Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt
von ihm eine SMS mit den Worten: »Mir geht es gut. Alles in Ordnung.« Seitdem herrscht absolute Funkstille. Dreimal versucht Vater Petroll, seinen Sohn bei der Polizei als vermisst zu melden. Doch da der erst wenige Tage verschwunden und zudem längst volljährig ist, beschwichtigen ihn die Beamten und raten, erst einmal ein paar Tage zu warten. Ein Erwachsener dürfe sich schon mal fortbewegen, ohne sich bei seinem Vater abzumelden.
Um den verschwundenen Lars-Oliver sorgen sich allerdings noch zwei weitere Personen. Sie haben beide engen Kontakt zur Firma AUBIS, die in einen der schlimmsten Finanzskandale Deutschlands verwickelt ist, den sogenannten Bankenskandal. Im Jahr 1994 hatten sich drei Banken zur Bankgesellschaft Berlin zusammengetan, um über Tochterfirmen und fette Kredite Baugeschäfte in Berlin durchzuziehen. Weil eine der an der Gesellschaft beteiligten Banken, die LandesbankBerlin, dem Land gehörte, wurde das Land Berlin rechtlich gesehen Bürge für die nun folgenden gewagten Geschäfte.
Besonders mit Plattenbauten versuchte die Bankgesellschaft ihr Glück. Dazu kauften die beiden CDU-Mitglieder Dr. Christian Neuling und Klaus Wienhold – sie waren die Chefs der mit der Bankgesellschaft verbandelten AUBIS-Gruppe – verschuldeten Gemeinden riesige Wohnblocks ab. Obwohl AUBIS selbst kein Geld hatte, konnte die Gruppe über die Bankgesellschaft auf Kredite von über dreihundert Millionen Euro zugreifen und damit arbeiten.
Ab dem Jahr 2000 häuften sich allerdings Probleme, da die Geschäfte nicht ins Rollen kamen. Im Frühjahr 2001 trat deswegen sogar der Berliner CDU-Politiker Klaus-Rüdiger Landowsky von seinen Ämtern (als Vorstandschef der Berlin Hyp und Fraktionsvorsitzender) zurück. Ihm wurde vorgeworfen, vierzigtausend Euro in bar von der AUBIS-Gruppe angenommen zu haben. Das Trauerspiel dauerte bis 2003, als das Land Berlin durch die astronomischen Verbindlichkeiten, für die es dummerweise gebürgt hatte, komplett in die Knie gezwungen wurde. Nicht nur mussten zwei Milliarden Euro an Soforthilfen gezahlt werden, sondern auch fast zweiundzwanzig Milliarden Euro an Risikobeträgen aufgefangen werden. Doch einen derartigen Betrag kann niemand auffangen, erst recht nicht das sowieso schon bankrotte Land Berlin.
Zwei AUBIS-Mitarbeiter sind also auf der Suche nach ihrem Programmierer: der Rechtsanwalt Andreas Lieske und Carola Clement, frühere Chefsekretärin bei AUBIS und einst Geliebte von Petroll. Diese beiden stehen nun drei Wochen nach dem Verschwinden des Programmierers plötzlich vor der Wohnung eines Freundes von Lars-Oliver. Der Freund heißt Sebastian Biermann, und die erste Frage, die ihm die beiden unerwarteten Gäste stellen, lautet: »Weißt du etwas von einem Päckchen, das Lars-Oliver hat? Wo könnte es sein?«
Biermann weiß von keinem Päckchen und versteht auch nicht recht. Nun, sagen die beiden, eigentlich seien sie garnicht deswegen gekommen. Eigentlich sorgten sie sich um Lars-Oliver. Es hätte sich nämlich jemand vom Reichstag gestürzt, und sie fürchten, dass es der gemeinsame Freund gewesen sein könnte. Das ist allerdings merkwürdig, denn in den Zeitungen steht, dass es sich um einen sechsunddreißigjährigen Künstler handelt. Der verschwundene Petroll ist aber erst zweiunddreißig und Programmierer, kein Künstler.
Und noch jemand macht sich kurz darauf auf die Suche nach Lars-Oliver: sein alter Freund Carsten Risken. Er ist wie Petroll Computerfachmann und versucht ab dem 1. November, Petroll in Berlin als vermisst zu melden. Doch auch er hat damit keinen Erfolg: Als Freund könne er niemanden als vermisst melden, teilt ihm ein Beamter mit.
Kurz entschlossen fährt Risken am selben Tag nach Berlin, um selbst nach Petroll zu suchen. Abends kommt er an. Um in den Hausflur zu Petrolls Wohnung zu kommen, drückt er auf alle Klingeln, bis irgendwer öffnet. Carsten Risken wundert sich: Die beiden Briefkästen Petrolls – ein privater und einer für sein geplantes Internetcafé Pashatel, quellen über.
Erwartungsgemäß rührt sich auch in Petrolls Wohnung in der dritten Etage nichts. Da der Türspion herausgefallen ist, kann Risken durch das entstandene Loch in eine verlassene und unbelebte Wohnung sehen. Er ruft daraufhin Lars-Olivers Vater an und fragt, ob es etwas Neues gibt. Doch auch der hat seit der schon erwähnten SMS nichts mehr von seinem Sohn gehört.
Einige lose Fäden verbinden sich
Zehn Tage später, am 12. November 2001, kommt Bewegung in
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