Mordsgefluester
eintreffe, aber während der Fahrt selbst ist es immer dunkel. Irgendwie mochte ich die leeren Straßen und die frühmorgendliche Stille.
Als ich auf meinen Stellplatz auf dem Angestelltenparkplatz hinter dem Studio bog, leuchteten die mit dem Bewegungsmelder gekoppelten Strahler auf. Wyatt hatte sie erst letzten Monat persönlich angebracht, nachdem er mich eines Abends abgeholt und dabei bemerkt hatte, wie dunkel es unter dem langen Vordach war, das die Autos der Angestellten schützte. Ich hatte mich immer noch nicht an die Beleuchtung gewöhnt. Sie kam mir unnatürlich grell vor, so als stünde ich auf einer Bühne, während ich den Hintereingang aufschloss. An meiner Schlüsselkette hatte ich eine kleine LED-Lampe, die ich früher immer auf das Schloss gerichtet hatte, das hatte mir vollauf genügt. Wyatt hingegen hätte am liebsten den ganzen Parkplatz beleuchtet wie eine Rollbahn.
Die Dunkelheit unter dem Vordach hatte mich nie gestört. Im Gegenteil, sie hatte mich vor Nicole Goodwins Mörder beschützt, als sie hier auf diesem Parkplatz erschossen worden war. Trotzdem hatte ich mich nicht dagegen gesträubt, dass er die Strahler installierte – im Ernst, warum auch? –, und mich sehr gefreut, als Lynn mir gestanden hatte, dass sie sich seither nachts sicherer fühlte, weil sie wusste, dass die Lichter angehen würde, sobald sie die Hintertür öffnete, um das Studio abzuschließen.
Ich schloss auf und ging dann durch das Gebäude, um überall die Beleuchtung einzuschalten, den Thermostaten einzustellen und den Kaffee im Aufenthaltsraum für die Angestellten wie auch in meinem Büro aufzusetzen. Ich liebte dieses tägliche Ritual, bei dem ich das Studio zum Leben erweckte. Die Lichter spiegelten sich in den blank geputzten Spiegeln, die Fitnessgeräte blinkten, die Pflanzen standen üppig und gesund in ihren Töpfen; das Studio war einfach schön. Ich liebte sogar den Chlorgeruch des Pools.
Der erste Gast erschien um sechs Uhr fünfzehn, ein silberhaariger Herr, der einen kleinen Herzinfarkt überstanden hatte und nun fest entschlossen war, in Form zu bleiben und weitere Attacken abzuwehren, weshalb er jeden Morgen aufs Laufband stieg und danach ein paar Runden im Pool schwamm. Immer wenn er pausierte und mit mir plaudern wollte, erzählte er mir, wie weit sein Blutdruck und seine Cholesterinwerte gesunken waren und wie zufrieden sein Arzt deswegen mit ihm war. Um halb sieben waren noch weitere Gäste zu uns gestoßen, zwei meiner Angestellten waren eingetroffen, und der Tag war in vollem Gang.
Auch sonst war der Montag ein anstrengender Tag für mich, aber diesmal hielt mich zusätzlich der Papierkram auf Trab, der sich während meiner zweitägigen Abwesenheit angesammelt hatte. Die Kopfschmerzen begannen sich wieder zu melden, ich versuchte mich darum in meinen Bewegungen einzuschränken, aber wenn du für alles verantwortlich bist, kannst du kaum den ganzen Tag im Büro hocken.
Wyatt rief an und erkundigte sich nach mir. Ihm folgten Lynn, Siana, Wyatts Mom, Jenni, Dad und dann noch mal Wyatt. Ich verbrachte so viel Zeit damit, allen per Telefon zu versichern, wie gut es mir ging, dass es fast drei Uhr war, bis ich endlich Zeit fand, meinen Apfel zu essen, wobei ich inzwischen fast verhungert war. Außerdem musste ich zur Bank fahren und Geld einzahlen, was schon am Freitag fällig gewesen wäre. Zu dieser Zeit war es ruhiger, der Mittagsandrang war wieder abgeflaut, der Publikumsverkehr würde erst wieder anziehen, wenn nach der Schule und nach der Arbeit die nächste Welle anbranden würde, um zu schwitzen, und so bewies ich meine Multitasking-Fähigkeiten, indem ich gleichzeitig zur Bank fuhr und meinen Apfel aß.
Zugegeben, ich hielt unterwegs leicht paranoid nach Buicks Ausschau, die von Frauen gefahren wurden, aber ich nehme an, das ist verständlich. Ich hätte die irre Kuh unmöglich identifizieren können, aber ich wollte alle Möglichkeiten so gut wie möglich ausnutzen. Und weil ich Ausschau hielt, gingen mir Dinge auf die Nerven, die ich andernfalls nicht bemerkt hätte, wie zum Beispiel die Frau in ihrem weißen Chevrolet, die ein paar Blocks lang an meiner Stoßstange klebte, und die im grünen Nissan, die direkt vor mir die Spur wechselte, weshalb ich gezwungen war, mit aller Kraft auf die Bremse zu steigen, dass mir fast der Schädel platzte und ich sie als dämliche Anasphaltbetin beschimpfen musste. Ich hasse es, wenn das passiert, denn wenn die Menschen nicht genau hinhören,
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