einander. Was sie mit dieser Trennung erreichen wollen, ist mir ein Rätsel.«
»Sie zeigen sich damit gegenseitig, wie wütend sie aufeinander sind«, erklärte ich ihm. Ich konnte das halbwegs verstehen, allerdings waren sie extrem weit gegangen, um ihre unterschiedlichen Standpunkte klarzumachen.
»Außerdem zeigen sie damit der Welt,
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