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Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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giftige Bemerkung
fallengelassen hat.
    Szene zwei spielte in einem Schlafzimmer, wo die
beiden Frauen einen riesigen Kleiderschrank durchsehen und jede Garnitur
anprobieren, als seien sie Kinder, die sich verkleiden. Jemima hat eine
besondere Vorliebe für Schuhe. Die Sprache, die sie benutzt, um jedes Paar zu
beschreiben, ist lyrisch, wie in Liebesgedichten. Die Regieanweisung seitlich
am Text heißt: »Es ist offensichtlich, daß keiner der Schuhe ihr paßt.« War das
ein Bezug zu Aschenputtel, fragte ich mich und blätterte die nächste Seite um.
     
    Ich weiß nicht, wie lange Anthony mich
beobachtet hatte. Seine Anwesenheit wurde mir erst unmittelbar, bevor er
sprach, bewußt. Abrupt setzte ich mich auf (ich hatte es mir auf dem
Leopardenfellsofa bequem gemacht) und schob das Buch unter ein Kissen. Ich
fühlte mich, als sei ich beim Lesen im Bett erwischt worden, nachdem das Licht
ausgemacht worden ist.
    »Vielen Dank, daß Sie zur Arbeit gekommen sind«,
sagte er. Ich konnte keinerlei Spur von Sarkasmus in seiner Stimme ausmachen.
    Ich wandte mich zur Tür. Ich bin nicht sicher,
warum, aber Engländer sehen gut aus in Trauerkleidung, und Anthony war da keine
Ausnahme. Der Anzug war gut geschnitten, und sein Hemd war flott und frisch
gewaschen. Schwarz ließ ihn auch schlanker wirken. Es machte einen solchen
Unterschied, daß ich ihm fast ein Kompliment gemacht hätte, bemerkte aber
gerade rechtzeitig, daß es unangebracht sein würde.
    »Es muß ein furchtbarer Schock für Sie gewesen
sein«, sagte er. »Ich habe sie so lange gekannt, daß mich nichts, was sie tat,
noch schockieren konnte...« Er lächelte schwach und kam auf mich zu. Ich stand
verwirrt auf und hoffte, er war nicht drauf und dran, mich zu umarmen, wie
Janet es getan hatte, als ich ankam. Aber er lief an mir vorbei und setzte sich
in Agathas Stuhl hinter dem Schreibtisch. Es fühlte sich sehr unbehaglich an,
ihn dort zu sehen.
    »Sehen Sie, meine Liebe«, sagte er langsam, »ich
weiß, wir hatten unsere Differenzen, aber ich hoffe, Sie werden weiterhin
bleiben, jetzt, wo sie weg ist. Wir könnten etwas Hilfe gebrauchen. Ich schlage
vor, wir versuchen alle Klienten zu behalten. Es mag sein, daß wir für ein paar
von ihnen schon zu spät dran sind. Schlechte Nachrichten verbreiten sich
schnell in dieser Welt. Ich rechne damit, daß unsere Konkurrenz bereits mit den
Stars telefoniert hat.«
    Er hatte angefangen ganz animiert zu reden, als
bereite ihm die Aussicht auf ein Tauziehen mit seinen Rivalen Vergnügen. Für
mich lag eine ungehörige Hast in seinem Vorgehen. Wie ein Witwer, der seine
Heiratspläne bekanntgibt, bevor seine Frau beerdigt worden ist. Und ich haßte
das Wort »Stars«. Er hörte sich wie ein Animateur in einem Urlaubsclub an.
    Er schien meine Abscheu zu spüren und fuhr
feierlich fort: »Sie war eine beeindruckende Agentin... und ein beeindruckender
Mensch. Wir alle werden sie schrecklich vermissen.«
    Seine Stimme brach im letzten Satz, und ich
erkannte, daß ihm das Gespräch schwerfiel. Unter all dem Gerede über das
Geschäftliche war er zutiefst bestürzt, aber, wie die meisten Männer, wollte er
seine Emotionen nicht zeigen.
    Ich glaubte keinen Moment daran, daß Anthony
irgendeine Chance hatte, die renommierten Klienten, die ihn immer als zweite
Wahl betrachten würden, zu halten, oder die Gruppe junger Schauspieler und
Regisseure, mit deren Hege und Ermutigung Agatha so viel von ihrer Zeit
verbracht hatte. Es gab jede Menge zweitrangige Agenten seines Kalibers in
London und nur sehr wenige Persönlichkeiten wie Agatha. Er hatte zweifellos den
Dreh heraus, Geschäfte abzuschließen und Tantiemen aus so vielen Quellen wie
möglich einzufordern, aber seine Klientenliste war mehr Gameshow als Royal
Shakespeare Company, und ich konnte mir nicht vorstellen, daß ihm irgendeiner
von meinen Standesgenossen seine Arbeit anvertrauen würde. Vielleicht bat er
mich deshalb zu bleiben. Es kam mir in den Kopf, daß, wenn ich das Spiel
richtig spielte, eine Möglichkeit für mich bestehen könnte, Agentin zu werden,
aber ich konnte die Vorstellung von Brown und Brown ohne Agatha nicht ertragen,
und ich hatte nicht genug Erfahrung. Ich hatte noch keine Gelegenheit gehabt,
darüber nachzudenken, was aus mir werden sollte. Ich hatte angenommen, daß ich
bis zum Ende meines Vertrags im Dezember dableiben würde. Ich wollte eigentlich
nicht bleiben, aber ich fühlte mich auch nicht stark genug, mich nach einem
anderen Job

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