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Mordsidyll

Mordsidyll

Titel: Mordsidyll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Zandecki
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anwesend sein, wenn wir im großen Stil Computer und Akten aus Ihrem Büro tragen. Und ich bin mir sicher, dass die Kollegen vom Verfassungsschutz uns gerne unterstützen würden.«
    Franke blickte Schröder mit zusammengekniffenen Augen an. Dann gab er schließlich nach. »Also gut, Sie sollen die Liste bekommen. Dennoch kann ich Ihnen versichern, dass wir nichts mit der Tat zu tun haben. Warum sollten wir auch einen Russlanddeutschen umbringen?«
    Â»Warum schlagen Ihre Skinhead-Banden unschuldige Menschen zusammen?«, entgegnete Ruste gereizt.
    Â»Meine Sekretärin im Vorzimmer wird Ihnen die Papiere aushändigen. Ich denke, das Gespräch ist hiermit beendet.«
    Â»Nicht ganz«, wandte Ruste ein. »Wo waren Sie am 21. April?«
    Â»In Düsseldorf auf einem Landestreffen der Parteivorsitzenden. Meine Sekretärin wird Ihnen auch dazu eine Teilnehmerliste überreichen, damit Sie das überprüfen können«, antwortete Franke.
    Â»Na, dann lassen wir uns mal diese Liste von Ihrem Gauleiter-Treffen geben«, bemerkte Ruste spitz und verließ grußlos das Büro. Schröder nickte Franke kurz zu und eilte seinem Chef hinterher.
    Auf dem Weg zum Auto drehte sich Ruste zu Schröder, der versuchte, mit ihm Schritt zu halten. »Nicht schlecht   … Auch Ihr Vorstoß gerade«, bemerkte Ruste.
    Â»Danke.« Schröder freute sich ehrlich. Er wusste von den Kollegen, dass dem Kommissar nur selten ein Lob über die Lippen kam. »Sagen Sie mal, kommt dieser Anwalt aus dem Ausland?«
    Â»Meines Wissens nicht. Wie kommen Sie darauf?«
    Â»Er hat einen harten Akzent, er rollt das R so stark – wie ein Amerikaner.«
    Ruste lachte. »Willkommen im Siegerland, Sch rrr öder. Hier rrr ollen alle das RRR . Abe rrr ganz tief im Rrr achen, verstehen Sie?«
    Â»Oh   …« Schröder wollte dem nichts mehr hinzufügen. Das dritte Fettnäpfchen, heute war nicht sein Tag.
    Ruste zündete sich eine Zigarette an. »Machen Sie sich keinen Kopf. Ich würde sagen, wir gehen jetzt im Büro die Liste durch und gleichen sie mit unserer Kartei ab. Morgen beginnen wir mit den Befragungen.«
    Nach wenigen Zügen trat er den Glimmstängel aus und klimperte mit den Schlüsseln. Als sie losfuhren und Ruste sich in Schweigen hüllte, beschloss Schröder, an das überraschend kollegiale Gespräch von vorhin anzuknüpfen. »Vielleicht war alles doch völlig anders. Ich meine den versuchten Mord.«
    Â»Was wollen Sie damit sagen?«
    Â»Kann es nicht Wassiljews Freundin gewesen sein? Immerhin sprechen die Fußabdrücke für eine Frau.«
    Â»Eine Freundin, ja? Und warum sollte sie ihren Freund töten?«
    Â»Eifersucht. Das häufigste Tatmotiv.«
    Â»Mit wem sollte Wassiljew denn im Knast bitte schön fremdgegangen sein? Es sei denn natürlich, er hat seine feminine Seite entdeckt. Sie wissen, was ich meine   … Mensch, denken Sie doch mal nach, bevor Sie mich mit Ihrem Quatsch nerven.«
    Schröder schwieg beleidigt, während Ruste das Radio einschaltete und der Musik lauschte.
    Â»Wer singt da?«, fragte der Kommissar.
    Â»Adele«, gab Schröder kurz angebunden zurück.
    Ruste grinste. »Nicht schlecht, was, Schneider?«, brummte er, drehte voll auf und trommelte mit den Fingern im Takt auf das Lenkrad.

    *

    Â»Sollen wir es wirklich tun? Sollen wir nicht warten, bis Boris wieder gesund ist?«, fragte Roman zögerlich, während er in der Dunkelheit einen Parkplatz für den VW-Bus suchte.
    Wie erleichtert war er gewesen, als er erfahren hatte, dass ihr Anführer zwar lebensgefährlich verletzt, aber nicht tot war. Für Viktor konnte dies das jähe Ende seiner Karriere bedeuten. Hoffentlich würde ihr Chef auch wirklich zurückkehren.
    Â»Sollen wir die Tat einfach hinnehmen und untätig warten, bis er wieder aufwacht, he? Was glaubst du, was er dann mit uns macht?«, blaffte Viktor zurück. »Nein, wir tun das einzig Richtige. Ich sage dir: Boris wird stolz auf uns sein, wenn er aus dem Krankenhaus kommt!«
    Viktors Laune hatte sich offensichtlich nicht gebessert. Die Nachricht von Boris’ Zustand hatte er nicht so erfreut aufgenommen wie Roman. Und dann hatte er sich auch noch während der ganzen Fahrt nach Köln lauthals beschwert, dass er sich, als ›derzeitiger Chef‹, zwischen die drei Schläger im hinteren Teil

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