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Mordsidyll

Mordsidyll

Titel: Mordsidyll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Zandecki
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weiß, wohin die ganze Geschichte noch führte! Nach der Schießerei würde die Polizei mit ihr sprechen wollen und dann könnte sie ihren Mordversuch und den unbekannten Toten im Güllebecken nicht mehr verheimlichen. Alles würde auffliegen. Und sie schwebte weiter in Lebensgefahr – genauso wie der ahnungslose Tim. Sie musste ihm alles erklären. Das war sie ihm schuldig, auch wenn ihm nicht gefallen würde, was sie zu sagen hatte. Anna blickte die Landstraße entlang. Endlich tauchten Scheinwerfer in der Ferne auf.

    *

    Roman war sauwütend. Er ärgerte sich darüber, dass die Verfolgungsjagd seinen Anzug ruiniert hatte. Er stank nach Scheiße und der teure Stoff war zerrissen, weil er sich bei der Schießerei auf dem Boden hatte wälzen müssen. Wer hatte bloß auf sie gefeuert? Hatten die Bäuerin und der Typ etwa Gewehre im Wald deponiert? War es die Polizei gewesen? Wer auch immer sie angegriffen hatte, die Ballerei war komplett schiefgelaufen! Und Alexej hatte es auch noch erwischt.
    Grimmig kämpfte sich Roman durch das dichte Unterholz. Er war Profi genug, um sich nicht von Gefühlen leiten zu lassen. Er hatte handeln müssen. Sein Kumpan war tot, da war nichts mehr zu machen gewesen. Doch sein Magazin war leer, er musste weg, nur weg von diesen schießwütigen Gegnern. Die Strecke zurück zum Wagen schien ihm zu riskant. Sollten die Bullen das Auto doch entdecken, es war sowieso gestohlen. Also hatte er sich entschlossen, den Hügel hinaufzuschleichen und tiefer in den Wald vorzudringen. Vielleicht hatte er Glück und diese Lobbisch irrte noch irgendwo herum. Falls er sie treffen sollte, würde er ihr und ihrem Begleiter mit bloßen Händen das Genick brechen.
    Immer wieder schlitterte Roman rückwärts den Hang hinab. Manche Stellen waren steiler, als es der Geländeverlauf vermuten ließ. Er würde sich seinen Anzug vollends ruinieren. Als er wieder einmal abrutschte, schlug er mit dem Schienbein gegen einen kleinen Felsen. Jeder normale Mensch hätte vor Schmerz gestöhnt, aber er war aus einem anderen Holz geschnitzt. Er rappelte sich auf und setzte unbeirrt seinen Weg fort. Er hatte nur noch einen Gedanken im Kopf: Diese Bäuerin musste er kriegen. Koste es, was es wolle … Und er musste unbedingt den Boss anrufen, sobald er wieder in die Zivilisation zurückkehrte. Viktor würde sicher toben, wenn er hörte, dass die Sache gehörig danebengegangen war. Aber es konnte doch auch wirklich nicht so schwierig sein, eine Bäuerin zu fangen! Wie hatten sie das nur vermasseln können? Er hatte es schon häufiger mit viel kräftigeren und gefährlicheren Gegnern zu tun gehabt. Ausgerechnet eine zierliche Bäuerin entkam ihm!
    Endlich erreichte er eine unbeleuchtete Landstraße und konnte diesen dreckigen Wald hinter sich lassen. Er orientierte sich kurz und erkannte schnell, dass er in der Nähe von Ratemicke war. Im Mondlicht folgte Roman dem Weg in Richtung Dorf. Sobald er dort angekommen war, wollte er sich nach der Lobbisch umschauen. Erst wenn er sie dort nicht fand, würde er Viktor anrufen müssen und sich von ihm abholen lassen. Nach der Schießerei im Wald würde die Polizei bestimmt bald im Ort auftauchen.
    Roman ging einige Minuten den Weg entlang, als er plötzlich seinen eigenen, lang gezogenen Schatten auf dem Asphalt erblickte. Reflexartig drehte er sich um. Die Scheinwerfer eines Autos näherten sich schnell. Hastig sprang er in das dichte Buschwerk am Straßenrand. Nach wenigen Sekunden raste der Wagen mit unverminderter Geschwindigkeit an ihm vorbei. Der Fahrer hatte ihn bestimmt nicht gesehen, dafür war er zu flink gewesen. Aber seinen Anzug konnte er jetzt komplett in den Müll werfen!
    Leise fluchend betrat er wieder die Fahrbahn. Nach einigen Gehminuten erreichte er das Ortsschild von Ratemicke. Kurz danach tauchten bereits die ersten Einfamilienhäuser und Straßenlaternen auf. Wären die Fenster der Wohnungen nicht erleuchtet gewesen, hätte man meinen können, das Dorf wäre ausgestorben. Um sicherzugehen, verbarg sich Roman in den Häuserschatten, während er durch den Ort lief. Nach einer scharfen Kurve erblickte er in rund 200 Meter Entfernung das hell erleuchtete Schild der ›Dorfschenke‹. Roman kniff die Augen zusammen. Es brannte noch Licht im Gastraum, durch die Scheiben erkannte er schemenhaft Menschen. Er versteckte

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