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Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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dies sei
mehr als eine Affäre. Er tat selbstverständlich nichts, um mir meine
romantischen Ideen aus dem Kopf zu schlagen. Als Martin mir vor kurzem
erzählte, daß Jerry mit einer Kundin der Bank angebändelt hat, nachdem ich
gegangen war (wenigstens läßt er dieses Mal das Büro aus dem Spiel), sagte ich:
»Sie muß verrückt sein!« Martin schaute mich nur schweigend an. Was ein großer
Umweg dahin ist, zu sagen, daß ich, seit Jerry und ich uns vor ein paar Jahren
trennten, keine sehr hohe Meinung von Männern hege und ich niemandem, besonders
mir selbst nicht, genug vertraut habe, um mich auf etwas einzulassen.
    Teilweise deswegen, vermute ich, zitterte ich
buchstäblich, als Greg vom Tresen zurückkam, mit zwei Gläsern, einer neuen
Flasche Wein und einem Geschirrtuch.
     
    Als er mich fragte, wo ich gerne zu Abend essen
würde, hörte ich mich sagen: »Warum gehen wir nicht zu mir und lassen uns eine
Pizza kommen?«
    Er lächelte und reichte mir meine Jacke, und als
wir den Parkway hinaufgingen, legte er seinen Arm um mich, als wäre das die
natürlichste Sache der Welt, und ich fühlte mich zum ersten Mal seit Jahren so,
als sei ich Teil eines Paares.
    Ich denke, der Pizzabote muß recht überrascht
gewesen sein, weil ich nur Gregs T-Shirt anhatte, als ich die Tür öffnete, denn
das war das erste, was ich gefunden hatte, als es klingelte.
    Greg und ich hatten uns unterhalten, während wir
die Regent’s Park Road entlanggingen, waren aber in einer Art nervöser
Vorfreude verstummt, als wir die Treppe zu meiner Wohnung hinaufstiegen, und
sobald ich die Pizzeria angerufen hatte, waren wir gierig übereinander
hergefallen. Wir waren zusammen gut im Bett und auf dem Küchenfußboden auch.
Als wir dann zum Luftschnappen aufstanden, war die Pizza kalt, aber sie
schmeckte immer noch köstlich. Ich hätte kalte Spiegeleier essen können und
mich genauso dabei gefühlt. Ich war wirklich glücklich.
    »Darf ich heute Nacht hierbleiben?«
    Alles an diesem Mann war wundervoll. Ich dachte
an die Tirade gegen »Neue Männer«, an der ich für meine Kabarettnummer
arbeitete und fühlte mich ziemlich gedämpft. Hier war ein Mann mit aufrichtiger
Höflichkeit und mit Respekt für andere Leute. Das war etwas Wertvolles, und ich
sollte keine Witze darüber machen.
    »Natürlich. Möchtest du baden?«
    »Sehr gerne.«
    »Die einzige Sache ist, ich muß dich warnen,
mein Badezimmerdekor ist scheußlich, und ich habe es nicht ausgesucht...«
    Er lachte. »Für solche Sachen interessiere ich
mich wirklich nicht.«
    Trotzdem zündete ich eine Kerze an, damit die
avokadofarbene Badezimmereinrichtung nicht allzu abschreckend wirkte. Wir lagen
lange Zeit in dem warmen, duftenden Wasser. Ich habe immer gefunden, daß zusammen
baden fast noch intimer ist als Sex. Das einzige, was ich körperlich an Jerry
auszusetzen hatte, war seine Obsession fürs Duschen und seine Nörgeleien über
den unzulänglichen Wasserdruck in London im Vergleich zu den Staaten. Immer
wenn ich versuchte, ihn in meine Badewanne zu locken, verzog er das Gesicht und
sagte: »Warum sollte irgendjemand in dreckigem Wasser herumhängen wollen?«
    Greg gehört zu den Leuten, die immer gleich
entspannt scheinen, ob sie nun reden oder schweigen. Wenn es Pausen in der Unterhaltung
gab, verspürte ich nicht das Bedürfnis, die Lücken mit Geplauder oder trockenen
Witzen zu füllen, wie ich es normalerweise tue. Er erzählte ein wenig von
seiner Familie. Er ist der jüngste von acht Geschwistern. Er sagte, daß, als
sie klein waren, sämtliche Kinder, von denen keines mehr als zwei Jahre im
Alter voneinander entfernt war, quer in zwei Doppelbetten schliefen. Ihr Bad
war in der Küche, mit einem Vorhang drumherum, so daß jedes Bad mit einer Tür,
die man schließen konnte, für ihn Luxus war. Er stand seinen fünf Schwestern
immer noch nahe, die ihn wahnsinnig verwöhnt hatten, als er ein Kind war, aber
hatte keinen richtigen Kontakt mit seinen beiden Brüdern, den Ältesten in der
Familie, die dachten, daß er es zu einfach gehabt hatte und dadurch ein
>Weichling< geworden war. Er machte sie nach, wie sie sagten »Unser Greg
ist jetzt Schauspieler«, das Gesicht in liebevoller Mißbilligung verzogen.
    Meine Jugend als Einzelkind war im Vergleich
dazu so verhätschelt und idyllisch gewesen, daß es sich fast unwirklich
anhörte, wie das Leben der Familie aus der Werbung, nach dem ich mich als Kind
gesehnt hatte. Vermutlich malte er sich aus, wie meine Mutter und ich mit

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