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Mordsschock (German Edition)

Mordsschock (German Edition)

Titel: Mordsschock (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hoffmann
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einige schlichen umher. Natürlich in Zivil, aber Jelzick kannte seine Leute und machte mich auf sie aufmerksam. Unauffällig mischten sie sich unter die zahlreichen Trauergäste.
    Herder nahm heute seine Doppelfunktion als Kommissar und als politischer Kollege des Verstorbenen wahr. Tiefe Ränder unter seinen Augen zeugten von schlaflosen Nächten. Traurig perlten die Wassertropfen von seinem dunklen Schnauzer herab und liefen als hässliche Schlieren über den beigen Trenchcoat, den er schon getragen hatte, als er Christine Rieckens sterbliche Überreste inspizierte.
    Leichenträger in schwarzen Talaren ließen den Eichenholzsarg in eine ausgehobene Grube hinunter neben lauter frischen Gräbern, auf denen die Blumenkränze mit den Schleifen der Angehörigen lagen. Sie lüpften ihre Kappen und verneigten sich. Beruhigend zu wissen, dass man wenigstens als Toter, egal, was man im Leben geleistet hatte, Respekt erntete.
    So viele Feinde Prange im Leben gehabt haben mochte, so viele Freunde hatte er im Tod: Verwandte, Bekannte, alle Mitglieder des Stadtrats und einige Journalisten lauschten den Worten des Trauerredners am Grab. Schweigend, betroffen, ergriffen, schluchzend. Jeder auf seine Weise.
    Eine elegante Frau im schwarzen Kostüm, die sich auf der einen Seite an ihren Schirm auf der anderen Seite an ihr Paket Taschentücher klammerte, weinte still vor sich hin.
    „Das ist Pranges Ex“, erklärte mir der gut informierte Jelzick.
    „Nach großem Hass sieht das aber nicht aus“, flüsterte ich.
    „Nun ist er ja tot, da ändern sich die Gefühle“, spottete mein zartbesaiteter Kollege.
    Außer Pranges geschiedener Frau entdeckte ich einige einzelne Damen, die auffallenden Abstand voneinander hielten.
    „Sind das seine verschiedenen Affären?“, kombinierte ich scharfsinnig.
    „Denkbar!“
    Die Herren vom Stadtrat wirkten ergriffen. Am schlimmsten hatte es Huber erwischt. In der dunklen Kleidung sah er aus, als ob er in den letzten Tagen um drei Zentimeter geschrumpft war. So in sich zusammengesunken mit aschfahlem Gesicht unter dem Vollponytoupet, trug er tiefe Trauer. Verstohlen wischte er sich die eine oder andere Träne ab und merkte gar nicht, dass er mitten in einer Pfütze stand. Die Ränder seiner Hosenbeine schimmerten genauso nass wie seine Augen. Er musste wirklich an seinem Stellvertreter gehangen haben.
    Hinter ihm wurzelte Pranges Nachfolger im Stadtrat. Er rammte seine Füße in den blankgeputzten Lackschuhen so fest in den durchweichten Rasen, als befürchte er, jemand würde ihn gewaltsam von Hubers Seite fortwischen. Ein junger Karrierist, der durch Pranges Tod ans Ziel seiner Wünsche gelangte. Normalerweise hätte er jahrelang auf den Posten lauern müssen. Hatte er etwa nachgeholfen, um die Sache zu beschleunigen?
    Ich beobachtete den jungen Mann, der so eigenartig hellhäutig und weißhaarig wie ein Albino ausschaute und neben Hubers dunkler Trauer ins Auge stach. Seine Gesichtszüge blieben unbeweglich. Steif und ernst erwies er Prange die letzte Ehre.
    „Was hältst du von diesem Schottmaier?“, erkundigte ich mich bei Jelzick.
    „Hat gar nicht genügend Grips, um sich einen Mord auszudenken“, winkte unser Polizeireporter ab, der natürlich sofort kapierte, worauf ich anspielte.
    Trotzdem, ich notierte ihn im Kopf auf die Liste der Verdächtigen.
    „Wer erbt das Grundstück mit den beiden Häusern? Hat seine Ex ihre Finger drin?“
    „Nein, die ist raus, er hat sie nach der Scheidung ausbezahlt. Ein Neffe, der in den USA lebt, erbt. Nur, damit du dich nicht in wilden Spekulationen verirrst, der Mann ist querschnittsgelähmt und war seit Jahren nicht mehr in Rosenhagen. Kommt als Mörder nicht wirklich in Betracht.“
    „Ach, er ist wohl nicht unter den Trauergästen.“ Einen Rollstuhlfahrer entdeckte ich nicht.
    Mit versteinerter Miene ergriff Huber die Schaufel und warf nacheinander drei Häuflein Erde und einen Blumenstrauß auf den Sarg.
    Von Stetten folgte. Zwar ernst, aber viel gefasster als Huber. Ungerührt. Auf seinem gebräunten Gesicht spiegelte sich kein echtes Leid, wie es den Bürgermeister bewegte. Prange und von Stetten hatten ein eher distanziertes Verhältnis zueinander gepflegt. Nicht nur wegen unterschiedlicher politischer Auffassungen, auch privat hieß es, hätten sie sich nicht viel zu sagen gehabt.
    Einen Schritt hinter von Stetten kauerte Ehrhardt, der sich in einen eleganten schwarzen Mantel verkroch.
    Mein Herz machte einen kleinen Satz. Eben griff

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