Mordsucht
Ding aus seinem Mund.
Er schloss die Lippen, schluckte Unmengen Blut und befühlte mit der Zunge die tiefen Krater, in denen einst seine Zähne Halt gefunden hatten. Alle weg, verschwunden, entrissen von einem Fernsehtechniker mit Vorliebe für das Grausame.
»Wie geht es dir?« Der Mann öffnete mit blutverschmierten Händen Franks Lider und blickte ihn direkt an.
Ich kann nichts erkennen. Keinen Wahnsinn, keinen Hass in seinen Augen, nur der Wunsch nach etwas. Wer ist er? Was treibt ihn an?
Frank begann, sich zu winden. Er bewegte langsam die Hüfte hin und her, riss kraftlos an seinen Fesseln. Er wollte fliehen, dem Mann entkommen, der jetzt die Freundlichkeit in Person war. Er verlor sich in unwichtigen Gedanken und schaltete ab. Eine Ohrfeige holte ihn zurück in die schmerzhafte Wirklichkeit.
»Was hast … hast du mit … M-Marie gemacht?«, brachte er mühsam hervor. Blut spritzte beim Sprechen aus seinem Mund und lief ihm übers Kinn.
»Ihr geht es gut«, beruhigte der Mann ihn. Seine Stimme klang nicht mehr so piepsig wie vorhin.
War es Aufregung gewesen? Ist der Fernsehtyp jetzt die Ruhe selbst, weil er alles unter Kontrolle hat?
»Gleich hast du es geschafft!«, versicherte der Fremde.
Frank roch nahezu die Freiheit, sah sich mit Marie ins Krankenhaus rasen und die Polizei anrufen.
Sie werden dir den Arsch aufreißen!
Der kurze Anflug von Mut erlosch in dem Moment, als Frank einen langen, spitzen Gegenstand über seinem linken Auge schweben sah.
»W-w-was …?« Weitere Worte erstickten in seinem Blut. Er wusste, dass seine Zukunft soeben zu einem Knäuel Nichts zusammenschrumpfte.
Die Spitze fuhr herab. Sein Lid schloss sich nicht rechtzeitig. Frank spürte jeden einzelnen Millimeter, der sich in seinen Augapfel grub. Er warf alles über Bord, pfiff darauf, ob er gleich eine Kugel im Kopf hatte oder nicht. Er schrie, bis er sich an seinem Blut verschluckte und hustete, während der Gegenstand in ihm steckte und der Mann daran zog. Fast glaubte er zu ersticken und sehnte den Tod herbei, als der Schmerz seinen Höhepunkt erreichte und mit einem leisen Schmatzen sein Auge aus der Höhle gerissen wurde. Die Spitze drang umgehend in sein verbliebendes Auge ein und er verlor auch dieses.
Nichts war mehr wichtig, Marie, das Baby, ihre gemeinsame Zukunft, alles Schall und Rauch in einer Welt aus Blut und Schmerz.
Kapitel 23
Ich konnte mich nicht vom Bildschirm losreißen. Die Fotos versetzten mich mitten in das Hotelzimmer, in dem ein Mann und eine Frau grausam hingerichtet worden waren.
Im Bericht der Rechtsmedizin stand, dass dem Mann – Frank Zocher – zuerst die Zähne gezogen und dann die Augen entfernt wurden. Kranke Scheiße!
Die schwangere Frau – Marie Zocher – starb an einem durch ein Kissen gedämpften Schuss in den Hinterkopf.
Die ermittelnden Beamten schrieben, dass die Zimmernachbarn des Paares die Hotelleitung informiert hatten und diese die Polizei. Erst hatten sie einen Schrei gehört, bei dem sie sich noch nicht viel dachten, und danach einen dumpfen Knall. Den Täter hatte niemand gesehen, natürlich …
Das Tatmuster erinnerte mich stark an die anderen Fälle. Frau erschossen, Mann abgeschlachtet und verschiedene Körperteile entfernt. Ging der Doppelmord von gestern Abend etwa auf die Kappe meines Serienkillers? Aber warum hatte der Täter den Mann in seinem Blutrausch so lange mit dem Messer geschnitten, bis er verblutete, und ihm nichts abgetrennt?
Gott! Weshalb waren die Motive derart kompliziert?
Ich druckte die Fakten zum Fall in München aus und suchte Diana. Sie saß mit Jürgen in einem Besprechungsraum und gingen gemeinsam den Obduktionsbericht von Kira und Martin Geib durch.
»Hallo, Tomas«, begrüßte mich Jürgen. Diana nickte mir zu und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Bericht zu.
»Und? Was hat der Rechtsmediziner rausgefunden?«, fragte ich.
Jürgen legte die Blätter zur Seite und bot mir einen Stuhl an. Nachdem ich Platz genommen hatte, berichtete er mir von den Umständen, die zum Tod von Martin Geib geführt hatten.
»Der Rechtsmediziner zählte zweihundert Schnitte. Vielleicht ein paar mehr oder auch weniger, bei der Menge war es schwer für ihn, aber die genaue Anzahl ändert nichts an der Tatsache. Geib starb durch den Schock und den Blutverlust. Die Schnitte waren unterschiedlich tief, manche nur oberflächlich, andere gingen bis auf die Knochen.« Er seufzte. »Armes Schwein.«
»Das zeugt von großen Emotionen beim
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