Mordstheater
konstruktive Kritik, aber dann kamen ein paar Mimen hinzu, die ich
nicht kannte, und ich fühlte mich mit der Zeit ziemlich von der Unterhaltung ausgeschlossen.
Das ist das Ärgerliche, wenn man in der Welt des Theaters nur ein bißchen
dilettiert. Wenn man es nicht allzu ernst nimmt, wollen einen die Leute nicht
besonders gern um sich haben. Ich vermute, daß das in jedem Beruf so ist, aber
es kommt einem merkwürdiger vor unter Leuten, die ihr Leben damit verbringen,
andere Leute zum Lachen zu bringen. Comedy ist ein sehr ernstes Geschäft.
Ich ging zur Bar, um eine Runde zu holen. Es war
sehr viel los, und alle um mich herum schienen um einiges größer zu sein als
ich. Ich wedelte meine Zehnpfundnote durch die Luft, aber weil der Barkellner
nicht sehen konnte, zu wem das Geld gehörte, bediente er andere zuerst. Ich
wurde gerade ziemlich übellaunig, als eine vertraute Stimme hinter mir ironisch
sagte: »Großartiger Auftritt, Miss Fitt.«
Ich drehte mich um und schaute nach oben. Gregs
Gesicht lachte auf mich herab.
»Komm, laß mich dir helfen.« Er zog die
Aufmerksamkeit des Kellners auf sich und bekam die Runde. Wir trugen die
Getränke zu meinem Tisch zurück, und ich fing an, ihn vorzustellen, aber
niemand schien sehr interessiert zu sein, und sie hatten jemand anderem meinen
Stuhl überlassen.
»Ich saß da drüben.« Greg zeigte auf einen Tisch
hinten im Pub, und wir drängelten uns dorthin durch.
»Heißt du wirklich Miss Fitt 1 «, fragte er, »Oder ist das nur für den Auftritt?«
»Du meinst, so wie Rudi Ratlos, in der Art?«
»Genau.«
»Ich wollte, ich hätte soviel Phantasie«, sagte
ich. »Leider heiße ich wirklich Sophie Fitt. Mir war nicht klar, wie albern es
klang, bis ich erwachsen war und die Leute auf der Arbeit mich Miss Fitt
nannten. Ich versuchte, auf Missis zu bestehen, aber das ist so unhandlich,
oder? Ich sehne mich danach, zu heiraten, damit ich den Namen wechseln kann.«
Er sah überrascht aus.
»Das war ein Witz«, sagte ich.
»Du bist eine boshafte Frau.«
»Bin ich das?« fragte ich kokett. »Wie kommst du
darauf?«
»Ich habe deinen Auftritt gesehen. Er war gut,
ja, ziemlich witzig, aber aua! ich würde keiner von deinen Freunden sein wollen.«
»Die Charaktere, die ich darstelle, sind nicht
meine Freunde«, sagte ich recht verstimmt. »Sie sind ausgedacht. Verstehst du,
Fiktionen.«
»Wirklich?«
»Na ja...«, ich verspürte Schuldgefühle wegen
Stephanie. »Jedenfalls brauchst du dir keine Sorgen zu machen, ich spiele keine
Männer.«
Er lachte. »Also bin ich sicher?«
»Zumindest vor mir«, sagte ich.
Es war seltsam, aber während der beiden kurzen
Gelegenheiten, bei denen ich ihn getroffen hatte, schienen Greg und ich ganz
natürlich ins Flirten verfallen zu sein. Es war, als würden wir uns bereits
viel länger kennen, als wir uns kannten. Ich fühlte mich total wohl in seiner
Gegenwart, woran ich nicht gewöhnt war bei Männern, die mir gefielen. Und er
gefiel mir höllisch gut. Er trug schwarze Jeans und einen schwarzen Pullover
mit V-Ausschnitt. Was ich von seiner Brust sehen konnte, war völlig unbehaart
und jungenhaft, aber er hatte etwas extrem Männliches. Ich fragte mich, ob er
vielleicht auch an mir interessiert war oder ob er nur aus Zufall im Pub aufgetaucht
war.
»Das ist meine Stammkneipe«, sagte er und
beendete meine Spekulationen. »Ich bin öfters hier gewesen, aber das ist das
erste Mal, daß ich mich mit jemandem unterhalten habe. London ist eine sehr
unfreundliche Stadt.«
»Und Dublin?« fragte ich.
»Na ja«, sagte er, »Dublin ist ein bißchen zu
freundlich, vermute ich.«
Ich fragte ihn, was er damit meinte, und er
beschrieb die Szene dort. Er war ein großartiger Erzähler und ein glühender
Anhänger seiner Republik, und seine Vergleiche zwischen Briten und Iren ließen
England sehr öde erscheinen. Er sagte, Dublin sei eine Stadt, die alle Vorzüge
und Nachteile der Intimität in sich berge — die Nähe und Akzeptanz, aber auch
die fehlende Privatsphäre. Er mochte London, weil er hier anonym sein konnte.
»Aber es wäre dir lieber, wenn es in deiner
Stammkneipe ein bißchen freundlicher zuginge?« fragte ich.
»Ja«, sagte er. »Aber jetzt habe ich dich hier
getroffen, also habe ich keinen Grund mehr, mich zu beklagen.«
Wir landeten im Bett. Ich bin mir nicht ganz
sicher, wie. Keiner von uns machte irgendwann einen Annäherungsversuch in dem
Sinne. Wir blieben im Pub, bis er zumachte, und gingen danach zum
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