Mordsschock (German Edition)
Journalisten auf seinem geliebten Ludwig herumgehackt hätten. Also machte er kurzen Prozess mit Prange.“
„Und nun?“ Ich umklammere heimlich meinen Freund in der Rocktasche.
„Ehrhardt wischte umsichtig alle Spuren ab, auch vom Gartentisch und den Stühlen. Jedenfalls fand die Polizei dort keine Abdrücke. Niemand wusste, dass wir Prange besucht hatten.“
„Ist bekannt! Das meine ich nicht.“
„Wir können ihn nicht anzeigen!“
„Ach ja?“, entgegne ich spitz. „Und was ist mit der armen Schneiderin, die soll unschuldig büßen? Da habt ihr das ideale Opfer gefunden! Eine arme verwirrte Alte, die gegen drei gerissene Politiker nichts unternehmen kann.“
Ken betrachtet ausgiebig eine lila Seifendose auf dem Regal. Er kratzt sich am Kopf. „Was willst du? Unser Leben geht weiter. Ihr Leben ist sowieso vorbei. Sie kann niemandem mehr etwas nützen!“
„Aber Ehrhardt kann fröhlich weiter Menschen umbringen! Er hat es heute wieder versucht.“
Ken ist irritiert. „Wie bitte?“
Ich gehe nicht darauf ein. Erst will ich die ganze Wahrheit erfahren. „Was geschah wirklich mit den beiden jungen Politikern in der Kieskuhle und mit Christine Riecken? Die hat Ehrhardt auch auf dem Gewissen, oder?“
„Na gut! Nenne mich einen feigen Hund! Aber was soll ich denn machen?“ Ken trommelt sich wie ein aufgeregtes Affenmännchen mit den Fäusten gegen die breite Brust. „Ich habe keinerlei Beweise! Es dreht sich alles um von Stettens Homosexualität, die er so krampfhaft versucht, geheim zu halten. Muss er auch angesichts unserer konservativen Wähler. Wir leben in einer Kleinstadt. Manche Leute halten Schwule tatsächlich noch für Perverse.“
Ken vergräbt seine Hände in den Hosentaschen, als wolle er sie auf diese Weise ruhig stellen. „Ludwig holt sich hin und wieder Lover in die Partei. Sebastian und Peter waren zwei gut aussehende junge Männer mit Karriereambitionen und homosexuellen Neigungen. Ich nehme an, dass Ludwig öfters mit beiden ins Bett ging und ihre politischen Ambitionen förderte.“
Der Mann mit dem dunklen Teint, den Peter Heimanns Schwester nachts zusammen mit ihrem Bruder im Auto hatte wegfahren sehen, war niemand anderes als von Stetten gewesen!
„Ehrhardt ist eifersüchtig auf andere Männer, denen Ludwig Zuneigung schenkt.“
„Ach, ist der auch schwul?“
„Diese grenzenlose Verehrung für Ludwig trägt sicherlich homoerotische Züge. Ehrhardts Tragik ist, dass er seine anscheinend vorhandene Homosexualität nicht ausleben kann. Er ist zu verklemmt. Sein spießbürgerliches, konservatives Elternhaus ließ ihm keinen Platz für wahre Gefühle. Also pendelt er, weder Fisch noch Fleisch, im Niemandsland herum. Natürlich wird in der Partei darüber gelästert. Am Wochenende soll Ehrhardt manchmal sehnsüchtig auf dem Gelände vom Herrenhaus Bernfried herumlungern, wenn Ludwig sich dort aufhält. Trotz Frotzeleien verschafft Ehrhardt sich vor allem unter den jungen Leuten Respekt. Als spezieller Protegé von Ludwig, der sich natürlich durch Ehrhardts Ergebenheit geschmeichelt fühlt, nimmt er eine Vormachtstellung ein.“
Ich denke an das Gespräch zwischen den jungen Männern, das ich im Fraktionsbüro belauscht hatte. „Autorennen als Mutprobe – war das für Ehrhardt die Chance, Sebastian und Peter zu beseitigen?“
Ken lässt sich die Überraschung über mein Insiderwissen nicht anmerken. „Ja, diese Rennen, um die Männlichkeit unter Beweis zu stellen, haben Tradition. Das ist wie der Schmiss in einer Verbindung.“
„Verbindungen konnte ich nie ausstehen.“
„Junge Leute müssen sich halt irgendwo austoben. Nur im Falle von Peter und Sebastian war es anders. Niemand wusste etwas von einem Rennen. Aber weil Ehrhardt hochgradig eifersüchtig auf beide war, verdächtige ich ihn, Peter und Sebastian mit Alkohol und Drogen abgefüllt und als angebliche Mutprobe zum Autorennen in der Kieskuhle überredet zu haben. Dort war es leicht, die bedröhnten Männer von der Fahrbahn in den Abgrund zu drängen. Er kann eine verschlagene Schläue entwickeln – bestimmt suchte er sich absichtlich jedes Mal eine Nacht mit heftigen Regenfällen aus, die alle Spuren verwischten. Seit dem Mord an Prange ahne ich, wozu er fähig ist.“
„Und Christine Riecken?“ Mir gegenüber hatte Ehrhardt kurz vor seinem Tod quasi gestanden, die junge Frau in den Tod getrieben zu haben.
„Christine war eine intelligente junge Frau. Sie kritisierte manche Dinge in unserer
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