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Mordsucht

Mordsucht

Titel: Mordsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moe Teratos
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Schuhe an, schnappte mir Schlüssel, Jacke, Handy und Ausweis vom Sideboard im Flur und eilte meinem Nachbarn zu Hilfe.
    »Nimmst du sie jetzt fest?«, fragte er.
    »Erst mal ja, aber ich kann dir nicht versprechen, dass du mit einer Anzeige durchkommst.«
    »Ich weiß«, brummte Leon und rieb sich die nackten Arme. »Ich hab ' s schon zweimal versucht, leider gab mir kein Richter recht.«
    »Wie gefährlich ist sie?«, wollte ich wissen. Nicht auszudenken, wenn seine Ex-Freundin mich unvorbereitet angriff.
    »Sie ist irre, Tomas. Nehm dich vor ihr in Acht.« Er klopfte mir auf die Schulter, während ich nickend an ihm vorbei in die Wohnung ging.
    Der Fernseher lief und als ich ins Wohnzimmer hineinging, sah ich, wie sie mit überkreuzten Beinen auf der Ledercouch saß und sich amüsierte.
    »Patt und Patterchon!«, schrie sie und lachte, als sie uns bemerkte. »Ihr seid so erbärmlich!«
    Was stimmte im Kopf dieser Frau nicht? Meiner Einschätzung nach war ihr mehr als nur eine Sicherung durchgebrannt.
    »Wie heißen Sie?« Ich versuchte, meine Stimme so ruhig wie möglich klingen zu lassen, obwohl Wut in meinem Bauch loderte. Ich hatte Besseres zu tun, als eine Verrückte von der Couch meines Nachbarn zu pflücken, sie festzunehmen und zum Revier zu fahren.
    »Das geht dich einen Scheiß an, Darling.« Sie schnalzte mit der Zunge und bediente sich aus einer Schüssel, gefüllt mit Gummibärchen, die auf dem Tisch stand. Schmatzend ließ sie sich das Weingummi schmecken und beachtete uns nicht mehr. Sie sah wie hypnotisiert auf den Bildschirm und schaufelte sich eine Handvoll nach der anderen in den Mund.
    »Sie heißt Carmen Steiger«, gab Leon mir die Information, die ich wollte. Ich holte meinen Notizblock aus der Jackentasche und schrieb den Namen auf.
    »Wann ist sie geboren?«
    Er stockte kurz. Männer und der Geburtstag einer Frau … »Ich glaub am 17.10.1987.«
    »Okay.« Auch das notierte ich mir. Ich ging zum Fernseher und versperrte ihr die Sicht. »Stehen Sie auf, Frau Steiger, das Schauspiel ist jetzt vorbei, ich nehme Sie fest und bringe Sie aufs Polizeipräsidium.«
    Sie lachte auf und aus ihrem Mund flogen zerkaute Weingummistückchen. »Was bist du für  ' n Clown? Mach dich weg!«
    »Tomas Ratz, Kriminalhauptkommissar. Machen Sie es uns nicht unnötig schwer.« Ich ging einen Schritt auf sie zu. »Leon will Sie nicht in der Wohnung haben und Sie haben ihn tätlich angegriffen, kommen Sie bitte mit mir.« Ich streckte ihr eine Hand entgegen.
    Ihr Blick verweilte einen Moment auf meiner Hand, dann spuckte sie klebrige Stückchen Weingummi darauf. Wortlos und mit einer gehörigen Portion Ekel wischte ich mir die Sauerei an meinem Hosenbein ab und verließ das Wohnzimmer.
    »Was ist jetzt?«, fragte Leon mit einem Anflug von Panik in der Stimme.
    »Ich ruf Verstärkung«, beruhigte ich ihn. »Bin sofort wieder da.«
    Ich ging in den Hausflur, holte mein Handy hervor, wählte den Notruf und gab dem Kollegen am anderen Ende der Leitung meinen Namen und die Dienstnummer durch. Er versicherte mir, dass ein Streifenwagen in spätestens einer Viertelstunde vor Ort sei. Ich legte auf, steckte das Telefon zurück in die Tasche und rieb mir die Schläfen. Wo war ich wieder reingeraten? Ein Streit zwischen zwei ehemals Verliebten gehörte nicht zu den Dingen, mit denen ich mich nachts um halb vier herumschlagen wollte. Aber wenn die Pflicht rief, zählte nicht, was ich wollte, sondern es galt, für Ordnung zu sorgen.
    »Und?«, fragte Leon, als ich zu ihm zurückkehrte. Er stand im Türrahmen zum Wohnzimmer und bewachte seine Ex-Freundin.
    »Verstärkung ist unterwegs«, sagte ich. »Wir sollten sie in Ruhe lassen, bis die Streifenpolizisten hier sind.«
    Er nickte. »Willst du was trinken?«
    »Machst du mir einen Kaffee?« Mein Körper schrie nach dem bisschen Schlaf nach Koffein. »Einen starken, wenn ' s geht …«
    »Kein Problem.«
    Ich sah ihm nach, als er mit hängenden Schultern durch den Flur stapfte. Armer Junge. Wie alt mochte er sein? Ich schätzte ihn in etwa demselben Alter wie seine verrückte Stalkerin. Ich erinnerte mich an die Zeit, als ich Mitte zwanzig und voller Tatendrang war. In den ersten Jahren bei der Polizei ging ich auf Streife, war bei Verkehrsunfällen vor Ort und schlichtete kleine Streitigkeiten zwischen Nachbarn. Jedoch wurde mir rasch klar, dass ich zur Kriminalpolizei wollte. Nicht, dass mir die Arbeit auf der Straße nicht gefiel, nein, als junger Mann fühlte ich mich nur

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