Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Titel: Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
Vom Netzwerk:
weiter sagt er: »Damals habe ich die Äußerungen des Herrn Asmus nicht sehr ernst genommen, doch als ich Anfang Januar erfuhr, was mit Petroll kurze Zeit nach meinem Treffen mit Asmus geschehen war, bekamen die Worte für mich eine ganz neue Bedeutung. Petroll kannte ich gut genug, um zu wissen, dass er kein Selbstmordkandidat war.«
    Und nun endlich reagiert das System. Das LKA wird um Mithilfe gebeten. Es geht um einen möglichen Mord. Doch lange wird nicht ermittelt. Nach einer Tatortbesichtigung kommen die LKA-Ermittler zu dem Schluss, dass »die bisherigen Ermittlungen eindeutig für eine Selbsttötung Petrolls durchErhängen sprechen«. Die Birkenhölzer sollen griffbereit im – tatsächlich stark genutzten – Wald gelegen haben. Die Hölzer muss er dann als Steighilfe aufgeschichtet haben, auf die Pyramide geklettert sein, das Seil um den Ast geschlungen und sich daran erhängt haben.
    Viel mehr ist auch wirklich nicht zu tun, denn die Rechtsmediziner können auch nur bestätigen, dass Petroll an einer Erhängung gestorben ist. Hinweise für Gewalt durch andere Personen finden sie nicht: »Befunde, die zwingend an eine andere Deutung (als eine Selbsttötung) denken lassen, sind nicht erkennbar.« Es gibt also keinen Hinweis auf einen Mord. Es gibt aber auch keinen Hinweis darauf, dass kein Mord stattgefunden hat. In einem Satz: Es gibt keine Hinweise in irgendeine Richtung.
    Dass Petroll aber durch Erhängen gestorben ist, streitet niemand ab. Diese neutrale Feststellung kann man allerdings auch noch verdrehen, wie der »Einstellungsbescheid« – also die schriftliche Begründung, warum die Ermittlungen eingestellt wurden – demonstriert. Dort heißt es: »Die Staatsanwaltschaft kommt an den eindeutigen Feststellungen des international renommierten Gerichtsmediziners Prof. Dr. med. Dr. h. c. Volkmar Schneider nicht vorbei, wonach ein Fremdverschulden am Tod Petrolls auszuschließen ist.« Das hat Prof. Schneider aber nicht gesagt. Die Staatsanwälte sind einer der häufigsten Verwechslungen vor Gericht auf den Leim gegangen: Wenn der Sachverständige das eine (Mord) nicht bestätigt, dann muss das andere (Selbsttötung) automatisch richtig sein. Doch so einfach ist es nicht.
    Wie dem auch sei, die Leiche war ohnehin nicht mehr untersuchbar, als die Ermittlungen in Fahrt kamen: Petrolls Körper war samt aller Kleidungsstücke einschließlich der Schuhe eingeäschert worden.
Verstrickungen am Fundort
    Susanne Opalka und Olaf Jahn arbeiteten mittlerweile auf journalistischer Seite allein und produzierten nebenher noch ihre Sendungen und Artikel. Fast ein Jahr nach dem Tod des Nerds beschließen sie, den Fundort noch einmal selbst unter die Lupe zu nehmen.
    Dazu kaufen sie unter anderem ein fünf Meter langes, dreifaseriges Kunststoffseil mit einem Durchmesser von acht Millimetern – genau der Beschreibung der Polizei entsprechend. Mit einer Anleitung aus dem Internet basteln sie einen Henkersknoten und bringen ihn samstagsmorgens um acht Uhr an der Eiche an. Die nächsten fünfzehn Stunden verbringen sie im Wald mit Filmaufnahmen, bis es ihnen zu gruselig wird:
    »Mit zunehmender Dunkelheit wird es uns auch zu viert unheimlich. Drei Generatoren dröhnen und sorgen dafür, dass wir die alte Eiche ausleuchten können. Die Stimmung ist gespenstisch. Allein der Gedanke, dass wir dort nachts allein umherwandern sollten, ist uns allen unheimlich. Dass Petroll in dieser Lage noch die Nerven hat, sich einen Baum mit hohen Ästen auszusuchen, aus zusammengesuchten Birkenscheiten einen Holzstapel als Steighilfe zu bauen – das erscheint uns völlig abwegig. Aus Respekt vor dem Toten legen wir am Baum eine weiße Rose nieder. Dann verlassen wir in ziemlicher Hast den Wald.«
    Der Redaktionsleiter von Jahn und Opalka hat kurz darauf eine Idee und empfiehlt ihnen, mit Fritz Koraske zu sprechen. Koraske war eine Art Polizeioffizier bei der Nationalen Volksarmee der DDR gewesen. Zu seinen Aufgaben hatte es unter anderem gehört, Selbstmorde von Soldaten aufzuklären. In fast dreißig Jahren hatte er Hunderte Fälle von »Tod durch Erhängen« untersucht. Er knüpft für die Journalisten einen Henkersknoten und erklärt, dass der Knoten, einmal zugezogen, nicht mehr verrutscht – auch nicht bei ruckartigen Bewegungen. »Wenn Ihnen ein Profi das Seil so zuzieht«, erklärt er, »dannhaben Sie nicht den Hauch einer Chance. Bei der Nationalen Volksarmee haben die Nahkampfspezialisten das als Erstes gelernt: leise

Weitere Kostenlose Bücher