Mordsschock (German Edition)
Was sie wohl im Laufe der Jahrhunderte alles gesehen hatten? Ob früher auch Menschen im Eiskeller gefangen gewesen waren?
Da huschte es abermals, diesmal auf der anderen Seite.
Ich stand auf, traute mich nicht mehr, mich hinzusetzen. Die Kälte umklammerte meinen Körper wie einen gläsernen Sarg, raubte mir langsam die Sinne. Bloß nicht ohnmächtig werden! Ich rieb meine klamme Nasenspitze, weil ich vermutete, dass dort langsam ein Eiszapfen wuchs.
Rums!
Ich zuckte zusammen.
Geräusche vor der Tür! Jemand rief meinen Namen und schaffte anscheinend die Steine weg.
Mein Herz jubelte. Ich schob den Riegel zurück und sank schluchzend auf den Boden, wo Jelzick und Voller mich in eine warme Decke einhüllten. Noch nie hatte ich mich so gefreut, sie zu sehen!
Voller reichte mir aus einer Thermoskanne einen dampfenden Becher mit Tee.
Ich verbrannte mir die Zunge, aber egal! Meine Sinne kehrten allmählich zurück.
Als sich meine aufgewühlten Gehirnwindungen normalisierten, beschwor ich die beiden: „Ich lade euch groß zum Essen ein als Dank für die Rettung. Bitte zu niemandem ein Wort über den Vorfall! Und nicht zur Polizei!“ Mit knappen Sätzen schilderte ich abgehackt die Verfolgungsjagd durch den Wald.
„Aber die müssen diesen Typen suchen! Der läuft frei herum. Was ist, wenn er wieder versucht, dich zu töten?“ Voller schüttelte unwillig den Kopf.
„Ich werde eben vorsichtiger sein. Die Polizei kann sowieso nichts ausrichten! Ich habe keinen blassen Schimmer, wer das war. Dieser Mistkerl trug schwarze Kleidung und vor dem Gesicht eine Maske. Beim besten Willen nichts zu erkennen in der Dunkelheit. Außerdem ging alles so schnell! Nein, keine Polizei! Wäre bloß ein gefundenes Fressen für sensationsgeile Kollegen und sonst nichts! Die Sache bleibt unter uns!“
Jelzick und Voller nickten.
Auf die beiden konnte ich mich verlassen. Sie waren keine Tratschmäuler.
Zu Hause duschte ich heiß, schmiss den zerrissenen Kapuzenpulli in den Müllschlucker, zog mir einen Wollrolli und Socken an. Vermummt schlüpfte ich unter eine dicke Steppdecke. Wenn mich einer beobachtete, würde er den Arzt anrufen. Im Frühsommer lag diese Frau bibbernd in Winterklamotten im Bett.
Oscar sprang auf meinen Bauch. Das hatte er bisher nie getan. Das Tier fühlte, dass ich Zuwendung brauchte. Dankbar streichelte ich sein warmes Fell. Dabei fiel mein Blick zufällig auf die aufgeschlagene Zeitung neben mir. Das Horoskop. Automatisch las ich die Spalte, obwohl ich den Inhalt ja bereits kannte. Moment! Was dort stand, war mir fremd!
Bleiben Sie heute mit beiden Füßen auf dem Teppich und geben sich mit dem zufrieden, was Sie haben!
Hä? Kein Wort von ungeahnten Chancen, die ich nutzen sollte! Ich überflog die Texte der anderen Sternzeichen. Bei Krebs fand ich den Spruch, nach dem ich mich gerichtet hatte. Verflixt! Entweder Willy hatte die Schnipsel vertauscht oder ich in meiner Aufregung die Krebs- und Skorpionzeichnung verwechselt. Hätte ich das gewusst, wäre ich niemals nach Herbeck gefahren!
Oscar blinzelte mir zu.
Kapitel 14
Meine Freundin Lila sah mal wieder umwerfend aus! Langeweile kannte sie nicht. Jetzt war sie passend zur Jahreszeit auf einem Sonnenkinder-Hippie-Trip. Ihre gelb gefärbten Haare drehten sich zu lustigen Schnecken, in denen unzählige Sonnenblumenspangen steckten. Der Busen war notdürftig in ein kreischbuntes Top eingewickelt, das mich an die unglückseligen Geschirrhandtücher erinnerte. Der gepiercte Bauchnabel blieb natürlich frei. Als Kontrast umschlackerte eine grell-orange Schlaghose ihre Beine. Eines musste man Lila lassen – mit ihrer schlanken Taille und den schmalen Hüften konnte sie sich alle Trends leisten.
Sie fiel mir um den Hals.
Gierig schnupperte ich den vertrauten Geruch nach frischer Minze.
Lila drückte mich und musterte mein schlampiges Outfit mit Kennermiene. Kopfschüttelnd ächzte sie: „Meine Güte! Ich glaube, wir müssen dir mal etwas auf die Sprünge helfen!“
„Was willst du? Rosenhagen ist nicht Paris.“
Lila war die einzige Person außer Jelzick und Voller, die ich in mein Abenteuer eingeweiht hatte. Meine Familie, sofern man Sophie, Thilo und Vic als das bezeichnete, durfte ich nicht beunruhigen. Sophie und Thilo würden darauf bestehen, dass ich zur Polizei ginge, und Vic war viel zu klein, um sie damit zu behelligen.
Aber bei irgendjemandem musste ich mich ausheulen. Ich gehörte nicht zu den Menschen, die Kummer in sich
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