Morenga
sogleich nach dem Kauf vermessen.
Erst als sie am Freitag aus Windhuk hinausritten, erfuhr Treptow das Reiseziel: die Gegend Walvisbaai. Während des Ritts wurde nicht geredet. Kleinschmidt spielte Schach. Er hatte sich extra dafür eine hölzerne Vorrichtung konstruiert, die auf den Sattelknopf geschnallt wurde und auf die er ein Steckschachspiel festklammern konnte. In dritten Varianten versunken, wurde er von seinem Pferd Lisa durch die Steppe getragen. Das Gabelhorn mußte nur einem ausgefahrenen Weg folgen, der sich von der Küste nach Windhuk gebildet hatte. Abends, am Feuer, erläuterte Kleinschmidt anhand von Sandzeichnungen die Unterschiede von Walliser und Allgäuer Zwiebeltürmen. Ja, es gab sogar Türme, seltene Exemplare, die gleich zwei Zwiebeln aus sich hervortrieben.
Nach sieben Tagen erreichten sie an einem Donnerstag die Werft der Topnaars. Kleinschmidt ließ sogleich den Ochsenwagen entladen. Alle sollten sehen, womit er das Land bezahlen wollte: Rumflaschen, Plattentabak, Zuckersäcke und Blechdosen mit geröstetem Kaffee. Zunächst hatte die Landgesellschaft ihm einige Zentner Glasperlen aus Gablonz geschickt. Billiger Tand, keinen Schuß Pulver wert, den er an Kinder verschenken mußte. Inzwischen kannte man hier sehr genau den Unterschied zwischen Rum und Rumverschnitt. Die Herren waren so weltfremd und stellten sich diese Leute als Halbwilde vor. Es dauerte einige Zeit, bis Kleinschmidt durchsetzen konnte, daß man ihm beste Qualität schickte und nicht auch noch am Tabak sparte.
Während Treptow das Abladen der Vermessungsinstrumente überwachte, entdeckte er auch die mysteriöse Kiste mit den portugiesischen Ölsardinen. Kleinschmidt ließ sie sich in sein Zelt schleppen.
Am nächsten Tag, einem naßkalten Freitag, gegen Abend, sollte die Verhandlung mit Klaas Hendriks beginnen, einem der standfestesten Säufer im ganzen Land.
Nachmittags begann Kleinschmidt mit seinen Vorbereitungen. Er aß ein halbes Weißbrot, riß Bröckchen für Bröckchen aus dem Laib, kaute lange und monoton, speichelte gut ein und schluckte den Brei langsam herunter. Neben Kleinschmidt sitzend, beschrieb Pater Defregger die landschaftlichen Reize des Gebiets, das dem Stamm gehörte, die gleichmütige Monotonie der Wüste, diese unerhörte wasserlose Ferne, sagte er, während Kleinschmidt sich wieder einen Ballen Weißbrot in den Mund stopfte, erst nördlich zum Swakop hin kommt Steppengras auf, dann Dornenbüsche, schließlich fast am Flußbett Bäume, Weiden, Farmland, hier finden sich auch Wasserstellen in der Trockenzeit, Kleinschmidt schluckte und ließ sich sechs Dosen Olsardinen servieren, während Defregger, mit einer kleinen Abschweifung nach Osten, schwärmerisch das Tal des Mondes beschrieb, ein riesiges ausgetrocknetes Urstromtal, dann wieder zum Tal des Stammes zurückkehrte, auf kleine Sehenswürdigkeiten aufmerksam machend, dort ein ungewöhnlich hoher Termitenhaufen, hier ein verholzter alter Hakendorn, dazwischen gutes Weideland, da gabelte Kleinschmidt schon aus den aufgerollten Dosen Fischleib um Fischleib, kaute mit fettigem Mund, schlang, wurde weiß um die Nase, als er die fünfte Dose leer gegessen hatte, dann grün und schließlich sogar blau, da war Defregger gerade bei einer Wasserstelle angekommen, Kleinschmidt rann der Schweiß über die Stirn, kleine Bäche, die inzwischen die Augenbrauen durchtränkt hatten, weiterliefen, Defregger war inzwischen an einer steilen Felsformation angekommen, Kleinschmidt nahm den Zwicker ab, eine Felsformation, aus der Quellen entsprangen, hier wären sogar bewässerte Felder denkbar, in herrlicher Umgebung, denn die Felsgruppe erinnere ihn, Defregger, in der untergehenden Abendsonne, rotglühend, an den Bozener Rosengarten, da schlürfte Kleinschmidt das trübe schillernde Öl mit den kleinen Fischresten aus den Dosen, würgte zwischendurch, ein-, zweimal, spuckte dann aber doch nicht, atmete vorsichtig durch, erhob sich, dabei bemüht, jedes Aufstoßen zu vermeiden, sagte dann: So, jetzt ginge er gut geölt in die Verhandlung, und ging dann, in den Knien eingeknickt, weich über die Fußballen abrollend und so jede Erschütterung vermeidend, in den Pontok von Klaas Hendriks. Drei Tage soffen die beiden. Kleinschmidt hatte ganze Flaschenbatterien in den Pontok tragen lassen. In der Nacht hörten die andächtig Lauschenden hin und wieder das Floff eines Rum- oder Branntweinkorkens und gelegentliches Rülpsen. An jedem Morgen erschien Kleinschmidt kurz
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