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Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Titel: Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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war es dann? Sollte etwa jemand unter einer aufgeknüpften Leiche herumgekrochen sein und es geklaut haben? Hatte Petroll es mit Wucht und in sehr hohem Bogen irgendwo in den Wald geworfen, wo es niemand finden konnte? Warum sollte er das tun? Hier passte nun wirklich gar nichts mehr zusammen.
    Allerdings passte das Fehlen aller persönlichen Gegenstände sehr gut zu der Tatsache, dass irgendjemand all das von Petroll hatte verschwinden lassen, was für die Abwehr eines Erpressungsversuchs von Belang gewesen wäre. Denn weder seine tragbare Festplatte, die er nach Aussage seiner Freunde immer bei sich trug, noch sein Cassiopeia-Minicomputer, noch seine Digitalkamera, die er als elektronisches Tagebuch nutzte, tauchten jemals wieder auf. Seltsam ist auch, dass Petroll seinem Freund Biermann gesagt hatte, dass er sich am Abend seines Verschwindens mit Carola Clement treffen wollte – der Exsekretärin von AUBIS also, die auch alles über die silberne Reisetasche mit den »Liebesbriefen« wusste und die zusammen mit AUBIS-Anwalt Andreas Lieske auf der Suche nach den vermeintlichen »Päckchen« war.
    Diese Aussage Biermanns hätte Carola Clement bei der Kripo normalerweise schwer in Bedrängnis gebracht. Sie strittaber rundweg ab, dass ein abendliches Treffen mit Petroll geplant war. Aus dem Befragungsprotokoll der Polizei:
    Frage:
»War dem nun so?«
    Clement:
»Er war nicht bei mir.«
    Frage:
»Waren Sie denn verabredet?«
    Clement:
»Nein.«
    Frage:
»Wann hatten Sie den letzten persönlichen oder telefonischen Kontakt?«
    Clement:
»Mitte Juni habe ich ihn mehrfach in der Firma gesehen… Das definitiv letzte Telefongespräch hatte ich mit ihm am 27. September.«
    Frage:
»Warum können Sie sich an dieses Datum so genau erinnern?«
    Clement:
»Weil ich eine Art Tagebuch führe.«
    Frage:
»Gab es anlässlich des Telefonats vom 27. September eine Verabredung?«
    Clement:
»Nein, von einem Treffen oder einer Verabredung war keine Rede.«
    Wie sollte man diese Aussage widerlegen? Es gab keine Handy-Daten, mit denen man hätte prüfen können, ob der Programmierer nicht doch an diesem Abend mit Frau Clement gesprochen hatte; und Zeugen gab es erst recht nicht.
    Auch ansonsten gab sich Carola Clement schmallippig. Als sie von den Ermittlern gefragt wurde, ob sie gewusst habe, dass Petroll Datenmaterial beiseitegeschafft habe, sagte sie mit beneidenswerter Kühle: »Das entzieht sich meiner Kenntnis. Ich habe das auch nur aus der Presse, und daher kann ich zu diesem Thema überhaupt nichts sagen.«
Ein Ende mit Schrecken
    Damit endet die Causa Petroll. Er hatte seine Kräfte an Mächten erprobt, die wesentlich mehr zu verlieren hatten als er. Er hatte seine Finger direkt auf dem roten Knopf, und seine Daten hätten vermutlich viele der Beteiligten an einem der größten Finanzskandale Deutschlands noch weiter hinabgerissen, als es schon geschah. Für wie lächerlich gering man aber die Bedrohung anfangs hielt, zeigt die Tatsache, dass er mit zehntausend Mark abgespeist wurde, während die in den Skandal verwickelten Manager nebenbei Scheinfirmen auf den Kaimaninseln gründeten und zweistellige Millionenbeträge hin und her schoben.
    In welcher Liga die Beteiligten wirklich spielen, wurde erst deutlich, als am 16. April 2002 der Haftbefehl gegen den AUBIS-Chef und CDU-Politiker Neuling nach sechswöchiger Untersuchungshaft ausgesetzt wurde. Er wurde gegen die unvorstellbar hohe Kaution von neunhundertfünfzig Millionen – also fast einer Milliarde! – Euro freigelassen.
    Meine abschließende Stellungnahme zum Tatort lautete: »In diesem Fall gibt es viele unbeantwortete Fragen, und die verschwinden nicht. Im Gegenteil. Je mehr man sich mit diesem Fall beschäftigt, umso zwingender drängen sich die Fragen auf.«
    Auch der Berliner Abgeordnete Frank Zimmermann, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zum Bankenskandal, hat sich vergeblich für eine Wiederaufnahme der Ermittlungen eingesetzt. Er ist sich sicher: »Schon nach dem, was wir bisher wissen, ist im Fall Petroll ein Fremdverschulden deutlich wahrscheinlicher als ein Freitod.« Bei dieser Einschätzung mag auch eine Rolle gespielt haben, dass AUBIS-Chef Wienhold früher bei der 2. Mordkommission der Berliner Polizei gearbeitet hatte… sogar ein entsprechender Brief ging bei der Polizei ein. Er stammte von Kurt Schulz, einem ehemaligen Kommissar und Kollegen Wienholds. »Betr.: Hinweis zur bisher ungeklärten Todesursache des Herrn Lars-Oliver P.,

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