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Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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danke, nein.
Meine Schwester kocht heute abend für mich.«
    »Dorothy? Aber ich dachte...«
    »Ja gut, wir sind über die Jahre hinweg nicht
die besten Freundinnen gewesen, aber es kommt dann die Zeit, oder?«
    Ich nickte und wußte nicht so genau, wovon sie
eigentlich sprach, wollte sie aber nicht unterbrechen.
    »Ich frage mich, ob sie gealtert ist. Sie war
immer furchtbar hübsch, aber oft hält das nicht an, nicht wahr?« Sie goß sich
noch ein Glas ein, wobei sie beträchtlich mehr Whisky als heißes Wasser und
Zitronensaft nahm und winkte mir mit der Flasche zu. Ich schaute auf die Uhr.
Fast halb acht, und ich war um acht mit Greg verabredet. Ich hatte keine
Ahnung, daß es so spät war. Ich erklärte, daß ich eine Verabredung hatte, und
trank mein Glas sehr schnell aus.
    Agatha kam mit mir zur Tür, und zu meiner großen
Überraschung küßte sie mich mit einiger Zuneigung auf beide Wangen.
    »Ganz vielen Dank, daß Sie gekommen sind,
Schatz. Das hat echt gutgetan.«
    Ich sagte ihr, sie solle sich schnell erholen,
weil ich die Atmosphäre im Büro nicht mehr lange ertragen könne, ohne daß sie
da war, um sie zu lindern.
    Sie lachte und sagte, sie würde in null Komma
nichts zurück sein.

  Ich hätte kein Taxi zurück aus Hampstead nehmen brauchen. Ich
hätte genug Zeit gehabt, nach Hause zu gehen, ein langes Bad zu nehmen und mich
umzuziehen, weil Greg fast eine Stunde zu spät kam. Ich kochte schon vor mich
hin, als er ankam, weil ich danach gelechzt hatte, mehr über Agathas und
Dorothys Fehde zu hören, aber sein Lächeln war so entwaffnend, daß ich nicht
länger als ein paar Sekunden wütend sein konnte. Was ich besonders mochte, war
die Art, wie er sich über den Tisch lehnte, mit seiner Lederjacke die halbvolle
Flasche Pinot Grigio und mein Glas umstieß und mich, davon völlig ungerührt,
überschwenglich auf den Mund küßte.
    Ich habe so einige Beziehungen in meinem Leben
gehabt. Tatsächlich war ich in Cambridge ein ziemlicher Feger. Jemand nannte mich
auf einer Party mal eine promiske blondgefärbte Schlampe, und ich war total
beleidigt und protestierte, daß meine Haarfarbe natürlich sei.
    Meine ernsthafteste Beziehung seit der
Universität war auch mein größter Fehler. Er war mein Chef nach meinem Ausbildungsjahr
an der Bank. Und er war verheiratet. Ich wußte nicht, daß er verheiratet war,
als es losging, was aber eigentlich keine große Entschuldigung ist, weil es
noch mindestens ein Jahr weiterging, nachdem ich es herausgefunden hatte. Jerry
ist Amerikaner, wie die meisten Bankangestellten (so schaffte er es überhaupt,
seine Frau und, ja, zwei Kinder vor mir zu verbergen). Sie lebt in Connecticut
und er in New York, London und Connecticut. Er wurde nach London geschickt,
weil er ein knallharter Manager ist, dem man zutraute, den neuen britischen
Uniabsolventen die Flausen auszutreiben, von denen man im Hauptquartier in New
York dachte — wahrscheinlich in den meisten Fällen berechtigterweise — , daß
sie arrogant und faul seien. Nur vier von den zehn Leuten, mit denen zusammen
ich anfing, überstanden das erste Jahr. Jerry konnte mir mit seinen normalen
Techniken nicht beikommen, weil ich sehr hart arbeitete und ihn zum Lachen
brachte. Ich entging seiner allzeit bereiten Kritik, weil er dachte, ich sei
eine besonders verdrehte englische Lady. Aus irgendeinem Grund, über den ich
nicht zu genau nachdenken mag, fühlte ich mich von Anfang an zu Jerry
hingezogen, obwohl ich, wie alle andern, beteuerte, ihn zu hassen. Sein gutes
Aussehen und die Aura der Macht, die ihn umgab, waren fast klischeehaft. Es
war, als sei er vom Set von LA Law weg in die Bank geschlendert. Er war,
um eines seiner Lieblingswörter zu benutzen, ein Gewinner.
    Das einzige, was Menschen einander gleichmacht,
ist, daß wir immer denken, wir seien verschieden. Wenn eine meiner Freundinnen
mir erzählt hätte, daß sie eine Affäre mit ihrem verheirateten Chef hat, hätte
ich ihr gesagt, daß solche Sachen niemals hinhauen. Steig da sofort aus! hätte
ich gesagt, und tatsächlich sagten das alle, die davon wußten, und besonders
jene, die ihn kennengelernt hatten. Aber wie jene vielen anderen glücklosen
Geliebten glaubte ich, dies sei etwas Besonderes. Ich vermute, daß das Leben
sehr langweilig sein würde, wenn wir alle täten, was in unserem besten Interesse
steht. Emma Bovary wäre nicht ganz dieselbe Person gewesen, wenn sie einfach
vernünftig gewesen wäre. Heute entsetzt es mich, daß ich mir sagte,

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