Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Titel: Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
Vom Netzwerk:
kennen. Daraus ergibt sich die zwingende Verpflichtung, von staatlicher Seite aus alles zu tun, um eine solche Straftat aufzuklären. Würde man die Aufklärung davon abhängig machen, welcher Aufwand, welche Kosten und welche Erfolgsaussichten damit verbunden sind, wäre dies der Anfang vom Ende unseres Rechtsstaates.

5. BETRÜGER, NERDS UND EINE GOLDPRINZESSIN
    »Without evil there would be no good, so it must be good, to be evil sometimes.«
    Satan (in
South Park: The Movie
)
    Damit dieses Buch nicht durchweg blutig, grimmig und kniffelig daherkommt, möchte ich hier, wie schon in
Mordmethoden
, einen älteren Fall bringen, der aber viele Bezüge zur Gegenwart hat. Wo ich letztes Mal den Räuber Kneißl auswählte, der später zum Prototyp des Kinderbuch-Hotzenplotzes, Medienstars und Schürzenjägers mutierte, soll es dieses Mal eine charmante Betrügerin sein. Vielleicht erwärmt sich auch Ihr Herz für die kluge Henriette Wilke, deren Fall Willibald Alexis und Julius Eduard Hitzig im 19. Jahrhundert wie folgt beschrieben haben. Und sollten Sie über die freche Tat schmunzeln, dann denken Sie an die Menschen, die Frauen auch heute noch ins Netz gehen. Besonders breitgetreten wurde in den letzten drei Jahren beispielsweise der Fall jener Blondine, die man auch schon als »Busenwitwe« bezeichnet hat. Laut Zeitungen ist sie nie älter als fünfunddreißig Jahre und stammt wie unsere Goldprinzessin aus bürgerlichen Schichten. Mit Charme und Tränen versucht sie, sich in höhere Schichten – zeitweise, wenngleich letztlich erfolglos, sogar in den Adel – vorzukämpfen. Ob sie dabei scheitern oder siegen wird, ist derzeit noch offen. Schauen Sie in der Zwischenzeit, wie es der Goldprinzessin auf ihrem steilen Weg mitten ins milde Herz des Königs ergangen ist. Schreibweise und Sprache des Textes wurden maßvoll der heutigen Zeit angepasst.
Die Goldprinzessin
    In den Jahren 1835 und 1836 gab es nur wenige Menschen in Berlin, die nicht von der Goldprinzessin gehört hätten. Sie war allgemein Gegenstand der Unterhaltung und beschäftigte die höheren Kreise der Gesellschaft. Doch noch mehr war sie Gegenstand der Neugier, der Bewunderung und des Staunens in den unteren Schichten. Wenn ihr Wagen durch die Straßen rollte, raunte man sich zu: »Dort kommt sie.« Wenn er vor einem Haus, einem Laden hielt, sammelten sich Neugierige in respektvoller Entfernung, aber auch die Fenster der umliegenden Häuser öffneten sich. Selbst Personen, die sonst dem Kitzel für Wunderdinge mit ungläubiger Miene oder einem verächtlichen Achselzucken begegneten, konnten nicht widerstehen, den Kopf hinauszustecken, um zu erfahren, wie das Wunderkind denn aussah.
    Man sagt, dass Berlin, so wie alle großen Städte, wo es viele Müßiggänger gibt, wenn nicht alljährlich, so doch ein ums andere Jahr zur Belebung des Alltagslebens einer Nahrung aus dem Reich des Wunderbaren bedürfe. Wenn dieses Verlangen nur lebhaft genug werde, dann böte sich der Stoff von selbst dar.
    Die Goldprinzessin von Berlin schien zu den Spukgestalten der eher schalkhaften Art zu gehören. Sie galt zwar als anmutiges Mädchen. Die Kritik behauptete aber schon bald nach Aufkommen der ersten Gerüchte, dass sie bloß eine Mystifikation sei. Es passte alles zu gut zusammen, um wahr zu sein.
    Aufgetaucht – man wusste nicht wie – entfaltete die junge Dame einen Glanz, der Neid erregte. In einer unglaublich eleganten Kutsche fuhr sie durch die Berliner Straßen, und Spazierfahrten, anfänglich mit gemieteten Pferden und Wagen, wurden bald darauf mit eigenen bestritten. Sie hatte mindestens zwei schöne Pferde gekauft, deren Futterlieferungen allein monatlich über fünfzig Taler kosteten.
    Außerdem wurden ihr für die gleiche Summe täglich nochzwei zusätzliche Pferde bereitgestellt. Anfangs hatte sie sich mit bescheidenen Wohnungen begnügt, doch schon bald mietete sie größere, kostbarere, dann eine ganze Villa, zuerst in Charlottenburg, dann im Tiergarten. Sie richtete sie selbst mit dem ausgesuchtesten Mobiliar ein. Sie hielt einen Diener, der sehr im Vertrauen seiner Herrin zu stehen schien, einen Kutscher, eine Köchin, ein Dienstmädchen und eine Gesellschafterin!
    Man sah die schicke Kutsche und die Dame mit ihrer Begleiterin Tag für Tag auf den Straßen; im Winter war sie fast jeden Abend im Theater. Sie hielt stundenlang vor den besten Geschäften an und kaufte dort kostbare Stoffe, Schmuck, Uhren, silberne Leuchter, Geschirr, auch

Weitere Kostenlose Bücher