Mordsschock (German Edition)
Moment spucken würde.
Sie tippte auf ihrer Tastatur herum, hielt einen Moment lang inne und nahm wieder einen Schluck. Ihre Gesichtsmuskeln verzerrten sich nicht wie erwartet, sondern blieben entspannt. „Aahh!“, stieß sie genussvoll aus, „Kaffee kochen kannst du!“
Nächstes Mal würde ich ihren Kaffee mit Kot würzen!
Kapitel 23
Das Telefon fiepte. Ich klemmte den Hörer zwischen Ohr und Schulter, um weiter zu tippen, weil unser Chef im drohenden Anmarsch war. Es knackte in der Leitung. Offensichtlich gab es Probleme mit der Verbindung. Es rauschte.
Eine zittrige Stimme sagte: „Guten Tag, Ilse Walter hier. Ich habe Ihre Telefonnummer von meiner Schwester Ella bekommen.“
Ich überlegte fieberhaft, bis mir einfiel, dass Ella die hilfsbereite, feministische Autofahrerin war, die mich nach meiner Ölpanne aufgesammelt hatte. Bei der Anruferin handelte es sich um ihre Schwester, die entlassene Verwaltungsangestellte.
„Mein Therapeut hat mir geraten, darüber zu sprechen. Ich muss alles rauslassen, meint er.“ Ilse Walter schwieg.
„Worüber möchten Sie reden? Über den Gottesanger?“, warf ich ihr den Köder zu. Langsam verließen meine Finger die Tastatur. Ich konzentrierte mich auf das Gespräch.
Anscheinend kostete Ilse Walter der Anruf große Selbstüberwindung. Mit stockender Stimme bestätigte sie meine Vermutung, dass einige Politiker die besten Grundstücke im Vorwege unter sich aufgeteilt hatten.
Das Gespräch wurde ständig durch Rauschen und Knacken unterbrochen. Ich spitzte die Ohren, zumal Ilse Walter meistens mit leiser unsicherer Stimme sprach.
Herzklopfend stellte ich die für mich persönlich brisante Frage: „Betrifft das alle Stadtabgeordneten, egal welcher Partei?“
Ilse Walter bejahte. In weinerlichem Tonfall erzählte sie etwas Merkwürdiges: „Ich konnte nichts dafür, dass die Absagen zu früh rausgegangen sind. Der Herr Prange hatte mich angewiesen, sie bereits zu verschicken.“
„Prange?“ Das wurde ja immer mysteriöser!
„Ja! Aber als ich mich damit rechtfertigte, glaubte mir niemand. Es war fürchterlich!“ Ilse Walter schluchzte kurz auf. Dann dachte sie vermutlich an ihren Therapeuten und beruhigte sich wieder, um fortzufahren: „Der Huber schnauzte mich an, ich solle nicht solchen Unsinn reden und die Schuld anderen in die Schuhe schieben. Und Prange selber leugnete. Nie im Leben habe er mir diesen Auftrag erteilt, und ich leide wohl an Halluzinationen. Aber ich weiß, was ich tue! Hundertprozentig hatte Prange mich angewiesen, die Absagen so frühzeitig zu verschicken. Und nun ist er tot. Ermordet, sagt Ella.“
Mein Adrenalinspiegel stieg. „Frau Walter, können wir uns treffen? Kann ich eine eidesstattliche Versicherung für diese Aussagen von Ihnen bekommen?“
„Nein, das ist momentan unmöglich. Ich bin zur Kur.“
Es knackte erneut in der Leitung. Das Gespräch war so plötzlich, wie es entstanden war, beendet.
Nachdem Ilse Walter sich bei mir ausgeheult hatte, um ihren Therapeuten zu befriedigen, würde sie sich so schnell nicht wieder melden. Ich kannte meine Pappenheimer und ahnte, dass dieser merkwürdige Anruf Teil ihrer Therapie war. Zu ärgerlich, dass mir die Zeugin durch die Lappen ging! Damit war die Geschichte weiterhin nicht haltbar und wertlos.
Wieso hatte Prange, der vermutlich selber bis über die Ohren in diesen schmutzigen Machenschaften steckte, Ilse Walter diesen Auftrag erteilt? Aus Nachlässigkeit? Hatte er sich zerstreut im Termin geirrt? Zu dumm, dass er tot war und keine Stellungnahme mehr abgeben konnte!
‚Tot‘ war das Stichwort. Hatte der Mord an Prange etwas damit zu tun? Wer ärgerte sich besonders über die verfrühte Post? Die Antwort lag auf der Hand: Huber!
Als professioneller Politiker war er sicherlich auch ein professioneller Schauspieler. Und seine Trauermiene während der Beerdigung? Alles nur gespielt? War Huber über Pranges versehentlichen Auftrag, der die Sache beinahe hatte auffliegen lassen, so in Rage geraten, dass er seinen Spezi aus dem Weg räumte? Der Bürgermeister war über meinen Anruf wegen der Absagen verärgert gewesen. Wie eine gereizte Hornisse, in deren Nest ich gestochen hatte. Er musste befürchtet haben, dass die Geschichte an die Öffentlichkeit dringen würde. Stammte auch mein Angreifer aus diesem Lager? Und die toten Politiker?
Standen die Dinge so, hatte Ilse Walter Glück im Unglück. Mit einer Entlassung war sie glimpflich davongekommen, während Prange mit
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