Mordstheater
umzuschauen.
»In Ordnung, ich bleibe«, sagte ich mit einem
schwachen Lächeln.
»Ich danke Ihnen.« Er machte eine Pause. »Sie
war sehr angetan von Ihnen, wissen Sie, sie sagte, Sie würden den Laden hier
aufheitern. Das war eine ganze Menge für sie. Normalerweise verachtete sie ihre
Mitarbeiter... Sie dachte, sie würde eine Drehbuchautorin aus Ihnen machen.«
»Dachte sie? Aber sie wußte überhaupt nichts
über mich.«
»Nun ja, Sie wissen, wie sie war.«
»Ja«, antwortete ich, obwohl ich mir langsam gar
nicht mehr so sicher war.
Im Evening
Standard erschien ein
Nachruf von Stuart Regan, einem der Klienten, der seit den Sechzigern von ihr
betreut worden war. Er beschrieb ihr erstes Treffen in einem Pub nach einer
Lesung seines Stückes Die Bombe. Sie war jünger gewesen als er und hatte
gerade eben als Agentin angefangen, aber sie hatte sich aufgeführt, als gehörte
ihr das West End und der Broadway noch dazu. Er schrieb von der Tiefe ihres
Wissens und ihrem guten Geschmack, aber vor allem von ihrer Fähigkeit, in
anderen Selbstvertrauen zu erwecken, was, wie er sagte, ihre einzigartige
Begabung war. Sie sei eine der wenigen Agenten gewesen, die dem Theater auch im
Erfolg treu blieben, und daß das Theater durch ihre Abwesenheit ein Stück ärmer
sein würde. Ich fand es ein ziemlich fades Stück für einen so angesehenen
Autor, vermutete aber, daß es eine schwierige Pflicht war, einen Nachruf zu
schreiben. Die letzten paar Zeilen gaben an, daß ein Gedenkgottesdienst
arrangiert wurde und zu einem späteren Zeitpunkt angekündigt werden würde.
Der Bus steuerte meine Haltestelle an, also
faltete ich die Zeitung zusammen und kämpfte mich nach vorne durch. Im
allgemeinen versuche ich, öffentliche Verkehrsmittel in London zu vermeiden.
Für mich ist die U-Bahn viel zu tief unter der Erde, als daß ich mich jemals
sicher fühlen könnte, und die Busse scheinen täglich kleiner zu werden. Es gibt
nichts Schlimmeres, als zwischen unbekannten Körpern eingequetscht zu sein,
nachdem man gerade aufgewacht ist, oder am Ende eines langen Tages, besonders,
wenn man ungefähr die Größe hat, die auf Höhe der Achselhöhlen der meisten
Männer liegt. Ich habe mich teilweise deshalb dafür entschieden, in Primrose
Hill zu wohnen, weil es möglich ist, in die meisten Teile von Central London zu
laufen; obwohl, um aufrichtig zu sein, würde ich denken, daß ich in
Wirklichkeit weniger als fünf Mal gelaufen bin, weil anscheinend immer ein
schwarzes Taxi vorbeifährt, das sein oranges Licht anhat, ob ich eines brauche
oder nicht. Heute jedoch hatte ich absichtlich auf den Camden Hoppa gewartet
(noch ein Grund, warum ich normalerweise den Bus vermeide: Ich bin genauso
schnell dabei zu sagen: »Muß mich beeilen, den Hoppa zu kriegen«, wie ein
halbes Dutzend Chicken McNuggets mit BBQ-Dip zu bestellen), weil ich meine
Fahrt so lange wie möglich ausdehnen wollte.
Ich sollte zum Abendessen zu Stephanie kommen.
Sie hatte mich im Supermarkt eingeladen, und ich hatte im Aufruhr der letzten zwei
Tage vergessen abzusagen, wie eigentlich vorgehabt. Ich hätte es vollkommen
vergessen, wenn Stephanie nicht das Büro angerufen hätte, während ich mich in
Agathas Zimmer mit Anthony unterhielt, um nachzufragen, ob ich Milchprodukte
vertrage.
Am Ende war ich ganz froh über die Ablenkung.
Sie hatte einen neuen Job und machte die PR für eine Firma, die auf
ganzheitliche Ferien spezialisiert war. Sie hatte in der Werbeagentur, wo sie
seit Cambridge gewesen war, an diversen Werbekampagnen für Pauschalreisen gearbeitet.
Für mich war das eine ziemlich sonderbare Diskrepanz zwischen ihrer äußerst
kommerziellen Arbeit und ihrem privaten Zurück-zur-Natur-Leben gewesen, und ich
dachte, daß sie für diese Sache jetzt besser geeignet war. Sie stimmte mir zu,
daß ihr Ym und Yang ausgeglichener sein würden, und wir ließen uns zu unserem
Blumenkohl mit Käse nieder.
Als ich ihr bei einer Tasse Ginsengtee erzählte,
was in meinem Leben passiert war, seit wir uns das letzte Mal getroffen hatten,
stellte Stephanie sich als erstaunlich hilfreich heraus. Einer ihrer Cousins
hatte Selbstmord begangen, und sie hatte viel in der Therapie darüber geredet.
Sie wußte alles über die Schuldgefühle und die merkwürdig betäubten
Empfindungen nach einem Tod. Sie bestand darauf, daß ich gut zu mir sein müsse,
und gab mir ein paar Atemübungen, die ich machen sollte, wenn ich mich schuldig
fühlte. Sie müssen gewirkt haben, weil ich auf
Weitere Kostenlose Bücher