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Mordsmöwen

Mordsmöwen

Titel: Mordsmöwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sine Beerwald
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heutige Jugend würde mal Dankbarkeit zeigen?
    »Alter Falter, das hat aber gedauert, bis mich mal einer gefunden hat. Ihr habt mich ja offensichtlich nicht sehr bald vermisst.«
    Ich bin drauf und dran, Grey zu packen und ihn wieder in die Felsspalte zu stecken. »Dir müsste man deinen frechen Schnabel zubinden! Hast du eigentlich die geringste Ahnung, welche Sorgen wir uns um dich gemacht haben? Dein Vater denkt, du wärst ertrunken – tot!«
    »Papa? Er macht sich tatsächlich Sorgen um mich?« Grey klingt plötzlich kleinlaut.
    »Ja, logisch! Deshalb hat er sich sogar noch mit unserem Scheff ordentlich in die Daunen gekriegt. Wir sollten gleich mal zur Friesenkapelle rübergehen, dort sind die beiden und rupfen sich gegenseitig die Federn aus.«
    Grey sieht nicht sehr begeistert aus. »Aber er ist bestimmt böse auf mich, weil ich abgehauen bin.«
    »Er wird heilfroh sein, dich lebend zu sehen. Warum bist du nur dieser stumpfsinnigen Idee gefolgt, von der Truppe abzuhauen?«
    »Ey, chill mal.«
    Okay, denke ich. Da ist er wieder, unser Grey. Seine Reumütigkeit hat nicht lange angehalten. Aber es kommt noch dicker.
    »Ich bin mit meinen vier Jahren fast erwachsen und will sowieso nicht mehr zur Truppe gehören. Ihr hackt doch immer nur auf mir rum – nichts kann ich euch recht machen.«
    Ich will mich nicht darauf einlassen und wende mich zum Gehen. »Komm, junge Möwe, das klärst du am besten mit deinem Vater.«
    »Ich bin alt genug, meine eigenen Entscheidungen zu treffen.«
    »Ähm, und wo bitte willst du hingehen?«
    »Keine Ahnung. Aber hier in Wenningstedt ist es voll cool. Es gibt Neubaureviere mit Fischbrötchen, jede Menge Spielplätze und den Dorfteich, wo man Enten ärgern kann. Was will ich denn mehr? Hier ist immer was los, und ins Möwenkino nach Westerland isses nur einen Flügelschlag weit. Hörnum liegt doch am Arsch der Welt. Und hier gibt es Menschen mit Humor. Warst du mal in der Friesenkapelle drin? Ich hab so was noch nie gesehen, aber das ist definitiv abgefahren: Unser heiliger Albatros in Menschengestalt an ein Lattenkreuz genagelt, damit es so aussieht, als ob er fliegen könnte. In Unterhose! Wie geil ist das denn? Also, ich bleib hier.«
    »Sag das deinem Vater. Ihm wirst du sowieso noch einiges mehr erklären müssen. Weshalb hast du überhaupt hier drin festgesteckt?«
    »Weil ich ein kleiner, unerfahrener Jungvogel bin?«
    »Na siehst du, da hast du’s.«
    »Genau. Als dämliche Jungmöwe habe ich den Schmuck zuerst im Dorfteich gesucht und mich dann vor dem Gewitter hier drin in Sicherheit gebracht. Als ich mich ein bisschen umsah, habe ich, gar nicht so dämlich, die von Fietje versteckte Beute entdeckt.« Mit dem Flügel zeigt er auf die Stelle, wo er festgesteckt hat.
    Tatsächlich. Im Zwielicht ist sie zwar kaum erkennbar, aber da liegt eine dunkle Schatulle in der Felsspalte.
    »Und, bin ich immer noch ein kleiner, dummer, unerfahrener Jungvogel?« Grey sieht mich triumphierend an. »Schlau gedacht von Fietje, weil kaum ein Mensch da hinschaut. Die meisten können hier drin wegen ihrer Größe nur sitzen, und zwar mit dem Rücken zum Felsen. Aber nicht clever genug für eine Möwe wie mich.«
    Ich schaue mich um und begutachte die Felsspalte. »Aber wo ist der restliche Schmuck? Er hat doch noch mehr von Knuts Mutter erpresst als diese Schatulle.«
    Jetzt fängt Grey an zu lachen. »Ich sag’s ja. Ich bin echt falsch bei der Truppe. Möwe in einer Mordkommission willst du sein? Ein Blindfisch bist du. Guck mal in die Nische da oben oder in die dunkle Ritze da. Blöd nur, dass die Sachen so festsitzen, dass nicht mal ich mit meinem dünnen Schnabel sie rausbekomme.«
    Na super, denke ich. Jetzt leistet eine Jungmöwe hier die Aufklärungsarbeit. »Komm jetzt«, sage ich barsch. »Wir müssen zu deinem Vater und mit unserem Scheff beraten, wie wir der Polizei diese Entdeckung mitteilen.«
    Von Baron Silver de Luft ist weit und breit nix zu sehen. Dafür sitzt Harry ziemlich zusammengefaltet mit geschlossenen Augen an der rückseitigen Kirchenmauer.
    Ich räuspere mich. »Harry, dein Sohn ist wieder …« Weiter komme ich nicht. Harry springt auf, nein, okay, er rappelt sich auf und humpelt auf seinen Sohn zu. Wortlos legt er ihm einen Flügel um die Schultern und drückt ihn an sich.
    Grey senkt den Kopf. »’tschuldigung, Papa.«
    Harry wischt sich verstohlen eine Träne aus dem Auge. »Schon okay, war mein Fehler. Ich hab was kapiert. Eine kriminelle Vereinigung ist

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