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Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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auseinandersetzen mußte, bevor ich
wirklich mit meinem Leben weiterkommen konnte. Vielleicht konnte ich keine
richtige Beziehung mit einem Mann haben, bis ich die Frage der Beziehung zu ihm
gelöst hatte. Schließlich hatte er mich verlassen, und das mußte mich emotional
zutiefst in Mitleidenschaft gezogen haben.
    Ich glaubte nicht, daß mir jemals die
körperliche Abwesenheit soviel ausgemacht hatte, aber ich erinnerte mich an das
schreckliche, leere, bittere Gefühl, das ich gehabt hatte, als mir klar wurde,
vermutlich als ich ungefähr zehn war, daß er mir nicht mehr schreiben würde.
Ich habe sehr wenige Erinnerungen an das Jahr, nachdem er aufgehört hatte, mir
zu schreiben, außer, daß ich jeden Morgen nach unten rannte und nach der Post
sah. Meine Mutter muß früher als ich erkannt haben, daß die Korrespondenz
aufgehört hatte, weil sie immer versuchte, aus dem Frühstück etwas Besonderes
zu machen, mich mit Spielen ablenkte und mich mit Essen verwöhnte. In der
Schule wurde ich beneidet, weil ich mir jeden Tag meine individuelle Schachtel
aus einer Kellogg’s-Sammelpackung mit verschiedenen Sorten aussuchen durfte,
während meine Klassenkameraden Cornflakes aus der Großpackung aßen. Ich bekam
immer meine eigene Postkarte von allen Freunden von Mutter, die gerade in
Urlaub waren. Aber es war nicht das gleiche wie diese kurzen kleinen, auf die
Rückseite von Zeichnungen oder Aquarellen gekritzelten Notizen, die mein Vater
immer geschickt hatte. Ein Jahr nach dem Datum der letzten verbrannte ich sie
alle.
    Ich saß auf meinem Sofa und fühlte mich betäubt.
Ich versuchte, an positive Dinge zu denken. Als ich bei der Bank war, fühlte
ich mich im Konkurrenzkampf gefangen. In dieser Zeit war ich mir sicher, daß
alles andere besser wäre. Nun, jetzt war ich wenigstens frei. Extrem frei. Um
einiges freier, als es mir ehrlich gesagt gefiel. Wenn ich vernünftig wäre,
sollte ich die Gelegenheit nutzen, die meine Freiheit bot, und eine Zeitlang im
Ausland leben, dachte ich. Ich könnte versuchen, den umherschweifenden Marcus
Fitt zu treffen und mit ihm reden, und vielleicht würde das helfen. Vielleicht
war es jetzt, wo ich erwachsen war, auch meine Verantwortung. Es hatte keinen
Sinn, sich damit aufzuhalten, wie schlecht ich behandelt worden war. Vielleicht
sollte ich hinfahren und ihm gegenübertreten. Auf seiner Türschwelle auftauchen
und ihm sagen, was er für ein Scheißkerl gewesen war. Ich dachte über diese
gräßlichen Sendungen im Fernsehen nach, in denen Verwandte, die sich lange aus
den Augen verloren haben, wieder zusammengeführt werden. Unser Treffen würde
nicht ganz und gar aus Tränen, Umarmungen und Gefühlen bestehen. Ich stellte
mir vor, wie er die Tür öffnete und ich ihm einen Eimer Wasser übergoß, und ich
konnte nicht aufhören zu kichern.
    Und da ich schon einmal daran dachte, den
Männern gründlich meine Meinung zu sagen, hob ich den Hörer ab.
    Peinlicherweise klang Greg, als sei er erfreut,
von mir zu hören, obwohl ich ihn aufgeweckt hatte. Es war nach zwei Uhr
nachmittags, aber er arbeitete abends, erklärte er.
    »Sophie! Ich bin so froh, daß du anrufst! Ich
wollte so gern mit dir sprechen, aber ich habe mich nicht getraut anzurufen.«
    »Warum?« Ich klang so frostig, wie ich konnte.
    »Na ja, ich wollte hören, wie es dir geht. Ich
habe mich schrecklich gefühlt wegen der armen alten Agatha. Und ich wußte, dir
ging es genauso. Ich weiß, daß du sie gemocht hast..., wir haben sie beide
gemocht.«
    Ja, aber nicht ganz auf die gleiche Weise,
dachte ich.
    »Außerdem, weißt du«, fuhr er versuchsweise
fort, »habe ich viel über dich nachgedacht. Ich habe sozusagen gehofft, daß du
deine Regeln gelockert haben könntest.«
    Seine andere Geliebte war kaum unter der Erde,
und dennoch flirtete er mit mir, als sei nichts geschehen.
    »Gut«, sagte ich, »es gibt ein paar Sachen, über
die ich nicht ungern mit dir reden —«
    »Großartig!« unterbrach er. »Wann können wir uns
treffen?«
    »Heute abend?«
    »Oh. Heute abend ist ein bißchen schwierig. Wir
haben einen Nachtdreh in Kilburn. Aber morgen —«
    »Ich fahre morgen weg«, log ich. Ich wollte
diese Sache nicht noch länger hinziehen.
    »Gut, paß auf, warum kommst du nicht nach
Kilburn? Es ist nicht so weit von dir, oder? Man hängt höllisch lang herum
zwischen den Einstellungen. Wir könnten was zusammen trinken.«
    »Fein.« Er gab mir die Adresse von dem Pub, in
dem sie filmten, und sagte, er würde sich

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