Mordsschock (German Edition)
mit mir!“ Seine Entrüstung ist echt. Keine Heuchelei!
Ich erzähle ihm, was in den letzten Stunden geschehen ist.
Ken ist erschüttert. Er ballt die Fäuste, gerät in fürchterliche Rage über Ehrhardts Taten.
Ich bin müde.
„Hast du Spuren hinterlassen?“
Ich zucke die Schultern. „Weiß nicht.“
„Das Messer! Das Messer muss verschwinden. Gib es mir!“
Nur ungern trenne ich mich von meinem alten Freund. Aber jetzt, wo ich merke, dass ich nicht mehr in Gefahr schwebe, verlassen mich endgültig alle Kräfte. Ich möchte nur schlafen. Ken wird meinen Freund noch in dieser Nacht irgendwo entsorgen.
Ich habe mir eine heftige Erkältung eingehandelt. Den nächsten Tag verschlafe ich mehr oder weniger. Fieberträume quälen mich, in denen ich Ehrhardt mit einem erhobenen Messer auf mich losgehen sehe. Ich schniefe in einem fort und fühle mich entsetzlich schwach.
Ken schleppt heiße Getränke, Thermometer und Tabletten an.
Vor meinen Augen verschwimmt alles. Sobald ich gesund bin, gehe ich zur Polizei. Auch die schlimmste Erkältung ist irgendwann vorbei. Mit wackeligen Beinen sitze ich am Frühstückstisch und lasse mir von Ken Brötchen schmieren. Ich erlebe diese Heile-Welt-Szene wie im Kino. Als würde ich mir einen Film ansehen mit mir in der weiblichen Hauptrolle. Einen Hollywoodschinken! Ade du Hollywoodfamilie!
Ken gibt mir das Honigglas.
Ich krächze wegen meiner angegriffenen Stimmbänder heiser: „Nachher werde ich zur Polizei gehen und denen alles über Ehrhardt erzählen.“
Klirr! Ken fällt das Honigglas aus der Hand.
„Es muss sein!“, füge ich wie ein trotziges Kind hinzu.
„Lies!“ Ken reicht mir das Rosenhagener Tageblatt . Er klaubt die Honigreste mit einem Löffel auf, den er anschließend ableckt.
Ich lege das Brötchen zurück auf den Teller und lese Jelzicks Artikel über den Tod von Ehrhardt.
Eine Putzfrau hatte ihn am nächsten Morgen gefunden, als sie Reinigungsmittel aus der Abstellkammer holte. Die lagerten bestimmt in einem von den zahlreichen Kartons. Demnach waren Glatzkopf, Hansen, Martin Hardenberg und der Pummelige also bereits weg, als ich mich mit Ehrhardt schlug. Meine Flucht durch den Lüftungsschacht war umsonst gewesen, ich hätte bequem durch die Tür verschwinden können.
Jelzick behauptet, Ehrhardt sei brutal ermordet worden. Haha – Nina, die blutrünstige Mörderin! Die Polizei schließt einen Raubmord nicht aus. Wie kommen die darauf? Nur, weil der Mann keine Hosen trug? Ehrhardts EC-Karte fehlt, alle anderen Papiere sind aufgetaucht. Vor meinem inneren Auge sehe ich Ehrhardts puterrotes Gesicht, als seine Brieftasche mit einem lauten Knall während unseres Ringkampfes auf den Boden segelt und sich der Inhalt dort ausbreitet. Ist die EC-Karte irgendwohin gerutscht, unter das Schrankmonster?
Die Mordkommission ermittelt. Ein Zusammenhang zum Fall ‚Prange‘ ist nicht ausgeschlossen. Noch haben sie keine Spuren gefunden, auch die Tatwaffe fehlt. Aufgrund der Einstiche vermutet man, dass es sich um ein Küchenmesser handelt. Gute Arbeit der Spurensicherung!
Ehrhardt starb an drei Messerstichen, wobei erst der finale Stich tödlich war. Wieso drei? Ich rekapituliere die Szenen, komme zu dem Ergebnis, dass ich zwei Mal zugestochen habe. Aber vermutlich war ich so von Sinnen, dass ich mich an den dritten Stich nicht mehr erinnere. Erschöpft lege ich die Zeitung weg. Jelzick schreibt gut, so richtig reißerisch. Das mögen die Leute.
Ken geht um den Tisch herum und massiert meine pochenden Schläfen. „Sie werden es nie herausfinden! Du hast alle Spuren beseitigt.“
Ich stoße seine Hände weg. „Es war Notwehr. Das werde ich der Polizei erzählen.“
Ken setzt sich wieder hin. Ruhig sagt er: „Nina, jetzt hör mir mal zu! Wenn du zur Polizei gehst, kommt der ganze Schlamassel ans Tageslicht. Von der Grundstücksverteilung bis hin zu den anderen toten Parteikollegen. Und dann hängen wir alle mit drin. Du auch! Man wird dir Mitwisserschaft vorwerfen. Du hättest längst die Gottesanger-Sache anzeigen müssen, anstatt dort selbst ein Haus zu bauen.“
„Es ist dein Haus!“
„Nein, unser Haus! Eingetragen auf uns beide. Außerdem werden sie sich wundern, dass du nicht sofort zur Polizei gegangen bist oder wenigstens einen Krankenwagen alarmiert hast. Das ist unterlassene Hilfeleistung.“
„Ich war geschockt, total durchgeknallt!“
„Das zählt bei der Polizei nicht. Man wird dir vorsätzlichen Mord unterstellen. Drei
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