Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
Vom Netzwerk:
rief nach einem kurzen Blick
aus: »Oh, mein Gott! Sophie, wir sind heute morgen tatsächlich Zeugen des Todes
der Kultur. Noch nicht einmal die verdammten Melodramen bleiben verschont.
Schauen Sie sich das mal an. >Wolf Productions ist erfreut, Rebecca von Daphne du Maurier ankündigen zu können.< Glauben Sie, es kann deren
Aufmerksamkeit entgangen sein, daß Rebecca bereits verfilmt wurde?
Glauben sie wirklich, sie können Olivier übertreffen? Das nächste, was sie
versuchen werden, ist eine Neuverfilmung von Wuthering Heights ... Es
wird niemals klappen. Dutzende Millionen den Bach runter. Wir müssen über
Schauspieler dafür nachdenken.«
    Ich schaute sie überrascht an.
    »Zweite Regel für die Agentin, Sophie: Besorg
deinen Klienten Arbeit. Wir mögen ja unsere klassischen Nasen über diese
Philister aus Hollywood rümpfen, aber wir mögen auch ihr Geld, stimmt’s?«
    Ich nickte. »Wie lautet denn die erste
Agentinnenregel?« fragte ich mich laut.
    »Fick niemals mit deinen Klienten«, sagte
Agatha.
    Ich fuhr verblüfft zusammen. Aber es war ihrem
Gesicht abzulesen, daß sie nicht wußte, daß ich genau das vor vierundzwanzig
Stunden getan hatte.
    »Interessenskonflikt, bringt unsägliche Probleme
mit sich, Schätzchen.«
     
    Wenn ich eine bleibende Erinnerung an Agatha
habe, dann ist es die von jenem Tag: an ihre langen, leicht geäderten, mit lila
Leggings bekleideten Beine auf dem Schreibtisch; an die knöchelhohen Boots mit
den halbhohen Absätzen, die neben dem Telefon ruhten; an ihren schlanken Körper
in einer überdimensionalen, knallbunten lateinamerikanischen Bluse, der sich
vor Lachen schüttelte. Ihr ledriges, intelligentes Gesicht sah ausgesprochen
mädchenhaft aus, als sie den Haufen von Dokumenten durchblätterte und zu
entscheiden versuchte, welchem sie sich zuerst zuwenden sollte.
    Der einzige Moment, in dem sie ihr Humor
vorübergehend im Stich ließ, war, als sie auf einen Kettenbrief stieß, der den
Empfänger dazu drängte, zwölf Kopien zu machen und an Freunde weiterzusenden.
    »Ich bin sicher, diese Dinger sind nichts als
eine Verschwörung von seiten der Hersteller von Fotokopiergeräten. Warum in
aller Welt sollte ich Ihre Zeit und mein Geld damit verschwenden, diesen
Quatsch an irgendjemanden weiterzuschicken? Ah, ich sehe, hier steht, wenn ich
es nicht tue, werde ich Pech haben. Wie gemein. Nun, wer von meinen Bekannten,
glauben Sie, könnte mir den geschickt haben? Offenbar keiner, der mich mag,
denn jeder, der nur das kleinste bißchen über mich weiß, würde wissen, daß ich
nicht im geringsten vorhabe, die Anweisung zu befolgen. Wenn ich wüßte, wer das
war, würde ich das verdammte Ding an ihn zurückschicken, mit Pech und allem!«
     
    In den folgenden Wochen zeigte sich, daß mir die
Arbeit sehr viel mehr Spaß machte, als ich erwartet hatte. Mit Agatha zusammen
zu sein, war wundervoll, und obschon ich sehen konnte, daß sie eine
furchterregende Gegnerin sein mußte, war sie in den kurzen Zeitabschnitten, die
wir miteinander verbrachten, immer ganz reizend zu mir und bat mich manchmal
sogar um Rat in Besetzungsfragen und anderen Angelegenheiten, von denen ich
etwas verstehen mochte. Nachdem ihr klargeworden war, daß sie sich darauf
verlassen konnte, daß ich eine vernünftige Mitteilung entgegennehmen oder mit
einer Krise fertig werden konnte, ohne gleich in Panik zu geraten, machte sie
immer längere Mittagspausen. Offenbar war das der Teil des Tages, den sie am
meisten genoß, und manchmal kam sie voller Anekdoten und Bonhomie zurück und
winkte mich zu sich hinein, um mir den neuesten Klatsch aufzutischen.
    Ich war so glücklich mit meiner Arbeit, daß es
mich schon fast beunruhigte. Ich sagte mir immerzu, daß es nur ein Job auf Zeit
war, daß das Gehalt erbärmlich war, und es in einem so kleinen Büro keine
Hoffnung auf Beförderung gab, aber je mehr Zeit verging, desto mehr wurde ich
hineingezogen. Meine gute Laune erlitt einen geringfügigen Rückschlag, als Greg
mich anrief, um mir zu sagen, daß er für zwei, drei Wochen nach Dublin zurück
mußte. Er war sehr freundlich und versprach, sich zu melden, sobald er wieder
da war, aber ich war ein wenig sauer, daß er, nachdem er fünf Minuten mit mir
gesprochen hatte, darum bat, zu Agatha durchgestellt zu werden, so daß ich mir
wie ein Telefonfräulein vorkam. An jenem Nachmittag gab Agatha mir eine Karte
für eine Premiere im Bush-Theater, für die sie keine Zeit hatte, und ich ging
hin und schaffte es sogar,

Weitere Kostenlose Bücher