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Mordsschock (German Edition)

Mordsschock (German Edition)

Titel: Mordsschock (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hoffmann
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an einer fraktionsinternen Sitzung im Fraktionsbüro teilnahm. Zu Hause hielt ich es nicht mehr aus.
    Planlos fuhr ich los. Betäubt kurvte ich durch die Straßen. Unsichtbare Hände führten mein Lenkrad, steuerten in eine bestimmte Richtung. Die windschiefen alten Häuser wichen mehrstöckigen Kastenbauten, an deren Eingängen verschiedene Firmenschilder prangten. Von einer heimlichen Kraft magnetisch angezogen, näherte ich mich der Gegend, in der das Fraktionsbüro lag. Ich stellte das Auto um die Ecke ab.
    Das Viertel wirkte wie ausgestorben. Keine Menschenseele begegnete mir. Es war kurz nach Feierabend. Hier gab es vorwiegend Büroräume und vereinzelte kleinere Geschäfte.
    In einer beleuchteten Schaufensterscheibe für Elektroartikel entdeckte ich mein Spiegelbild: fliegende Haare, verwischtes Make-up, Pulli mit Ziehfäden und Rock voller Kaffeeflecken. Ein letzter Rest Selbstachtung raunte mir zu: So darfst du dich nicht sehen lassen!
    Also platzte ich nicht, wie meine Intuition es mir eingab, in die Sitzung rein, sondern schlich in den Hausflur.
    Die Tür zum Büro war nur angelehnt. Drinnen hörte ich gedämpfte Stimmen. Ich kroch in eine Nische des muffigen Flurs und lauschte.
    Mehrere Männer unterhielten sich. Was sie besprachen, verstand ich nicht. Ich versuchte, die Stimmen zu identifizieren. Die Einzige, die ich erkannte, gehörte Ehrhardt. Die anderen klangen jünger. Ken schien nicht dabei zu sein.
    Ich überlegte gerade, ob ich wieder gehen sollte, als die Stimmen lauter wurden. Anscheinend ein kleiner Disput.
    „Los, Hansen, wenn du Mumm hast ...“, polterte einer.
    „Hört auf damit! Es muss endlich Schluss sein“, unterbrach ihn Ehrhardt barsch.
    „Mensch, Matthias, sei nicht so ein Spielverderber!“, kiekste ein jungenhafter Bariton. Der Milchbubi Martin Hardenberg!
    „Nein! Nie wieder in der Kieskuhle! Das Ansehen unserer Partei hat genug gelitten!“, herrschte Ehrhardt ihn an.
    Die Neugierde packte mich. Ich verließ die schützende Nische und presste mein Ohr direkt an die Tür. Vorsichtig spähte ich durch den offenen Spalt.
    Die drei Mitglieder des Umweltausschusses, Hansen, Glatzkopf und der Milchbubi, die ich vergeblich nach ihren toten Kollegen ausgequetscht hatte, hockten gemeinsam mit einem mir unbekannten pummeligen Jüngling auf den Schreibtischen und stritten mit Ehrhardt.
    Letzterer saß als Einziger auf einem Stuhl. Sein dunkelgrauer perfekt geschnittener Anzug stach von der lässigen Freizeitkleidung seiner Fraktionskollegen ab. Die verschränkte Armhaltung signalisierte, dass er unter Druck stand. Unruhig zupfte er an seiner weinroten Krawatte umher. Irgendetwas störte seine gewohnte Ruhe. Was Ehrhardt wohl dazu sagen würde, wenn er wüsste, dass Ken und ich hier auf dem Fußboden gepicknickt hatten?
    Ken! Unwillkürlich wich ich einige Schritte zurück.
    „Spaß darf man wohl gar nicht haben! So eine Mutprobe, um die Männlichkeit der neuen Mitglieder unter Beweis zu stellen, hat Tradition“, maulte Glatzkopf.
    Ehrhardt verlor die Beherrschung. Er tobte: „Macht was anderes, etwas weniger Gefährlicheres! Aber keine Autorennen mehr!“
    „Wir können nichts dafür, dass sich Sebastian und Peter in der Kieskuhle totgefahren haben. Das hatte mit unserem Cruisen überhaupt nichts zu tun. Beide waren alleine unterwegs, weißt du ganz genau! Unsere Rennen sind nie aufgefallen“, wütete Hansen.
    Ich hielt die Luft an. Autorennen in der Kieskuhle! Anscheinend testeten die jungen Konservativen damit ihren Mut! Und Sebastian und Peter waren auf der Strecke geblieben.
    Lauscher an der Wand hört seine eigene ...
    „Diese Journalistin damals wollte uns auffliegen lassen. Aber du siehst ja, uns kann keiner!“, prahlte Hansen.
    „Wisst ihr noch, was die Christine gepredigt hat? Wir sollten die Rennen aufgeben, aber wir haben ihr gezeigt, zu was richtige Männer fähig sind!“ Der unbekannte Pummelige lachte dröhnend.
    Und der Rest fiel grölend im Chor ein.
    „Die alte Zicke habe ich windelweich geprügelt, als die wieder damit genervt hat. Danach hat die überhaupt keinen Pieps mehr gemacht. Ich lasse mir nichts von einem Weibsbild befehlen!“, brüstete sich Hansen.
    „Die hat gestaunt, als ich ihre Reifen zerstochen habe“, schilderte der Milchbubi stolz seine Heldentat.
    „Alles Quatsch!“, winkte der Pummelige ab. „Solche widerspenstigen Weiber muss man richtig durch...“
    Mehr hörte ich nicht, weil die drinnen in raues Männergelächter

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