Mordspech (German Edition)
getroffen werden sollte, der in einer Ladenwohnung im Erdgeschoss der Belziger Straße 75 sein Büro hat.«
»Worauf stützen Sie diesen Verdacht noch?« Goerdeler macht sich Notizen und sieht auf. »Allein auf die Tatsache, dass sich das Büro des Reporters ebenfalls im Zielgebiet des Schützen befand?«
»Der Reporter wurde, Kriminaloberrat Palitzsch hat es vorhin erwähnt, ebenfalls tot aufgefunden«, erwidert Hünerbein ruhig. »Erdrosselt mit dieser Drahtschlinge«, er zeigt auf ein Foto derselben an der Pinnwand, »und noch während vor Ort die Ermittlungen zum Tod des Fahrradboten liefen.«
»Und das hat niemand gemerkt?« Goerdeler schüttelt den Kopf. »Niemand fiel auf, dass da noch ein Mord geschah?«
»Nein. Damit konnte keiner rechnen.« Hünerbein fährt fort: »In der Wohnung des toten Kawelka fanden wir den Hinweis, dass sich der Journalist noch am Dienstagvormittag im Nachtclub ›Four Roses‹ mit einem Informanten treffen wollte. Wir nehmen daher an, dass dieses Treffen durch den Mord verhindert werden sollte. Zudem sagte die Betreiberin des Nachtclubs aus, dass Kawelka an einer größeren Sache dran gewesen sei.«
»Was für eine größere Sache?«
Hünerbein überlegt einen Augenblick. »Das konnte uns die Nachtclubbesitzerin leider nicht sagen. Sie sprach nur von einer angeblich heißen Story, an der Kawelka gearbeitet habe. Worum es dabei genau ging, wusste sie nicht.« Er sieht die BKA -Männer bedauernd an. »Das war’s.«
Geschickt, denke ich. Er verschweigt ihnen einfach unseren Kontakt zu Enzo und somit auch unser Wissen um den unterirdischen Wehrmachtsbunker in Brandenburg. Nicht schlecht. So können wir vielleicht erfahren, ob das BKA darüber schon im Bilde ist.
»Das war’s?« Die BKA -Leuten scheinen mehr erwartet zu haben. »Und der Sprengstoffanschlag heute Morgen?«
»Das ist ein anderer Fall.«
Hünerbein setzt sich wieder. »Wir jedenfalls haben keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Bombe in der Akazienstraße auch nur ansatzweise mit dem Fall Kawelka/Borngraeber in Verbindung zu bringen ist.«
Cleverer Hund. Ich muss mühsam ein Grinsen unterdrücken. So mag ich meinen Hünerbein.
»Und Ihre Ermittlungen in Potsdam?«
Na also! Hünerbein und ich schauen uns wissend an. Davon also haben sie Wind bekommen. Sind die Kerle deshalb hier?
Hünerbein stellt sich ahnungslos. »Was für Ermittlungen in Potsdam?«
»Sie waren heute im brandenburgischen Umweltministerium«, wird BKA -Mann Goerdeler deutlicher. »Sie haben sich dort …« Er schaut in seine Notizen. »… wegen einer unterirdischen Produktionsstätte für chemische Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg umgehört.«
»Richtig«, nickt Hünerbein. »Wir sind da einem Verdacht nachgegangen, der sich als unbegründet erwiesen hat.«
»Was für einem Verdacht sind Sie denn nachgegangen?« Die BKA -Leute lauern.
»Nun, im Körper des toten Kawelka, das hat die Obduktion festgestellt, fanden sich Spuren eines chemischen Giftes«, antwortet Hünerbein. »Chlortrifluorid. Da Kawelka sich vor seinem Tod öfter im Land Brandenburg herumgetrieben haben soll, wollten wir von den dortigen Umweltbehörden wissen, wo er sich diese Vergiftungen geholt haben könnte. An einen alten Wehrmachtsbunker dachte ich dabei, weil ich mal irgendwo so etwas gelesen habe. Dass die Nazis dort im Krieg mit chemischen Waffen experimentierten. Mit Chlortrifluorid.« Hünerbein lächelt listig. »Ich dachte, das könnte passen. Aber leider, leider, habe ich mich geirrt.«
»Sie haben sich geirrt?«
»Ja. Auch Genies liegen manchmal falsch, das ist eine bittere Erkenntnis. Es war ja auch nur ein ganz vager Verdacht«, Hünerbein winkt mit etwas zu ausholender Geste ab, »eine fixe Idee, nicht schlecht, aber völlig daneben. Jedenfalls ist da nichts dran. Der Kollege Knoop kann Ihnen das bestätigen. Die Mitarbeiter des Potsdamer Umweltministeriums haben uns glaubhaft versichert, dass ihnen keine derartigen Anlagen bekannt sind. Kawelka muss sich seine Vergiftungen woanders geholt haben.«
»Mhm«, macht Goerdeler und notiert sich etwas. »Und dieser Informant?«
»Was für ein Informant?«
»Der Informant, mit dem sich Kawelka in dem Nachtclub treffen wollte.« Goerdeler sieht auf. »Was haben Sie zu dem?«
»Nichts«, erwidert Hünerbein, doch Matuschka widerspricht.
»Doch«, ruft er eifrig und holt ein Phantombild aus seiner Aktentasche. »Ich war doch mit dem Identikit im ›Four Roses‹! Das war doch mein Auftrag! Ich
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