Mordspech (German Edition)
sollte doch gemeinsam mit der Puffmutter …«
»… das ist eine Nachtclubbesitzerin«, mahne ich genervt politische Korrektheit an.
»Meinetwegen«, erwidert Matuschka. »Jedenfalls habe ich mit der versucht, ein Bild des Informanten zu erstellen. Und das«, er legt das Phantombild auf den Tisch, »ist dabei herausgekommen! Er erinnert mich an irgendeinen Schauspieler …«
»Schall«, sagt Beylich, der sich das Bild als Erster anschaut. »Wie der junge Ekkehard Schall.«
Nie gehört, denke ich. Muss ein Ostschauspieler sein. Ich werfe ebenfalls einen Blick auf das Bild und erstarre: Das gibt’s doch nicht! Wird man den Kerl nie los? Das ist doch einfach nicht zu fassen!
»Kennen Sie den Mann?« Die beiden BKA -Leute haben meinen verdutzten Blick bemerkt. Jetzt heißt es cool bleiben.
»Nein«, sage ich so gelassen wie möglich, »ich habe dieses Gesicht noch nie gesehen.«
Was eine glatte Lüge ist. Denn das Phantombild zeigt eindeutig Siggi, gar keine Frage. Das ist Siegbert Meyer. Stasi-Siggi. Die Nervensäge. Der Mann mit dem Roadster. Monikas Exmann.
Ein Hammer! Was hat der Kerl nun wieder in dieser Geschichte zu suchen? Wieso wollte der sich mit Kawelka treffen? Und was für Informationen wollte er dem Reporter geben?
Plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Die Bombe unter Siggis Auto! Natürlich war sie für ihn bestimmt und nicht für mich. Ihn wollten die Täter ausschalten, so wie sie’s vorher schon mit Kawelka gemacht haben. Siggi war sein Informant, und deshalb soll er jetzt ebenfalls sterben.
Verdammt, ich muss ihn warnen. Ich muss ihn ganz dringend warnen!
Bevor es zu spät ist.
24 MEYER SASS auf einem wackeligen Holzsteg, der durch einen schmalen Schilfgürtel bis zum Wasser führte, und gähnte lang anhaltend. Gott, war er müde. Und trotzdem konnte er nicht schlafen.
Das Wochenendhaus der Dipl.-Psych. hatte sich tatsächlich als eine erbärmliche Bruchbude herausgestellt. Ein windschiefer Holzschuppen, irgendwann in den zwanziger oder dreißiger Jahren für einen naturverbundenen Großstädter gebaut, keine vierzig Quadratmeter groß, wenn man die ehemals verglaste Terrasse mit einbezog.
»Ich komme nicht wirklich dazu, hier was zu machen«, hatte sich die Psychologin entschuldigt und ihm im kargen, nur mit einem abgewetzten Sessel und einer klapprigen Kommode eingerichteten Raum ein Campingbett aufgeklappt.
Tja, wozu braucht sie dann die Hütte, dachte Meyer grimmig, wenn sie keine Zeit dafür hat?
Es gab keinen Strom und kein fließend Wasser. Als einzige Lichtquelle diente eine blakende Petroleumlampe, und wer sich waschen wollte, musste durch den verwilderten Garten zu einer vorsintflutlichen quietschenden Handpumpe laufen, die rostig zwischen Bauschutt und wild wuchernden Brennnesseln stand. Als Toilette diente ein Plumpsklo in einem separaten Bretterverschlag hinter dem Haus. Ein Kabuff wie aus einem Comic, da fehlte nur noch das herausgesägte Herzchen in der Tür.
Fast wehmütig dachte er an die gemütliche Wohnung der Dipl.-Psych. am Botanischen Garten zurück. Da hätte er es für eine Weile aushalten können. Da gab es den gewissen Komfort, den Meyer so schätzte. Und für einen Augenblick sah es nach dem Essen auch so aus, als könne man sich die Fahrt hier raus an den Schwielowsee sparen. Da hatte sie ihn so eigenartig angesehen, mit einem Blick, den Meyer sofort als Verliebtheit interpretierte.
Welche Frau betört es nicht, wenn sie von einem von Gangstern verfolgten Helden mit Pasta bekocht wird? Darauf stehen die Weiber, zumindest in Filmen klappt das immer. Harte Typen, noch blutig von der letzten Schlacht, lassen beim weiblichen Geschlecht den Hormonspiegel steigen.
Doch Meyer war wahrscheinlich nicht blutig genug, denn als er die Dipl.-Psych. an sich riss, um sie noch in der Küche in Grund und Boden zu knutschen, hatte sie sich entschieden losgerissen und ihm eine saftige Ohrfeige verpasst. Sehr heftig, seine Wange brannte immer noch. Wahrscheinlich war er zu gut gekleidet. Zu wenig abgerissen. Wahrscheinlich hätte er halb nackt bei ihr auftauchen müssen, abgehetzt und schwitzend. Nur im verdreckten Unterhemd wie Bruce Willis in »Stirb langsam 3«, kaputt und völlig fertig, doch wild entschlossen, die Welt zu retten.
Meyer sah trübsinnig auf den See. Inzwischen war es dunkel geworden, und auf den schwarzen Fluten spiegelte sich der Mond. Ein seltenes Bild in diesem verregneten Sommer. Meist war es bedeckt. Doch heute schien der
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