Mordsschock (German Edition)
Er schmierte eine fettige Glanzcreme als I-Tüpfelchen rein, bis das Ganze lächerlich aussah.
„Großartig Fred, das war das Beste, was du daraus machen konntest!“, lobte Sandra begeistert. Dann klingelte ihr Handy, und sie unterhielt sich genervt mit irgendeinem Michael: „Nein Micha, also ich habe dir gesagt, dass ich keinen Termin mehr frei habe. Ich muss am Freitag um sieben Uhr am Set sein. Nachmittags stehen zwei Modenschauen an, und am Wochenende schminke ich die Kaasberg. Du weißt, die lässt sich nur von mir zurechtmachen. Das musst du einsehen Micha, für deine Baronin Nixfeld habe ich keine Zeit.“ Sie kicherte albern ins Handy: „Außerdem ist die Frau über fünfzig. Da hilft nichts mehr! Und sie weigert sich ja standhaft, sich liften zu lassen. Also, bye Schnucki.“
„Irene Kaasberg habe ich mal zu Dreharbeiten begleitet. Sie sieht wirklich toll aus“, wollte ich meinen vermeintlichen Dorfpomeranzen-Schick wettmachen und mich ins weltstädtische Rampenlicht rücken.
„Irene Kaasberg? Nein, Karin Kaasberg. Die Sängerin.“
Nachdem der hochgelobte Fred, den Sandra so tüchtig fand, dass sie ihn am liebsten geklont hätte, sein Kunstwerk auf meinem Kopf vollendet hatte, legte die Meisterin los. Sie wirbelte mit einer Menge Tuben, Flaschen und Stiften um mich herum. „Oh Gott, was für Schlupflider!“, kreischte Sandra zu Fred rüber und schmierte mich rund um die Augen mit einer weißen Paste ein. „Wir müssen die Gucklöcher öffnen und herausholen.“
Angstvoll stierte ich auf die Pinzette in ihrer Hand. Wollte sie mir damit gewaltsam die Augäpfel ausstechen?
Aber sie hatte bereits einen neuen Makel gefunden und riss mir nun mit der Pinzette die Augenbrauen raus. Natürlich nicht alles. Drei Härchen ließ sie stehen, weil das gerade so trendy wäre. Meine schmerzenden Augenbrauen schwollen zu knallroten dicken Balken auf. Mit der weißen Paste im Gesicht konnte ich als Clown beim nächsten Kindergeburtstag auftreten.
Sandra betupfte nun die Haut mit braunen Cremes. „Großporig, unheimlich großporig! Die frisst das Make-up. Rauchst du?“, forschte sie streng.
Als ich bejahte, blickte sie mich furchterregender an als meine ehemalige Schuldirektorin, nachdem ich ihr einmal zwei Knallfrösche in die Tasche gesteckt hatte. Dauernd betupfte sie mich mit dem braunen Zeug. „Diese Haut frisst das geradezu“, plapperte sie wie eine hängen gebliebene Schallplatte vor sich hin und drückte meine Wangenknochen zusammen.
Ich schämte mich für meine gefräßige Haut. Zeit für eine nette kleine Glyx-Diät!
„Die Lippe ist schief und hat eine kleine Delle“, urteilte Sandra gnadenlos, während sie Lipgloss auftrug. Sie sprach mit Fred über mich, als wäre ich ein schrottreifes Auto beim TÜV.
Der gute Fred begutachtete die Prozedur gehässig. Nie würde er mir verzeihen, dass ich seine wahren Künste verschmäht hatte.
„Na ja, die Wimpern sind ganz okay, damit machen wir einiges wieder gut.“ Sandra zwang mich, an die Decke zu starren, um meinen Wimpern den richtigen Schwung zu verleihen.
Als ich einmal zwinkerte, drohte mir Fred mit dem Finger.
Sandra kitzelte mein Gesicht mit einer dicken Puderquaste. Es staubte so, dass ich hustete. Plötzlich überfiel mich ein mächtiger Juckreiz auf der Stirn.
Als Sandra sich über ihre Farbtöpfe beugte, kratzte ich mich heimlich.
Aber mein Feind, der Fred, hatte dieses Vergehen wahrgenommen und regte sich mit seiner Fistelstimme darüber auf.
„Nein, das darfst du nicht!“, schimpfte Sandra.
Kratzen verboten! Langsam fühlte ich mich meiner Menschenrechte beraubt.
Sandra und Fred sprachen über meinen Kopf hinweg, als wäre ich eine leblose Puppe. Sie quatschten irgendein belangloses Zeug, dann hechelten sie den Rosenhagener Klatsch durch. Ich beobachtete ihre gezierten Bewegungen im Spiegel. Da fiel der Name ‚Prange‘. Ich spitzte die Ohren.
„Er sah ja erbärmlich aus, der Ärmste. Hast du das Foto in der Zeitung gesehen? Diese Platte, als ob jemand so rumlaufen müsste. Brrr!“ Sandra krauste angewidert die Nase, sodass die Eulenbrille hoch hopste. „Weißt du, die Uschi, die hat erzählt, die Tussis wären dem nachgerannt. Sagt seine Ex, die lässt sich von der Uschi die Nägel machen. Er hat sie öfters betrogen. Was die Tussis bloß an so einem finden?“
Sieh mal an, der schmierige Prange hatte also Schlag bei Frauen! Trotzdem stimmte ich Sandra zu, ich begriff diese Weiber nicht.
Sandras Werk stand nun kurz
Weitere Kostenlose Bücher