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Mordsidyll

Mordsidyll

Titel: Mordsidyll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Zandecki
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Gelegenheit, Sie persönlich zu sprechen. Nur ein paar Minuten, danach breche ich den Kontakt ab, falls Sie das wünschen. Bitte, Frau Lobbisch, es wäre mir sehr wichtig.
    Ich habe vor, Sie nach meiner Entlassung zu besuchen und sende Ihnen diese Zeilen, damit Sie nicht unvorbereitet sind. Bitte weisen Sie mich nicht ab. Bitte.
    Mit freundlichen Grüßen
    Tim Mazcevski

    *

    Â»Ausgerechnet der Ruste«, raunte der Streifenpolizist dem jungen Polizeimeister Schröder zu. »Wenn du dir deine Karriere nicht versauen willst, halte dich von Ben Ruste fern.«
    Schröder schaute von seinen Notizen hoch, die er, wie er es während seiner Ausbildung gelernt hatte, sofort nach seiner Ankunft gemacht hatte. Er hätte sich nie träumen lassen, dass die Arbeit bei seiner neuen Dienststelle derart aufregend mit einem Gewaltverbrechen beginnen könnte. Der Tatort vor der Justizvollzugsanstalt Attendorn war großräumig mit rot-weißem Absperrband gesichert worden. Mehrere Einsatzfahrzeuge parkten davor, dazwischen standen wenige Passanten, die neugierig versuchten, etwas von dem Geschehen mitzubekommen. Die Kollegen von der Spurensicherung in ihren weißen Overalls suchten jeden Zentimeter ab. Überall standen kleine Markierungen mit Zahlen auf dem Boden. Der Tatort glich einem Ameisenhaufen, bei dem offenbar jeder wusste, was er zu tun hatte. Alles spielte sich genauso ab, wie er es aus seinen Lehrbüchern kannte.
    Zufrieden blickte Schröder zu dem Mann hinüber, der gerade aus einem dunkelgrauen Passat ausstieg. Der uniformierte Beamte neben ihm flüsterte ihm erneut zu: »Ben ist ein Fall für sich. Verdammt hohe Aufklärungsrate, allerdings ein notorischer Einzelgänger. Einer, der überall aneckt, wenn du verstehst, was ich meine.«
    Schröder nickte, wollte sich jedoch lieber selbst eine Meinung über seinen neuen Vorgesetzten bilden. Er wusste bereits, dass Bernhard Ruste trotz seiner Ende 50 jung geblieben war und von allen nur ›Ben‹ gerufen wurde. Es passte ins Bild, dass Ben Ruste in einem Kapuzenpulli, einer verblichenen Jeansjacke und schwarzen Cordhose steckte. Sein dichtes graues Haar trug er auf Kinnlänge. Schröder bemerkte, dass es strähnig war, und fragte sich, ob sein Chef Gel benutzt hatte oder sich einfach nur zu selten wusch.
    Er ging ein paar Schritte auf Ruste zu. Ȁh, sind Sie Kommissar Ruste?«
    Â»Der bin ich.«
    Â»Darf ich mich vorstellen? Polizeimeister Schröder, seit gestern auf der Dienststelle in Olpe tätig.«
    Â»Gut, gut. Viele neue Gesichter hier. Sind Sie mit den anderen hergekommen?« Ruste deutete auf einige junge Männer von der Spurensicherung.
    Â»Ja, wir sind die versprochene Verstärkung, ich bin Ihnen zugeteilt«, erklärte Schröder eifrig.
    Â»So, sind Sie das? Ich bin noch nicht dazu gekommen, meine Post zu lesen. Ich wusste gar nichts von Ihrem Kommen, sonst hätte ich es abgelehnt«, erwiderte Ruste.
    Schröder schluckte, so hatte er sich seinen Empfang nicht vorgestellt.
    Â»Aber wo Sie schon mal da sind, können Sie ja zeigen, was Sie leisten können. Also, wo ist die Leiche?«, fuhr Ruste fort.
    Â»Es gibt keine Leiche«, antworte Schröder prompt.
    Ruste blickte den Neuling verdutzt an. »Und warum bitte schön hat mich die Zentrale zu einem Mord beordert?«, fragte Ruste ungehalten. »›Mord‹ heißt, es muss auch eine Leiche geben, oder haben Sie in Ihrer Schule etwas anderes gelernt?«
    Â»Ja, sicher … äh, nein. Normalerweise ist das so. Doch in diesem Fall hat der Tote überlebt. Äh, ich meine, er wurde erstochen, war aber nicht tot   …« Schröder merkte, wie er ins Stottern kam.
    Bevor er von Neuem ansetzen konnte, ertönte eine tiefe Stimme hinter ihm. »Das vermeintliche Mordopfer wurde mit einem Messer niedergestochen, ist auf die Bordsteinkante gestürzt und hat das Bewusstsein verloren. Der Mann erlitt dadurch vermutlich eine Schädelfraktur. Hallo, Ben.«
    Schröder drehte sich um und stieß fast mit dem Rechtsmediziner zusammen. »Entschuldigung, Dr. Korfmacher«, murmelte er verlegen.
    Â»Hallo, Fabian«, warf Ruste mürrisch ein. »Also kein Mord. Wo ist das Opfer? Kann ich mit dem Mann reden und wer ist er überhaupt?«
    Als er und der Mediziner gleichzeitig ansetzten, zu antworteten, entschuldigte sich Schröder verlegen und ließ den auch

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