Mordstheater
Pizza
Express. Ich hatte die Kellnerin gebeten, mir ein paar getrocknete Chilischoten
zu bringen, um sie über meine scharfe Pizza Amerika zu krümeln. Später muß ich
mir die Augen gerieben haben, denn plötzlich, mitten in einer ganz ernsthaften
Unterhaltung über Joyce, fing ich an zu schreien. Mir liefen die Augen, und ich
dachte, ich sei mit plötzlicher Blindheit geschlagen. Es war Greg, der
erkannte, was das Problem war, und er begleitete mich höchst fürsorglich auf
die Damentoilette und tauchte mein Gesicht in ein Waschbecken voll kalten
Wassers. Das linderte das Problem, aber ich weinte noch immer, als ich ein Taxi
rief, und Greg entschied, daß er mich in diesem Zustand nicht einfach verlassen
konnte, und kam mit in meine Wohnung.
Wir tranken den restlichen Rioja zusammen und
schliefen auf dem Sofa ein, bis die frühen Morgenstunden kamen, wir beide
aufwachten und vollständig angezogen in mein großes Doppelbett gingen. Am
Morgen merkte ich, wie ich liebkost und nach und nach ausgezogen wurde. Was ich
erwiderte. Er war ein wundervoller, träger Liebhaber. Wenn ich die Augen
schließe, kann ich immer noch sein Gesicht über mir sehen und die Berührung
seiner Locken auf meiner Haut spüren.
Später gingen wir zum Brunch nach Hampstead und
lasen Zeitung. Wir redeten über die jüngsten Rezensionen und was es sonst Neues
gab, aber nicht darüber, was passiert war. Dann verschwand er in der U-Bahn,
und ich machte einen Schaufensterbummel im Nicole Farhi und lief nach Hause.
Ich versuchte herauszubekommen, wie ich mich fühlte. Es war eine Kombination
aus Erschöpfung und freudiger Erregung.
Am Abend rief er an und sagte mir, wie gut er
sich fühle. Er sagte, er würde sich bald wieder melden. Ich versuchte, mich
nicht verletzt zu fühlen, weil er kein nächstes Treffen vorgeschlagen hatte. Er
war offensichtlich scharf auf mich, sonst würde er gar nicht erst angerufen
haben, oder? Aber Iren hatten vielleicht in solchen Dingen andere Regeln.
Meine normale Erfahrung mit One-Night-Stands
ist, daß die Männer immer sagen, sie werden anrufen, und es dann selten tun,
weswegen ich so etwas aufgegeben habe (bis Greg). Sobald man die vier Regeln
kennt —
1. Niemand verliert jemals deine Telefonnummer.
2. Red’ dir gar nicht erst ein, das Telefon sei
kaputt — deine Mutter ist ja auch problemlos durchgekommen.
3. Er hat nicht versucht, anzurufen, als deine
Mutter am Apparat war, und es dann aufgegeben, weil besetzt war.
4. Ja, du bist Feministin, und es gibt überhaupt
keinen Grund dafür, ihn nicht selbst anzurufen; außer daß, wenn du es tust,
deine Chancen, ihn wiederzusehen, um etwa ein Prozent sinken, weil er sich
bedrängt fühlt.
werden die kurzen Vergnügen (wenn du Glück
hattest) des Akts bei weitem von den Unsicherheiten der nächsten Wochen
übertroffen. Unter dem Strich ist es das einfach nicht wert.
Warum also, fragte ich mich, hatte ich meinen
Vorsatz, mit einem Mann brechen müssen, der so gut darin war, daß immer, wenn
ich an ihn dachte, mein Höschen feucht wurde, und ich nicht aufhören konnte, zu
lächeln wie eine selbstgefällige Idiotin?
»Oh, ich sollte
nicht lachen. Es ist im Grunde
zum Heulen!« Johlendes Lachen drang aus Agathas Büro, als ich am Montag in die
Firma kam.
Ich lugte durch ihre Tür und sah sie in ihren
Stuhl zurückgelehnt, die Beine über den Schreibtisch geworfen und den
Telefonhörer zwischen Wange und Schulter geklemmt.
»Ja, in Ordnung, Schatz«, sagte sie zu der
Person am anderen Ende der Leitung. »Ich werde nicht grausam sein. Bis bald
dann, Schatz? Ich ruf dich an.« Sie legte das Telefon auf und lächelte ziemlich
boshaft.
»Als meine Schwester und ich jung waren«, sagte
sie erklärend, »amüsierten wir uns immer damit, ein Spiel namens >Was wäre
wenn?< zu spielen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Was wäre, wenn Romeo Julias
Brief erhalten hätte? Shakespeare ist voll von ihnen. Hardy auch. Der ganze
Plot steht und fällt damit, daß jemand die Post nicht bekommt. Man kann das auf
die meisten großen Plots in der Literatur ausdehnen. Wir haben uns ganz schön
viel Zeit damit vertrieben.«
»So wie, was wäre passiert, wenn Jocaste
Kopfschmerzen gehabt hätte?« sagte ich.
»Genau. Die größte Tragödie verpufft und Freud
mit ihr.«
»Und?« Ich genoß ihre Heiterkeit und die Plots,
die in meinem Geist rapide schnell zur Farce zusammenschrumpften.
»Also, ich glaube, sie hat dieses Spiel mit
ihrem untalentierten Ehemann gespielt,
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