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Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Titel: Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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seinem Lager zu bleiben, bis der Frühling die Weiterreise ohne Lebensgefahr erlauben würde.
    Die Minenarbeiter waren vernünftig und folgten dem Rat des Häuptlings. Sie wurden sogar mit dringend benötigtem Mehl und Lebensmitteln beschenkt und auch sonst freundlich in den Stamm eingegliedert.
    Am 9. Februar hielten es aber sechs der Reisenden nicht mehr aus und brachen in Richtung des hundertzwanzig Kilometer entfernten Lagers Los Piños auf. Die Indianer begleiteten den wagemutigen Trupp noch fast fünfzig Kilometer, kehrten dann aber um. Der Proviant der Männer war für zehn Tage ausgelegt.
    Es dauerte allerdings nicht zehn, sondern fünfundsechzig Tage, bis einer der sechs Goldgräber namens Alferd »Al« Packer in Los Piños ankam. Packer berichtete zum Entsetzen der Belegschaft, dass er zuerst seinen Kumpan Israel Swan, der an Schwäche und Krankheit gestorben sei, aufgegessen habe – zunächst noch zusammen mit den vier anderen Eingeschneiten.
    Als Nächstes sei James Humphrey durch einen Unfall gestorben, dann Frank Miller. Diese Reihenfolge kam den Zuhörern allerdings verdächtig vor, denn nur Al Packer und Shannon Bell – beide als Letzte noch am Leben – waren bewaffnet gewesen. Als Vorletzter starb dann George Noon, bevor es auch Shannon Bell dahinraffte.
    »Falls die Geschichte, die Packer berichtet, auch nur halbwegs stimmt«, berichtete die Zeitung
Harper’s Weekly
im Oktober 1874, »dann kann man sich gut vorstellen, wie es den letzten beiden Überlebenden gegangen sein muss. An Schlaf war nicht zu denken, denn sie misstrauten sich nun beide mit gutem Grund – der Hunger muss zu diesem Zeitpunkt fürchterlich gewesen sein. In einem letzten Kampf tötete Packer schließlich Bell.«
    Seltsam erschien auch, dass Packer nach seiner Ankunft in Los Piños nie nach Essen fragte, obwohl er angeblich seit zwei strapaziösen Tagen nichts mehr zu sich genommen hatte.Packer wusste, dass man ihm nicht so recht glaubte, denn erstens hatte er bei seiner Abreise keinen Pfennig besessen, nun aber klimperte Geld in seiner Tasche. Zweitens weigerte er sich, einen Suchtrupp weiter als bis zu den letzten Camps zu führen. Die Folge war, dass Packer unter Mordverdacht geriet.
    Abb. 12: Alferd Packer, der Kannibale von Colorado, wurde aus dem typischsten Grund zum Kannibalen: Er war hungernd eingeschneit. (Repro: M. Benecke)
    Er konnte aber noch rechtzeitig entweichen, und zu seiner Flucht, so vermutet zumindest der Museumskurator David Bailey aus Colorado heute, wurde Packer vermutlich auch von der Angst getrieben, gelyncht und vom Mob aufgeknüpft zu werden. Da Packer nun als Zeuge verloren war, wurden die Leichen zunächst nicht gefunden.
    Wahrscheinlich wäre die Geschichte danach in Vergessenheit geraten oder zu einem örtlichen Gruselmärchen verkommen, hätte nicht der Zeichner und Fotograf John A. Randolph im August 1874 eine Sommertour in die Uncompahgre-Berge unternommen. Dabei stieß er auf fünf Leichen oder, besser gesagt, fünf fast skelettierte Körper, die in einem sehr dichten Waldstück versteckt lagen. Kleidung und Decken waren nochbei den Leichen, alles andere war verschwunden, einschließlich ihrer Schuhe und mitgebrachter Gegenstände.
    Abb. 13: Der Colorado-Kannibale musste sich in den kargen, verschneiten Bergen mit nichts am Leben halten und aß deswegen seine Kameraden. Das glaubte zumindest der Richter. (Abb. L. Fuß/M. Benecke)
    Abb. 14: Die Berichte von Alferd Packers kannibalischer Tat brachten es in großer Aufmachung in die Zeitungen, obwohl das Geschehen in einer bis heute extrem dünn besiedelten Gegend stattfand. (Quelle:
Harper’s Weekly
)
    Als man die Leichen näher untersuchte, stellte man fest, dass sie »Spuren von Gewalt« zeigten und demnach wohl ermordet worden waren. Unerklärlich blieb dabei, wer Packers Kumpanen die Schuhe geklaut hatte. Denn das musste geschehen sein, als sie noch lebten – anders war nicht zu erklären, warum sie sich noch zerrissene Kleidung um die Füße gewickelt hatten. Doch warum hatten sie die Decken, die um sie herum lagen, nicht verwendet? Und warum gab es etwas abseits eine Art Unterstand, so als ob dort jemand gehaust hätte, der nur ab und zu die Toten als Nahrung genutzt hatte? Denn dass die Leichen kannibalisiert waren, sah man unter anderem an den fehlenden Brustmuskeln der Opfer. Packer behauptete später, Shannon Bell sei der ursprüngliche Kannibale gewesen. Erst nach seinem Tod habe er sich am Lagerplatz eingeigelt und das

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