Mordsucht
gewischt und nicht Bescheid gesagt. Bin weggerutscht und gegen ein Gerät geknallt.«
Trainierte sie in einem Fitnessstudio oder im Vorhof zur Hölle? War es nicht Sinn und Zweck, seinen Körper zu verschönern, anstatt ihn mit Hämatomen zu entstellen? Dass man sich beim Sport verletzen konnte, war selbst mir Bewegungsmuffel bekannt, aber direkt zweimal kurz hintereinander? An einem Gerät hatten sie sich von allein gestoßen und bei dem anderen war der Hausmeister schuld?
Ausrede oder Wahrheit?
Ich öffnete den Mund und wollte ihr klarmachen, dass ich ihren Geschichten nicht über den Weg traute, als die Tür aufgerissen wurde und Jürgen mit dem heiß ersehnten Kaffee zurückkam.
»Ich hab gleich neuen aufgesetzt, könnte ja noch was dauern«, witzelte er, stellte jedem von uns eine Tasse hin und setzte sich. »Was machen wir jetzt, Leute?« Er wirkte müde, rieb sich die Augen und gähnte. »Wir kommen kein Stück weiter. Der Täter scheint ein Geist zu sein und sein Motiv kennen wir nicht.«
»Wie wäre es mit einer kleinen Pause?« Diana stand auf und nahm ihre Tasche. »Vielleicht müssen wir die Köpfe freibekommen, ehe wir fündig werden.«
»Gute Idee!« Jürgen sprang auf, vergaß ganz den Kaffee und eilte zur Tür. »Was haltet ihr von einer Stunde? Gut? Bis später!«
Er schien etwas Wichtiges vorzuhaben. Schleunigst verließ er den Raum und rannte durch den Flur.
»Dann in einer Stunde wieder hier.« Sie ging zur Tür. »Bis später.«
Ich machte einen Schritt auf sie zu und hielt sie am Arm fest. »Was ist los? Du kannst mit mir reden!« Ich sah sie eindringlich an. »Woher hast du die blauen Flecken?«
Aus ihren Augen schienen Funken zu sprühen, als sie mich fixierte und sich von mir losriss.
»Du glaubst mir nicht? Du kannst ja deine Stunde nutzen, um in meinem Studio nachzufragen. Ist gleich um die Ecke, viel Spaß damit.«
Sie ließ mich einfach stehen.
Ich lief unruhig im Raum auf und ab. Was, wenn ihr toller Freund sie tatsächlich schlug? Oder sah ich wieder Dinge, die gar nicht da waren? War es nicht normal, dass man sich ab und an beim Sport verletzte? Zwei Blutergüsse bewiesen nichts. Und wäre Diana nicht in der Lage, einen gewalttätigen Mann in die Schranken zu weisen? Ich kannte keine Frau, die eine stärkere Persönlichkeit hatte als sie.
Mach dich also nicht verrückt, Ratz, und nutz deine Pause.
Das kleine rote Teufelchen setzte sich auf meine Schulter. »Und was ist, wenn du recht hast? Ich an deiner Stelle würde ihrer Aufforderung nachkommen, wenn sie es dir schon anbietet.«
Sollte ich ihr wirklich nachspionieren und zu dem Fitnessstudio fahren? Wie käme das rüber, wenn ein abgewrackter Kriminalhauptkommissar den Hausmeister fragte, ob seine Kollegin sich an den Geräten verletzt hatte?
»Seit wann interessiert es dich, was andere von dir denken? Sie muss doch nichts erfahren …« Damit verabschiedete sich das Teufelchen und flatterte davon.
Würde es eine Grenze überschreiten? Wie verrückt war ich, dass ich überhaupt darüber nachdachte?
Aber ich hatte einen begründeten Verdacht, da Diana sonst immer penibel auf ihren Körper achtete.
Zufall oder Schlägerfreund?
Eifersucht und Wut stiegen in mir auf. Ich liebte diese Frau und es stand mir zu, nachzuforschen, ob sie gut behandelt wurde. Ja! Oder? Vielleicht …
Ich spürte kaum, wie meine Beine mich zum Auto trugen und mich einsteigen ließen. Was war schon dabei, wenn ich kurz zum Studio fuhr und nachfragte? Nichts! Oder?
Spätestens als ich auf dem Parkplatz vor dem Fitnessstudio anhielt und den Wagen in eine Lücke stellte, gab es kein Zurück mehr.
Ich stieg aus und ging durch die große Glastür. Sofort schlugen mir warme Luft und der Geruch nach Schweiß entgegen. Ich sah Männer, die breiter waren als mein Kleiderschrank, und Frauen, deren austrainierte Pobacken sich im Takt der Musik auf dem Crosstrainer bewegten.
Wie ein Vollidiot stand ich im Eingang und starrte Menschen an, denen ihre Körper wichtiger waren als alles andere. Sie schwitzten, stöhnten und stemmten Gewichte, bis sich die Balken bogen. Ich kam mir dick und schlampig vor. Meine Beine fühlten sich an, als stünden sie schon halb im Grab, weil ich nicht den Willen hatte, so wie diese Leute etwas für meine Gesundheit zu tun.
»Kann ich dir helfen?«, riss mich von links jemand aus meinen Gedanken.
Ich drehte mich hastig um und kam mir noch hässlicher vor, als ich den vor mir stehenden jungen Mann sah, dessen Muskeln
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