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Mordsidyll

Mordsidyll

Titel: Mordsidyll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Zandecki
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hast recht. Wer weiß, wer sich hier noch rumtreibt. Ich habe ein ganz komisches Gefühl. Wir sollten schleunigst verschwinden. Der Rest ist Sache der Polizei, woll?«

    *

    Ruste saß mit seinen Schützenbrüdern im Nichtraucherraum des Gasthofs und diskutierte seit über einer Stunde Vereinsangelegenheiten. Wie immer bestellten sie Runde um Runde, Ruste hatte bereits aufgegeben, zu zählen. Wie alle anderen war er gespannt darauf, welche Überraschung Ronald Weber nun endlich enthüllen wollte.
    Â»Liebe Schützenbrüder, ich habe eine Ankündigung zu machen«, begann Weber salbungsvoll. »Es ist kein Geheimnis, dass unser Schützenvogel entführt wurde. Ich habe mir daher Gedanken gemacht, wie wir so etwas in Zukunft vermeiden können.« Weber machte eine Pause und blickte stolz in die Runde. Dann öffnete er feierlich seine Aktentasche und nahm drei große Blätter heraus, die jeweils in der Mitte gefaltet waren. »Ich habe unsere Ingenieure und die Werbeagentur daran gesetzt, einen neuen und innovativen Vogel zu entwerfen. Hier sind die Ergebnisse.« Weber entfaltet das erste Papier. »Voilà! Ein Schützenvogel komplett aus Carbon.« Bedächtig schob er den zweiten und dritten Entwurf in die Tischmitte. »Oder aus Aluminium. Oder aus Edelstahl. Und das Beste daran: Der Vogel wird mit einem GPS-Peilsender ausgestattet, sodass man auf den Zentimeter genau seinen Standort feststellen kann. Die Konstruktionen sind natürlich so gewählt, dass die Vögel Sollbruchstellen aufweisen und somit runtergeschossen werden können. Na, was sagt ihr dazu?«
    Die Schützenbrüder starrten skeptisch auf die Zeichnungen vor ihnen. Die Entwürfe ähnelten Raumschiffen aus einem Science-Fiction-Film oder Abwandlungen von Batman, aber nicht einem traditioneller Schützenvogel. Man konnte eigentlich überhaupt keine Ähnlichkeit mit einem Vogel erkennen.
    Â»Das ist doch mal ein Schritt nach vorne«, ergänzte Weber, als eine Reaktion ausblieb. »Kein anderer Verein ist so modern. Das hat Strahlkraft für die ganze Region und zeigt, wie innovativ wir sind, oder?«
    Â»Ã„h …«, Alfons Ströbel wollte etwas erwidern, doch ihm fehlten die Worte.
    Â»Ich merke schon, das müsst ihr erst mal sacken lassen«, plauderte Weber unbeirrt weiter. »Wir könnten aber einen der Entwürfe bis zum Schützenfest realisieren. Wäre kein Problem.«
    Auch Willi Bremicke bekam nur ein klägliches Ȁh … Ronald« heraus. Diese Schützenvögel hatten allen die Sprache verschlagen.
    Â»Also, ich finde die Ideen gar nicht schlecht«, bemerkte Ruste und lehnte sich lächelnd zurück.

    *

    Nachdem Anna und Tim den Kamm des bewaldeten Berges erklommen hatten, hetzten sie nun auf der anderen Seite in Richtung Ratemicke. Äste schlugen ihnen ins Gesicht und hinterließen schmerzhafte Kratzer. In Annas Haaren hatten sich zahlreiche kleine Fichtenzweige verfangen. Immer wieder stolperten sie in der Dunkelheit über Wurzeln, die aus am Waldboden ragten.
    Auf ihrer Flucht hatten ihnen Stimmen aus der Nähe etwas zugerufen, aber Anna hatte sie nicht verstanden. Da sie nicht hatte reagieren können, ohne den Verfolgern ihren Standort preiszugeben, war sie mit Tim einen Bogen um die Stelle gelaufen, von der die Rufe kamen. Kurz darauf hörten die beiden hinter sich vereinzelte Schüsse. Sie warfen sich ängstlich zu Boden, als plötzlich ein Schusswechsel wie in einem Western losging. Die Kugeln wurden in so schneller Folge abgefeuert, dass sie kaum voneinander zu unterscheiden waren. Anna und Tim waren zu einem breiten Baumstamm gerobbt und hatten sich flach ins Laub gedrückt. Dann war plötzlich alles vorbei gewesen.
    Anna kam es jetzt so vor, als seien seit der Schießerei Stunden vergangen. Hoffentlich war niemand verletzt worden. Ihr Bedarf an Leichen war wirklich gedeckt.
    Hinter ihr japste Tim nach Luft. »Durchhalten!«, flüsterte sie. »Es ist nicht mehr weit.« Sie rechnete jeden Augenblick mit einem weiteren Kugelhagel. Sie konnte sich und Tim keine Verschnaufpause gönnen.
    Vor ihr lichteten sich die Bäume. Sie mussten am Waldrand angekommen sein. Anna erhöhte noch mal das Tempo, bis sie schließlich an die verlassene Landstraße gelangte, die nach Ratemicke führte. Aus der kurzen Entfernung waren die Lichter des Dorfes gut zu erkennen. Auch der Mond

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